Unausgesprochen

10 Kapitel - Alter Ego

10 Kapitel

Alter Ego (Latein für „anderes ich")

                                                                                                                   

Erschrocken von dem, was sie da ausgesprochen hat, erstarrt sie für einen Moment. Hat sie ihm da echt doch vorgeworfen, er sei eifersüchtig, obwohl sie diese gewagte These nicht aussprechen wollte? Wirkt wie eine harte Anschuldigung. Keines Wegs wollte sie ihm da Worte in seinen Mund legen.

Andropov: „Was, wenn ich es bin? Was jetzt?"

Selbstsicher steht er vor ihr. Kurz davor, all seine Karten offenzulegen, wenn er es für nötig hält. Unbewusst legt der Blauhaarige sein Bein zwischen den Beinen seiner Angebeteten und verstärkt den Griff an ihrer Taille, während er mit der freien Hand sich auf den Tisch abstützt. Ihr Puls geht in die Höhe und für den Moment weiß die Kluke nicht, was sie darauf antworten soll, mal abgesehen davon, wer zum Teufel gibt denn mit so einer anmaßenden Stimme zu, dass er eifersüchtig ist? Mit voller Bewunderung macht sich auch das Wissen in Kluke breit, dass Andropov gerade genau das zugegeben hat, was so einiges über sein Verhalten erklärt. Stichwort verhalten, Kluke ist nicht entgangen, dass Andropov in letzter Zeit auffällig oft ganz plötzlich seine Verlegenheit und Anstand verliert. Für gewöhnlich kommt es eigentlich selten vor und das aber auch nicht mit solch einer Intensität. Ihr Herz schlägt ganz doll gegen ihre Brust und die Braunhaarige kann nicht anders als aufgeregt und nervös sein. Diese neuen Erkenntnisse gibt ihr zu bedenken, aber macht sie auch gleichzeitig froh.

Kluke: „Danke, dass du deine Gefühle mit mir geteilt hast", murmelte sie leise.

Schlagartig wird dem eben noch so mutigen blauen Soldaten bewusst, was genau er von seinen Gefühlen preisgegeben hat. Sein Gesicht wird blass und er verharrt für einige Sekunden in seiner Bewegung. Panik machte sich in ihm breit, als ihm klar wurde, dass er für einen Moment seine Kontrolle vor der Kluke verloren hat. Von seinem Ego Trip zurück bekommt er rote Farbe ins Gesicht, lässt sie hektisch wieder los und geht auf ein paar Meter Abstand. Negative Gedanken schwimmen im Kopf von Andropov jetzt herum. Hier ein paar nennenswerte Beispiele: Wie viele Minuten hat er ihren Freiraum genommen? Wie fest hat er sie festgehalten? Hoffentlich hat er sie nicht bedrängt. Ist das nicht eigentlich eine Belästigung? Zählt das schon zu sexuelle Belästigung?

Kluke: „Alles in Ordnung?"

Andropov: „Ja natürlich. Uhm ... Es ist nur ... ehm ja die Wäsche! Der Wäschekorb muss noch raus. Ich mache das mal schnell, bevor wir es noch vergessen", rief er verlegen.

Kluke: „Ja stimmt, ganz vergessen."

Laut Andropov's Auffassung scheint Kluke sich nicht davon gestört zu haben, dass er ihr so nah war, obwohl es kein Grund dazu gab. Das heißt aber noch lange nicht das als Grund zu nehmen um ihr noch näher zukommen. Sein eigenes grinsen über diese Tatsache versucht er sich zu verkneifen, während er im Badezimmer den Wäschekorb mit beiden Händen packt und hochhebt. Als seine Zimmergenossen ihn damit sieht, wie er das Schlafzimmer betritt, läuft sie auf die Zimmertür, um diese für den Wäscheträger aufzumachen. Nachdem er den Korb im Flur abgesetzt hat, kam in ihm ein Gedanke hoch. Jetzt so schnell wie möglich abhauen, den Flur entlang rasen, die Treppe hinunterspringen und aus dem Schloss in Rekordzeit fliehen, um Kluke vor seinem scheiß verliebten notgeilen Ego zu bewahren, sonst wird eben dieser wieder es versuchen. Auch wenn es so klingt als, ob er mit jemand anderem in seinem Kopf redet, weiß er aber ganz genau, dass er es selbst ist.

Kluke: „Kommst du?"

Perplex realisiert er, dass er noch immer mitten im Flur steht und sich noch keinen Zentimeter bewegt hat. Ohne ein Wort geht er wieder ins Zimmer und steuert direkt das Bett an. Mangelnder Schlaf ist mangelnde Selbstkontrolle. Die letzten Wochen und Tage waren immerhin sehr ermüdend und haben viel Schlaf geraubt. Seine letzte Hoffnung ist, dass ein erholsamer Schlaf ihm hilft, wieder Herr über sich selbst zu sein. Beim Bett angekommen, zögert der Blauhaar nicht lang und lässt sich einfach ins Bett fallen. Ein dumpfes Geräusch ertönt und kurz darauf spürt er die weiche Matratze wie Balsam für seine Seele ist. Daraufhin lacht die Kluke herzlich auf und schließt die Tür währenddessen wieder zu.