38. Kapitel: Royal Blood - Figure It Out

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POV Josh

Unschlüssig und mit zitternden Händen stand ich vor dem großen, grauen Gebäude. Sollte ich das wirklich tun? Immerhin hatte Cassius das nicht verboten. Was sich aber durchaus aus der Situation ergeben hatte. Entführer waren typischerweise nicht sehr angetan, wenn die Polizei involviert war. Wurde ich von seinen Mitarbeitern vielleicht verfolgt, um sicher zu gehen, dass ich meinen Teil einhielt? Nein, dann hätte er sich doch schon gemeldet. Mit seinem angeblichen Mitarbeiternotstand könnte er doch für so eine Lappalie niemanden abstellen. Ich war mir zu fünfundsiebzig Prozent sicher, nicht verfolgt zu werden.

Mit einem verzogenen Gesicht legte ich meinen Kopf in den Nacken und wollte lieber meine Nasenhaare einzeln zupfen lassen. Bei meiner Arbeit hatte ich mich krankgemeldet, doch würde ich jetzt freiwillig eine dreifache Schicht antreten. Widerwillig ging ich die Treppe zum Präsidium hinauf. ‚Alles nur für Yaron', ermahnte ich mich.

Ich öffnete die rechte Flügeltüre und trat ein, orientierte mich kurz. Dann machte ich mich auf den Weg. Am Empfang fragte ich freundlich nach Officer Dawson, Yarons Partner. Der Uniformierte nickte höflich und griff zum Telefonhörer. Wenige Minuten später erschien der Rothaarige bereits neben dem Tresen und warf mir einen Blick zu, der abschätziger nicht sein konnte. Du mich auch.

„Doktor Burnley, was kann ich für Sie tun?", fragte er übertrieben freundlich. „Ich habe gerade eigentlich wenig Zeit für Sie, da ich mit einer anderen Sache sehr beschäftigt bin. Es sei denn, Sie möchten eine Aussage zu unserem Fallmachen. Wir haben Sie neulich nicht erwischt."

„Lassen Sie mich raten: Es geht um Officer Halset? Das, mit dem Sie beschäftigt sind."

Er musterte mich eindringlich, dann fiel es ihm wie Schuppen von den Augen und er legte seine Hand auf den Mund, um sich nicht zu verraten.

„Nun gut, ich weiß einen leeren Besprechungsraum. Kommen Sie mit", schloss er und führte mich durch das Gebäude. Vorbei an Schreibtischen, Kollegen, anderen Besprechungsräumen und einem Pausenraum mit einer riesigen Doughnut Schachtel.

Als wir den Raum betraten, schloss er die Türe hinter mir und sah mich nochmal genau an. „Wie kann ich Ihnen denn nun helfen?", fragte er, mit einer Spur weniger Feindseligkeit.

Ich sah ihn an, biss mir auf die Unterlippe und atmete tief ein und aus. Fuck, jetzt musste ich Farbe bekennen.

„Yaron ist verschwunden, oder?", meinte ich vorsichtig.

„Officer Halset ist heute nicht zum Dienst erschienen, genau", erwiderte Dawson und sah mich wartend an. „Sie verwenden den Vornamen?"

Es war mir so unangenehm, dass ich mich wegdrehen musste. „Ja, also, ähm, es ist so: Ich bin Jolene."

„Was du nicht sagst. Jolene, Joshua, Jolene, macht Sinn für Yarons unkreative Lügen. Als du gerade zur Türe reingekommen bist und meintest, es ginge um Yaron, war mir klar, dass du die geheimnisvolle Jolene bist. Da fickt Yaron einfach den Arschlocharzt", erwiderte er mit verschränkten Armen und unbeeindrucktem Tonfall.

„Arschlocharzt? Na, schönen Dank auch", entgegnete ich angesäuert.

„Du warst ein ziemlicher Arsch, als wir zur Befragung kamen", erinnerte Dawson.

Ich schenkte ihm einen bösen Blick. „Weil sich Yaronals verdammter Fitnesstrainer ausgegeben und mich angelogen hatte. Das er ein scheiß Bulle ist, wusste ich nicht."

„Hey, Wortwahl, Freundchen. Gott, ich hatte so sehr gehofft, dass es nicht du bist. Aber anscheinend hat Yaron keinen guten Geschmack."

„Du kennst mich doch nicht mal", herrschte ich ihn wütend an.

„Seit wann habe ich dir das Du angeboten?", fragte er überheblich.

„Gegenfrage: Wann habe ich das getan?"

„Nun werd mal nicht schnippisch junger Mann. Ich bin immer noch der Ältere hier."

Ich fasste mir aufgeregt an die Stirn. „Das führt doch zu nichts. Ich bin hier wegen Yaron, nicht um meine Qualifikation als sein Partner unter Beweis zu stellen. Es geht um sein Wohlbefinden und nicht darum, ob wir beide uns mögen. Das müssen wir nämlich nicht. Wenn das hier vorbei ist, siehst du mich nie wieder. Es sei denn du kommst in die Notaufnahme und benötigst eine Behandlung. Sollte ich Dienst haben, sehen wir uns schon wieder. Aber egal, es geht hier wie gesagt um Yaron, der uns beiden am Herzen liegt."

Dies entlockte ihm ein Seufzen. Er wusste, dass ich Recht hatte und wir uns für einen geliebten Menschen zusammenraufen mussten.

„Gut, einverstanden. Vielleicht kann ich dich irgendwann irgendwie mögen oder näher kennen lernen. Meine Frau Arlene und ich machen ein hervorragendes Barbecue. Aber zurück zum Thema. Du hast Infos zu Yarons Verbleib? Ich hatte angenommen, dass er vielleicht krank ist oder sich eine Auszeit wegen eurem Streit genommen hat. Leider geht er aber weder ans Telefon noch hat er einen Urlaubsantrag eingereicht. Ich nehme an, dass etwas anderes dahintersteckt?"

Ich nickte vorsichtig. Wie konnte man das am einfachsten erklären? „Yaron ist nicht krank oder verschwunden. Er wurde von einem Dealer entführt, Cassius Purnell. Der hat ihn in seiner Gewalt."

Dawson sah mich mit zusammen gekniffenen Augen an. „Der Name sagt mir was. Und das weißt du weil?"

„Weil er ihn mir in seinem Van präsentiert hat. Handschellen, geschlagen, das volle Entführungsprogramm."

Wieso war er noch so die Ruhe selbst? Als ob ich ihn gefragt hätte, ob er mittags zu Five Guys oder Taco Bell gehen möchte.

„Okay, und wieso wird dir mein entführter Partner gezeigt? Das muss ja einen bestimmten Grund haben. Es wäre sinnvoller, wenn er sich an uns wenden würde, wenn es zum Beispiel ein Vergeltungsthema wäre wegen der Festnahme neulich."

Wieder musste ich schuldbewusst wegschauen. Ich fühlte mich, als würde ich verhört werden. Auf dem elektrischen Stuhl.

„Ja, also, das liegt daran, dass mich Cassius zu etwas zwingen möchte, was ich nicht tun will."

Er sah mich nun väterlich an. „Und das wäre?"

Ich biss mir auf die Unterlippe. „In Apotheken einbrechen, um Stoff zu klauen?" Mit einem gezwungenen Lächeln hatte ich versucht, meine Aussage mehr wie eine Frage auszudrücken.

„Na also, geht doch", meinte er und lächelte mich väterlich an. Als ob er mir sagen wollte, dass ich einen guten Job gemacht hatte. Dann drehte er sich um, ging zum Konferenztisch in der Ecke des Raumes und donnerte seine Faust mit voller Wucht auf die Tischplatte. Ich erschrak und wich einen kleinen Schritt zurück.

„So eine verfickte Scheiße! Ich könnte kotzen!", schrie er wütend, drehte sich um und zeigte mit dem Finger auf mich. „Du! Du mieses kleines Würstchen! Du bist offiziell von allen zukünftigen Grillfeiern ausgeschlossen, scheiß egal wie sich das zwischen euch beiden entwickelt!"

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Shot At The NightWo Geschichten leben. Entdecke jetzt