𝒯𝒶𝓁𝓀 𝓉ℴ 𝓂ℯ 𝒢ℴℴ𝓈ℯ - 𝒯ℴ𝓅𝑔𝓊𝓃 𝒪𝓃ℯ𝓈𝒽ℴ𝓉𝓈

🎅11. 𝒯ü𝓇𝒸𝒽ℯ𝓃🎅

Leise betrat Lt. Natasha Trace den Schulungsraum. Es war bereits dunkel, doch sie machte sich nicht die Mühe, das Licht einzuschalten. Wie von allein trugen ihre Füße sie zu ihrem Platz... Wo sie erschrocken zusammen fuhr. Sie war nicht alleine in dem großen Raum. In der Bank neben ihr saß eine dunkle Gestalt.

"Hangman?"

Fragend sah sie ihren Kameraden an, der sich jetzt langsam in ihre Richtung drehte.

"Phoenix."

"Was machst du hier? Es ist der 25. Dezember. Es ist Weihnachten. Warum bist du nicht bei deiner Familie?"

"Ich weiß, was für ein Tag heute ist. Und dasselbe könnte ich dich fragen. Außerdem bereite ich mich auf die Mission vor. Wenn man der Beste sein will, muss man hart arbeiten."

Sie schnaubte, bevor sie sich neben ihn setzte.

"Meine Familie ist zu weit weg, deshalb dachte ich, ich nutze die Zeit. Also, warum bist du nicht bei deiner Familie? Sie leben doch hier."

Hangman seufzte. Für einen Moment war er versucht, wieder vom Thema abzulenken, doch dann sah er Phoenix an. "Sie legen keinen Wert auf meine Anwesenheit, also warum sollte ich sie damit belästigen?"

Stille senkte sich über den Raum, während Phoenix ihn geschockt anschaute, doch dann griff sie in ihre Tasche und holte eine Dose Weihnachtsgebäck heraus. "Bedien dich."

"Was wird das hier? Eine Weihnachtsfeier der einsamen Piloten?"

"Jake, außer uns beiden ist niemand hier. Du brauchst keine Maske aufrecht erhalten, ich weiß, dass es dir damit nicht gut geht."

"Woher willst du das wissen?" Er versuchte, seiner Stimme die übliche Stärke zu verleihen doch spürte selber, dass es nicht annähernd so selbstsicher klang wie sonst. Und Phoenix nahm es ebenfalls wahr. Er konnte an ihrem Blick ablesen, dass sie ihn durchschaute und so ließ er die Schultern sinken.

"Okay, vielleicht hast du recht..." "Na siehst du. War es so schwer, das zuzugeben?" Sie lächelte ihn an und schob ihm dann erneut die Dose vor die Nase. "Nimm schon."

Es überraschte ihn, dass sie nichts weiter dazu sagte, dennoch griff er in die Dose und nahm sich eines der Plätzchen. "Fällt es dir schwer, über Weihnachten weg zu sein?" "Schon, ja. Aber es wäre einfach nicht möglich gewesen, nach Hause zu fahren."

Nachdenklich zog sie ein Knie an die Brust und stützte ihren Kopf darauf.

"Ist es für dich das erste Weihnachten alleine?"

"Nein, ich fahre schon seit ich bei TopGun bin nicht mehr zu ihnen. Meistens sitze ich dann Abends hier und bereite mich auf eine Mission vor oder fliege eine Runde. Für mich ist es ein Tag wie jeder andere geworden."

"Irgendwie ist das traurig..."

"Naja, was soll man machen?"

In der Dunkelheit fiel es ihnen beiden leichter, ehrlich zueinander zu sein. Eine Weile schwiegen sie, bevor Phoenix erneut das Wort ergriff. "Was hältst du davon, wenn wir uns unsere eigene, kleine Weihnachtsfeier machen? Uns später was zu Essen bestellen und den Abend zusammen verbringen?"

Normalerweise hätte Hangman einen seiner hochtrabenden Sprüche ausgestoßen und die Situation ins Lächerliche gezogen, doch hier in der Dunkelheit musste er kein Theater spielen, sondern war einfach nur Jake. Also lächelte er leicht. "Das klingt gut. Ich glaube zwar nicht, das viel offen hat, aber wir finden schon etwas."

Phoenix neben ihm lächelte ebenfalls.

Sie genoss dieses Gespräch mehr als sie es zu Beginn erwartet hatte. Der Jake hinter der Maske war ihr sympathisch und sie freute sich irgendwie darauf, den Abend mit ihm zu verbringen.

Und es war ein wunderschöner Abend. Irgendwann holte sie eine Lichterkette aus dem Auto, die sie über Wochen immer vergessen hatte auszuladen und unter viel Gelächter hängten sie diese schließlich über die Tafel. Jake suchte auf seinem Tablett ein Bild von einem geschmückten Weihnachtsbaum und stellte es auf, während sie auf ihrem Tablet einen Weihnachtsfilm laufen hatten, den sie beide schon viel zu oft gesehen hatten.

Der wohl einzig offene Lieferservice spendierte ihnen zu dem Essen noch eine Flasche Wein, welchen sie abwechselnd aus der Flasche tranken, bis sie davon überzeugt waren, nie ein schöneres Weihnachtsfest gehabt zu haben.

"Weißt du was Jake?" Murmelte Phoenix irgendwann leise, während ihr Kopf an seiner Schulter ruhte. "Was denn?" Gab er ähnlich ruhig zurück, was ihr ein Lächeln entlockte. "Ich mag diesen Jake." "Dieser Jake mag dich auch." Er dachte nicht groß über seine Worte nach, doch ihre Reaktion zeigte ihm, dass sie genau richtig gewesen waren.

Zufrieden kuschelte sie sich enger an ihn, bevor sie ihm einen Kuss auf die Wange drückte.

"Danke für diesen wunderschönen Abend."

"Das kann ich nur zurückgeben." Mit einem kleinen Lächeln festigte er seinen Griff um sie, bevor er seine Lippen ganz leicht auf ihre Stirn legte. "Das war das schönste Weihnachten, das ich je hatte."

Doch das hörte Phoenix schon gar nicht mehr. Unter dem gleichmäßigen Schlagen seines Herzens war sie in einen ruhigen Schlaf geglitten. Lächelnd sah Jake sie an und legte seine Jacke über sie, bevor er ebenfalls für einige Minuten die Augen schloss.

Und als ihre Teamkollegen am nächsten Morgen in den Raum kamen, sahen sie die beiden Piloten friedlich aneinander geschmiegt schlafen. Doch niemand brachte es übers Herz, die beiden zu wecken, weshalb sie nur einige Fotos machten und sich dann leise in die Flugzeughalle zurück zogen, bis die beiden von alleine wach wurden.