Winterwitch

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„Oh Gott!"
Wanda schlug ihre Hände voller Entsetzen vor den Mund und ließ sich auf ihre Knie neben ihren Partner in den Schnee fallen.
„Es tut mir so leid! Ich hätte es verhindern können."
Am Ende des Satzes war ihre Stimme nur noch ein leiser Hauch, voller Trauer und Schrecken.
Vorsichtig löste sie eine Hand und streckte sie leicht zitternd nach dem aus, was von seinem Metallarm übrig geblieben war.
Ab der unteren Hälfte des roten Sterns fehlte alles.
Nur ein scharfkantiger Stumpen war zurück geblieben.
Sein trostloser Anblick brach ihr beinahe das Herz und sie spürte, wie sich Tränen in ihren Augen sammelten, jedoch nicht nur Tränen der Trauer, sondern auch Tränen der Wut.
Sie richtete sich ruckartig auf und blickte sich suchend um.
Dafür würde der Mann aus Eisen büßen.
Wanda entdeckte ihn, als er sich aufrichtete und gegen einen Baum lehnte.
Seine rot gelbe Rüstung stach sich stark von der weiß grauen und schneebedeckten Umgebung ab.
Allein sein Anblick ließ sie rasen.
Nicht nur, dass ihr Geliebter jetzt nur noch einen Arm hatte, nein, Ironman hatte ihn geschlagen und ihm Schmerzen zugefügt, sein wunderbares Gesicht mit Blut befleckt.
Sie wusste, dass sie ihn töten würde. Aber zuerst musste sie ihm das gleiche antun, was er mit dem Winter Soldier gemacht hatte.
Mit großen Schritten näherte sie sich Ironman, schlang jedoch schon aus der Ferne ihre rote Magie um ihn, um ihn am Fortlaufen zu hindern.
Schließlich stand sie vor ihm.
Sie sah die Angst in seinen Augen.
Sein Helm war hochgeklappt und auch er hatte unter dem Kampf ordentlich gelitten – aber noch nicht genug. Schweigend durchbohrte sie ihn mit ihrem Blick und übermittelte ihm damit bereits, dass er gleich sterben würde.
Zu ihrer Freude leistete er in keinster Weise Wiederstand – er ergab sich ihr. Ein kaltes Lächeln umspielte Wandas Lippen, während sie ihre Finger zu bewegen begann.
Es war eine minimale Bewegung, sodass ihr Gegenüber sie gar nicht wahrgenommen hatte und nun erschrocken nach Luft schnappte, als sich seine Rüstung am Arm auf bog und sich dann daran machte, in sein Fleisch einzudringen.
Tief, sehr tief.
Sie ballte ihre Finger zur Faust und dann riss sie sie ruckartig auseinander. Die Teile der Rüstung schnitten durch den Knochen, sie spürte den leichten Widerstand in ihrem Körper.
Dann gab es ein dumpfes Geräusch. „Was hast du . . .?"
Ironman wurde von Schmerz überrannt, sie fühlte es.
Er sollte noch etwas leiden vor seinem Tod.
Als die Schmerzen zu schlimm wurden, schottete sie sich vor seinen Gedanken und Gefühlen ab.
Es gab nur eine Person, mit der sie den Schmerz teilte!
Und diese Person brauchte sie jetzt.
Sie beschloss, das Leben von Tony Stark hier und jetzt zu beenden.
Zwei kleine Bewegungen genügten, um die Rüstung um seinen Kopf so zu verformen, dass sie in seine Haut schnitten, dann zog sie ihre Hand nach hinten und drehte sie leicht.
Es knackte laut und unangenehm.
Sie rief ihren roten Nebel zurück und drehte sich um.
Den erschlaffenden Körper ließ sie achtlos an dem Baumstamm zurück.
Sie hatte ihm das Genick gebrochen.

„Er ist tot.", erklärte Wanda mit leiser Stimme und ließ sich wieder neben ihren Partner im Schnee nieder.
Er reagierte nicht.
Sie wusste nicht, ob es am Schock lag, oder andere Gründe hatte.
In seinem Kopf jedenfalls herrschte ein heilloses Durcheinander, sie bekam keinen der herumwirbelnden Gedanken zu fassen.
Wanda verließ seinen Kopf wieder und rief ihre Magie zurück.
Der rote Nebel erlosch zwischen ihren Händen.
Sie zog kurz an einer imaginären Falte in ihrer Jacke, ehe sie auf seinen Schoß kletterte, die Beine um seinen unteren Rücken und die Arme um seinen Hals schlang.
Mit den Fingern begann sie, mit seinen Haarspitzen zu spielen.
„Man wird deinen Arm bestimmt reparieren können, Liebling."
Ihre Stimme klang zuversichtlich.
Mit diesen Worten legte sie ihren Kopf auf seiner Schulter ab und klammerte sich richtig an ihn.
Dann bemerkte sie, wie ihr die Tränen über das Gesicht liefen.
Sie fühlten sich ganz kalt auf ihrer Haut an und sie war sich nicht einmal sicher, warum sie weinte.
Ihre Wut war verflogen, Ironman war tot.
Ihre Trauer, nun ja, selbstverständlich war sie traurig darüber, dass ihr Partner verletzt worden war.
Aber da war noch etwas anderes.
Angst.
Angst, ihn zu verlieren.
Ihn sterben zu sehen.
Sie drückte sich noch mehr an ihn, als suchte sie Schutz in seiner Nähe.
Sie hätte ihn beschützen sollen.
Aber sie hatte versagt.
Wieder einmal.
Obwohl sie sich angestrengt und alles in ihrer Macht stehende getan hatte. Und jetzt heulte sie auch noch!
Ein bisschen ärgerlich rieb Wanda sich mit einer Hand über die Augen und löste den Klammergriff ihrer Arme um seinen Hals.
Vorsichtig lehnte sie sich zurück, um sein Gesicht besser betrachten zu können.
Es war mit Blut verschmiert, aber ansonsten schien es keinen Schaden genommen zu haben.
Sie legte eine Hand an seine Wange und bekam so seine Aufmerksamkeit.
Der Blick aus seinen hellen, blauen Augen fesselte ihren und sie wagte es nicht, den Kontakt abzubrechen und weg zu sehen, während sie sich vor beugte, bis sich schließlich ihre Lippen berührten.
Sie schloss die Augen und spürte ihre innere Erleichterung.
Sie hatte das schon lange tun wollen. Ihre Hand wanderte von seiner Wange wieder zu seinen Haaren, und sie konnte sich nicht daran hindern, wieder leicht nervös mit den Spitzen zu spielen. Deshalb bemerkte sie auch zuerst gar nicht, dass er ganz zaghaft erwiderte – etwas, womit sie nie im Leben gerechnet hätte.
Doch dann auf einmal spürte sie den Druck gegen ihre Lippen und konnte es vor Freude kaum fassen.
Sein verbliebender Arm schlang sich fest um ihre Mitte und drückte sie beide noch mehr an einander.
Wanda wurde heiß.
Leider war er der erste, der den Kuss abbrach.
Sie atmete augenblicklich tief die eiskalte und klare Luft ein und riss ihre Augen wieder auf.
Er starrte sie unentwegt an, als könnte er nicht ganz fassen, was soeben passiert war.
Sie lächelte augenblicklich.
„Wir sollten gehen. Du musst versorgt werden."
Die Worte verließen ihren Mund schneller, als dass sie genau darüber nachdenken konnte und sofort biss sie sich auf die Lippen.
Er nickte langsam als Antwort.
Dann schob er sie vorsichtig von sich und stand auf, ging ein paar Schritte und drehte sich dann abwartend zu ihr um.
Sie lächelte breiter und eilte leichtfüßig neben ihn.
Dann griff sie nach seiner verbliebenen Hand und hielt sie fest in ihrer.
Jetzt würde ihm wirklich niemals jemand auch nur ein Haar krümmen können.
Wanda würde ihr Leben geben, um ihn zu schützen.

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