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Wir laufen gemeinsam zum Parkplatz und Jonas lässt den Schlüssel klicken. Da leuchtet das Licht eines mattschwarzen Audi R8 auf.
„Boah krass wo hast du die Karre denn her?" frage ich ungläubig.
„Geschenk" antwortet er nur knapp.

Okay anscheinend möchte er nicht darüber reden. Aber komisch ist es schon. Ich meine gut, Jonas Vater hat einen gut bezahlten Job und so, aber ein R8? Selbst ich weiß, dass die Teile mehr als eine Niere auf dem Schwarzmarkt kosten. Sonst hab ich mit Autos überhaupt nichts am Hut. Wir haben nicht mal eins, geschweige denn hätte einer aus unserer Familie den Führerschein.

Ich beschließe nicht weiter darüber nachzudenken, woher er den Luxusschlitten hat und lasse mich auf den Beifahrersitz plumpsen. Er wirft den Motor an und mit einem Affentempo rasen wir durch die Stadt. Wo fährt er denn hin? Die Gegend sieht viel zu schäbig aus für Jonas Verhältnisse. Da biegt er in eine Seitenstraße ab und stellt den Wagen in einer kleinen Einfahrt ab.
„Muss noch kurz wohin. Kannst einfach sitzen bleiben." nuschelt er.

Aha ganz was neues. Naja wird schon wissen was er treibt. Nach fünf Minuten kommt er mit einem kleinen Päckchen zurück und schmeißt es wortlos aufs Armaturenbrett. Ohne weiter darüber zu reden, fahren wir gemeinsam zu ihm.
Den weiteren Tag machen wir nicht mehr viel. Wir zocken zusammen auf seiner Playstation und rauchen dabei Shisha.

Früh morgens lässt mich ein übertrieben lautes Geräusch aus dem Schlaf schrecken.
„Sag mal spinnst du?!" schreie ich ihn an.
„Sorry, war der Wecker, hab vergessen ihn auszustellen" murmelt er im Halbschlaf.
Na toll. Es ist noch dunkel draußen und dank diesem Lärm bin ich nun hellwach. So hab ich mir das nicht vorgestellt, als er meinte ich könne bei ihm pennen. Reicht mir schon wenn ich zuhause geweckt werde, wenn mein Vater aus seiner Nachtschicht nachhause kommt.

Er ist Lkw-Fahrer und beliefert nachts die Dealer mit neuem Stoff. Ein Wunder dass er noch nie aufgehalten wurde von den Bullen. Die hätten ihren Spaß mit ihm. Weder Führerschein, noch Fahrzeugzulassung und von der Ladung brauchen wir gar nicht erst reden. Jap, richtig gehört. Genau so eine Familie sind wir. Kriminell und asozial. Zumindest würde uns die Gesellschaft so beschreiben.
Wenn ich schonmal wach bin, kann ich auch zur Schule gehen. Wenn ich mich nicht täusche, haben wir heute wieder die Gerstl. Das ist zwar kein Grund zur Schule zu gehen, aber wenigstens wird es so amüsanter. Da Jonas erst zur 3. Schule hat, muss ich wohl oder übel den Bus nehmen.

„Hi, was machst du hier?" begrüßt mich Lea gähnend. „Seit wann kommst du pünktlich?"
„Hab bei Jonas gepennt, sein Wecker hat mich geweckt" meine ich achselzuckend.
„Jonas? Läuft da was zwischen euch?"
„Bist du blöd? Jonas ist mein bester Freund. Weißt doch, dass ich auf Mädchen stehe" fahre ich sie etwas zu laut an.
„Okay sorry, sag ja schon nichts mehr."
Also langsam sollte sie wissen, dass ich morgens keinen Bock auf Unterhaltungen habe. Schon gar nicht diese Art von Unterhaltungen.

„Laura, Lea, hinsetzen!" sagt die Gerstl streng als sie zur Tür reinkommt.
„Ich wünsche ihnen auch einen wunderschönen guten Morgen" erwidere ich sarkastisch.
„Klappe halten und zuhören. Nächste Woche ist Tag der offenen Tür, ich brauche Freiwillige die mir bei meinen Experimenten in Biologie helfen"
Sofort schnellt Maries Finger in die Höhe. Na das war ja klar. Ich finde es echt widerlich, wie sie jedem Lehrer in den Arsch kriechen will, nur damit sie gute Noten bekommt. Ich würde keinen Finger krumm rühren für die Schule, schon gar nicht freiwillig.
„Sonst noch wer?" meint die Gerstl. Ein blonder Junge meldet sich. „Okay, danke Marie und Erik."
Aha Erik heißt er also. Ich kenne die meisten Namen meiner Mitschüler nicht mal. Bin schon froh, wenn ich mir die Namen der Lehrer merken kann.

„Da das nun geklärt wäre, schlagt bitte Seite 7 im Buch auf und lest den Text dazu. Ihr habt zehn Minuten Zeit."
Natürlich werde ich den Text nicht lesen. Stattdessen drehe ich mir gelangweilt einen Joint. Irgendwie muss man den Tag ja überstehen können. Ich beobachte wie Miss Gerstl eine Haarsträhne hinters Ohr streicht, die sich aus ihrem Zopf gelöst hat. Heute sieht sie echt scharf aus. Sie trägt ein weinrotes, eng anliegendes Kleid mit hochhackigen Schuhen. Sogar der Lippenstift passt farblich dazu. Krass, wusste gar nicht, dass man als Lehrerin so sexy aussehen darf. Vielleicht will sie sich hochschlafen denke ich belustigt.

„Die Zeit ist um. Laura fass uns bitte den ersten Ausschnitt zusammen." fordert mich Miss Gerstl auf.
„Wie, was?" schrecke ich aus meinen Gedanken hoch.
„Du sollst den ersten Abschnitt zusammenfassen, Laura" wiederholt Marie zuckersüß. Was mischt sie sich da ein?
„Hab's nicht gelesen." antworte ich gelangweilt.
„Das hab ich schon gemerkt. Du bleibst nach der Stunde noch da." Streng schaut sie mir in die Augen, doch in ihrem Blick bemerke ich noch ein anderes Gefühl. Da ich sowas jedoch nicht deuten kann, interessiert es mich auch nicht weiter.
„Simon dann übernimm du bitte Lauras Aufgabe."
Ein dunkler Junge mit lockigen Haaren beginnt zu sprechen. Schon nach ein paar Sekunden schweife ich ab und kritzle in dem Buch rum.

Endlich klingelt es zur nächsten Stunde. Da mich die Gerstl ja noch sprechen will, bleibe ich einfach mit verschränkten Arme sitzen. Als alle anderen weg sind, kommt sie langsam auf mich zu. Sie mustert mich einen Augenblick lang nachdenklich und sagt dann:

Me, because of you. (girlxteacher)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt