„Sklaventreiber", murrte Josh und warf mir einen schmollenden Blick zu. Nach meinem Feierabend hatte ich ihn gefragt, wann er denn Zeit für unser Sportdate hatte. Seine Antwort war ein halbherziges ‚ich weiß nicht, du bist da der Experte' gewesen. Tja, da hatte er sich den falschen Fitnesspartner ausgesucht. Gegen Ende August ging die Sonne gegen 06:45 Uhr auf, wenn man sich am Strand befand. Also hatte ich ihm vorgeschlagen, dass ich gegen halb sieben vor seiner Wohnung stehen würde. Das war zwar romantisch, aber anscheinend schien er die Uhrzeit nicht ganz so gut zu verarbeiten. Mein Gegenüber rieb sich den Schlaf aus den Augen.
Dafür, dass er sich als so unsportlich ansah, war er besser ausgerüstet als angenommen. Er trug eine dunkelgraue, enge Laufhose mit einer schwarzen, locker sitzenden Shorts drüber, Laufschuhe in schwarz und einem Tanktop mit längeren Achselausschnitt in natogrün. Seine Haare waren wieder wild verstrubbelt und sein müder Gesichtsausdruck ließ ihn tapsig und unschuldig aussehen. Zum niederknien.
Es war zwar noch ziemlich früh, doch es war bereits angenehm warm. Der Tag versprach noch wärmer zu werden, weswegen die Sportaktion jetzt noch erträglicher zu sein schien.
„Ich würde sagen, wir beginnen langsam und joggen in Richtung Strand. Dann kommen wir perfekt zum Sonnenaufgang an und können dort romantisch verweilen", schlug ich vor und zupfte erst meine schwarze Jogginghose, dann mein dunkelblaues Funktionsshirt zurecht. Er legte halb genervt den Kopf in den Nacken und wir begannen langsam loszulaufen. Erstaunlicherweise hatte er kaum Probleme mitzuhalten. Nach seiner Anmerkung hätte ich erwartet, dass wir es nicht mal zum Strand schaffen würden, ich ein Taxi zu seiner Wohnung bestellte und ihn die Treppen hoch tragen müsste. Eine Vorstellung, der ich nicht abgeneigt war. Vielleicht würde das Treffen ja nicht im Treppenhaus enden sondern auf seiner Couch mit einem guten Film, Popcorn und einem reizenden Menschen in meinen Armen. Oder in seinem Bett, da hatte ich auch nicht im Geringsten etwas dagegen. Schließlich war nicht nur sein Charakter anziehend.
Dieser Ausweichplan zeigte sich als absolut obsolet, da wir uns während dem Joggen lässig unterhielten, ohne aus der Puste zu kommen. Von Anfänger und Sportmuffel war nichts zu bemerken. Sogar als ich das Tempo steigerte kam Josh mühelos mit. Vielleicht machte er mir etwas vor und wollte dem angeblichen Fitnesstrainer den Unerfahrenen vorgaukeln. So dass ich mich vor ihm profilieren konnte. Bei unserem Date hätte er ja auch einfach gesprintet sein können und deswegen so fertig.
Mein Kopf hielt kurz inne. Was analysierte ich hier gerade? Wie unnötig war meine Verkopftheit schon wieder? Ich schimpfte mich einen Trottel.
‚Genieß den Moment mit Josh und untersuche die Situation nicht zu Tode', mischte sich mein Herz ein, welches nicht nur wegen der sportlichen Aktivität schneller schlug.
„Und, wie war dein Tag gestern so?", fragte ich beiläufig um mich wieder aktiv in das Hier und Jetzt zu bewegen, raus aus meiner Gedankenwelt.
„Es ging. Eine Horde wilder Karens war im Restaurant und hat angegeben, einen Rabatt zu bekommen, weil sie vermeintlich den Besitzer kennen. Spoilerwarnung: Haben sie nicht. Und ich stand dann als der Doofe und ohne Trinkgeld da."
„Hat dein Chef da nichts gesagt?", hakte ich nach, was Josh dieses süße, herzliche Lachen entlockte.
„Doch, der hat sie bitterernst angeschaut und meinte: ‚Ma'am, ich habe Sie noch nie in meinem Leben gesehen. Bitte zahlen Sie und verlassen dann schleunigst mein Etablissement.' Ich habe ihn sehr dafür gefeiert. Aber vielleicht hätte ich nicht so sehr grinsen sollen, als ich ihnen das Kartenzahlungsgerät unter die Nase gehalten habe. Dann hätten sie mir vielleicht doch was zugesteckt."
„Also ich würde dir Trinkgeld geben", platze es aus mir heraus. In seiner Gegenwart viel alle Sprachgewandheit von mir ab. Doch er nahm es mit Humor und lachte laut auf.
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Shot At The Night
Tajemnica / Thriller"Mit Zuckerschnecke kriegt er sie aber nicht rum." Während Yaron auf einer Strandparty die Flirtversuche seines besten Freundes kommentiert bleibt das bei Josh nicht unbemerkt. Was mit einer flüchtigen Begegnung beginnt, endet in einem One-Night-Sta...