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Meine Nachricht an Lea lautet: „Ist alles ok bei dir? Du bist so still."
Sie öffnet den Chat, liest die Nachricht wie es aussieht mehrmals, bevor sie sich sorgsam ihre Worte zurecht legt. Sie sieht mich traurig an und sagt schließlich: „Naja weißt du, du bist nicht die einzige mit Problemen. Ich wünschte, du würdest halt mal fragen wies mir geht oder so."

Was meint sie? Ich weiß doch, dass sie auch Probleme hat, da muss ich doch nicht danach fragen? Oder? Sonst erzählt sie mir doch immer alles.

„Sorry Lea, aber was meinst du? Du kannst doch mit mir darüber sprechen.", erwidere ich zaghaft.
„Naja, du lebst manchmal sehr in deiner Welt und nimmst nicht so ganz war, was um dich passiert. Das ist auch nicht böse gemeint, ich weiß ja was bei dir los ist."
Nein. Das weiß sie nicht. Und das soll sie auch nicht. Ich versteh trotzdem nur Bahnhof. Da ich keine Worte finde, die mein Chaos im Kopf beschreiben könnten, schaue ich sie nur fragend an. Doch sie sagt nichts. Mist.
„Lea - ich, also wenn ich eine schlechte Freundin war - tut es mir leid. Was ist los bei dir?", frage ich unsicher nach.
„Meine Eltern.. sie werden sich scheiden lassen. Ich glaube wegen mir.",erzählt sie mit Tränen in den Augen.
„Wieso wegen dir?"

„Sie streiten ständig. Weil ich zu viele Fehlstunden habe. Zu oft unterwegs bin. Schlechte Noten habe. Dads Tabak geklaut hab. Weil ich zu fau- ."
„Lea nein. Pass auf. Wenn sich deine Eltern scheiden lassen, dann ganz bestimmt nicht wegen dir.", fahre ich ihr ins Wort.
„Und warum bin immer ich der Grund für Streit?", meint sie hoffnungslos mit geschlossenen Augen.
„Mann, das weiß ich doch auch nicht. Aber Kinder sind nie schuld, wenn Erwachsene streiten." Dabei muss ich an meine Eltern denken.
„Was meinst du?"

„Nichts. Schon gut. Hab ich nur mal wo gehört. Und es stimmt auch." Ich gehe ein paar Schritte auf sie zu und tätschle sie unbeholfen am Arm. Solche Situationen sind mir immer total unangenehm, weil ich nicht weiß, wie man andere Menschen tröstet. „Mach dir keinen Kopf. Es wird alles gut werden. Du bist nicht schuld. Und wenn sie nur streiten, ist es vielleicht auch besser so."
„Meinst du?" Jetzt klingt sie schon deutlich hoffnungsvoller.
„Ja."
„Mhh. Danke."

Ich glaube sie ist ganz froh, dass sie endlich mal mit mir darüber reden konnte. Aber bin ich denn wirklich eine schlechte Freundin? Denke ich vielleicht nur an mich? Wahrscheinlich hat sie recht. Ich verliere mich tatsächlich oft in meinen eigenen Gedanken. Andere Menschen blende ich währenddessen total aus. Wahrscheinlich spiegeln sich meine Gedanken gerade in meinem Gesicht wieder, denn Lea stupst mich an und meint „Nicht zu sehr darüber nachdenken.", und zieht mich mit untergehaktem Arm zurück ins Schulgebäude. Wie es so kommen muss, sind wir natürlich schon viel zu spät, die nächste Stunde hat schon lange begonnen.

Lea reißt die Tür zum Klassenraum auf und jeder starrt uns an. Schon wieder. Ich hasse es! Unsere Betreuungslehrerin für die Oberstufe sieht uns streng über ihre Brille hinweg an.
„Ihr seid eine Viertel Stunde zu spät, Mädels. Was soll das?"
„Wir haben geredet und die Zeit übersehen, Mrs. Wagner. Verzeihung.", murmelt Lea.
„Ihr kommt nach der Stunde >beide< zu mir. Verstanden?"
„Ja, Mrs. Wagner.", antwortet Lea schuldbewusst und zieht mich in die letzte Reihe.

„Was macht die Wagner eigentlich hier? Dachte wir haben jetzt Kunst."
„Was weiß ich." Ich zucke nur mit den Schultern.

„Dank - der Unterbrechung- fang ich jetzt nochmal von vorne an.", genervt schaut Mrs. Wagner in unsere Richtung.
„Also. Im Dezember steht unsere Skiwoche in den Bergen an. Ich habe eine Klassenliste dabei und jeder trägt sich bitte in eine Kategorie ein. Anfänger, Amateur, Fortgeschritten. Schreibt bitte dazu, ob ihr Ski besitzt oder nicht. Es wird auch einen extra Snowboard Kurs geben, dafür habe ich auch die Liste dabei.", erklärt sie und reicht beide Listen durch die Klasse. Als die Liste uns erreicht, trage ich gar nichts ein und gebe sie Lea.

„Wieso trägst du nichts ein? Kommst du nicht mit?", will sie neugierig wissen.
„Was soll ich denn in einer Skiwoche? Ich kann nichtmal Skifahren.", meine ich achselzuckend.
„Deshalb gibt es doch auch den Anfängerkurs. Mann Laura, du musst mitkommen. Bitte.", bettelt sie.
„Du weißt doch, dass meine Eltern das niemals bezahlen können.", flüstere ich kleinlaut.
„Da gibts doch auch Möglichkeiten für. Die Stiftung der Schule übernimmt doch die Hälfte, wenn man Unterstützung braucht."
„Lea bitte. Lass gut sein."

Selbst wenn die Schule 50% der Kosten übernimmt, werden meine Eltern niemals für diesen Quatsch bezahlen. Ich weiß es einfach. Dafür kenne ich sie schon zu lange. Mein Vater gibt unser Geld lieber für Kneipenbesuche aus und was meine Mutter mit der restlichen Kohle macht, will ich lieber gar nicht erst wissen. Ich bekomme ja noch nicht mal Geld für neue Klamotten.
Die restliche Stunde erzählt Mrs. Wagner noch über unsere Unterkunft, das Essen, die Busfahrt, die Gesamtkosten (420€, wer soll das bezahlen können?), die Ski- und Snowboardkurse und über die Lehrer, die uns begleiten. Da werde ich hellhörig.
„Mitkommen werden Mrs. Stadler (unsere Sportlehrerin für die Mädchen), Mr. Pauls (der Sportlehrer für die Jungs), Mr. Wenzl (ein zusätzlicher Sportlehrer), Miss Blake (die Sportlehrerin aus der Unterstufe) und ich."

Etwas enttäuscht widme ich mich wieder den Vögeln, die vor dem Fenster herumfliegen. Auf was - oder besser gesagt wen, habe ich gewartet? Alles in allem sind wir von der Auswahl der Lehrer, die uns begleiten, nicht gerade begeistert, aber kann man wohl nichts machen. Ein paar Jungs werden sicher wieder etwas Alkohol dabei haben, was die ganze Klassenfahrt etwas erträglicher machen würde.
Vielleicht ergibt sich ja auch noch ein blöder Zufall und einer der Lehrkräfte muss ersetzt werden... Mal sehen.

Es klingelt zur nächsten Stunde, aber Lea und ich müssen ja noch kurz bei Mrs. Wagner dableiben.
„So und jetzt zu euch zwei. Mädls so gehts nicht. Ihr könnt nicht kommen und gehen wie es euch gerade passt. Ihr habt zum Stundenklingeln im Klassenzimmer zu sein und nicht erst 15 Minuten später. Das wisst ihr. Beide." Mit verschränkten Armen steht sie vor uns und schaut uns erwartungsvoll an. Sie hofft wahrscheinlich, dass einer von uns nachgibt und sich für das Zuspätkommen entschuldigt. Aber das tun weder Lea, noch ich. Erwartet hätte ich, dass Lea etwas sagt, aber tatsächlich bleibt sie stumm. Ein Novum. Also ergreife ich wohl oder übel gezwungen das Wort.

„Also sorry, aber glauben sie echt wir schwänzen Schule, weil wir grad nichts besseres zu tun haben oder weil wir faule Trottel sind? Vielleicht sollten sie mal darüber nachdenken, dass es Schüler gibt, die Probleme haben und sich halt grad nicht auf diese trostlose Institution namens Schule konzentrieren können.", kontere ich spitz.
„Laura du hattest ein Jahr Zeit über Probleme zu reden. Wenn du die Chancen, die ich dir unterbreitet habe, nicht nutzt, kann ich dir auch nicht weiterhelfen. Wir Lehrer können auch nicht mehr tun als Hilfe anzubieten."
Mist. Ich weiß, dass sie recht hat. Also verschränke auch ich die Arme und sage nur „pff." Jaja ich bin ein kleines Kind, ich weiß schon. Aber das ist mir egal.

„Das Nachmotzen kannst du dir sparen. Außerdem erklärt das noch nicht, warum du - (sie dreht sich zu Lea) auch ständig fehlst."
„Ok und was wollen sie jetzt von mir hören?", erwidert Lea schnippisch.
„Den Grund für dieses Benehmen.", sagt sie mit einer ausladenden Geste.
„Gibt keinen."
„Das kannst du deiner Großmutter erzählen, aber nicht mir. Auch wenn du Fehlstunden sammelst, du warst immer höflich. Wo ist also die Höflichkeit abgeblieben?"
Jetzt ergreife ich das Wort, weil mir die Wagner langsam echt auf die Nerven geht mit ihrer Fragerei. „Was geht sie das eigentlich an? Wenn sie nicht darüber reden will, ist das Leas Sache."
„Lass gut sein Laura. Komm gehn wir."

Endlich entlässt uns Mrs. Wagner wieder in die Freiheit und wir machen uns auf den Weg zur nächsten Stunde.

Hey Freunde ☺️ ich wollte euch mal um Feedback zur bisherigen Geschichte bitten. Was war gut bisher, was kann man verbessern usw. Würde mir helfen für die restlichen Kapitel ❤️ Dankeschön <3

Me, because of you. (girlxteacher)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt