16) Verrat

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«Sie hat offensichtlich Mühe mit ihr gesehen zu werden-«

«Was ja auch verständlich ist, da sie Lydias Chefin ist.«

«Aber dann müsste sie vielleicht etwas dagegen tun-«

«Soll sie Lydia vielleicht künden?»

«Ich weiss doch auch nicht! Ich finde es nur nicht ok, wie sie zurzeit mit unserer Freundin umgeht.»

«Du tust ja so, als würde sie sie schlecht behandeln, aber hast du Lydia in letzter Zeit mal angeschaut? Sie hat ständig Herzchen in den Augen und wirkt total verlie-«

«Leute bitte!», unterbricht Lydia den Hühnerkampf vor ihren Augen. Tine und Liv versuchen seit gefühlt einer Ewigkeit Argumente zu finden, die Lydia für die eine oder andere Seite gewinnen sollen.

Nach dem Gespräch mit Scarlett war Lydia durcheinander und hatte gehofft, bei Tine und Liv Rat zu finden. Sie halten gerade ihren obligaten Besuch im Trias ab und diskutieren des Langen und Breiten Lydias Situation. Allerdings fühlt sich Lydia nicht wie erhofft gescheiter, sondern eher noch ratloser.

Tine und Liv könnten nämlich unterschiedlicher Meinung nicht sein.

Während Liv nach anfänglichem Misstrauen mittlerweile Fan von Cecile geworden ist, findet Tine, dass Lydia jemanden braucht, der sie an der Hand nimmt (wortwörtlich) und erhobenen Hauptes neben ihr durchs Leben schreitet.

«Ihr macht mich noch ganz wahnsinnig mit euren Pro- und Kontraargumenten für Cecile. Eigentlich wollte ich nur wissen, was ihr an meiner Stelle tun würdet. Soll ich das Gespräch mit ihr suchen, um herauszufinden, ob sie sich eine gemeinsame Zukunft vorstellen kann? Mit dem Risiko, dass sie sich bedrängt fühlt und alles beendet... Oder soll ich einfach die Zeit geniessen – mit dem Risiko, dass ich verletzt werde, weil ich je länger, je mehr Gefühle entwickle?»

Liv und Tine glotzen Lydia hinter ihren Cocktailgläsern entgegen. Tine hat ihre Augen zu Schlitzen verengt, während Liv an ihrem Strohhalm kaut.

«Ich finde das wirklich eine schwierige Frage-«

«Ja es ist fast unmöglich für uns, das zu beantworten.»

Lydia stösst einen Seufzer aus. Wahrscheinlich wäre sie besser gefahren, wenn sie ihren Mitbewohner Paul um Rat gefragt hätte.

Als die drei erkennen, dass sie auf keinen gemeinsamen Nenner kommen und Lydia keinen Schritt weiter ist, haken sie die «Akte Steiner», wie Tine das Thema gerne nennt, ab und widmen sich stattdessen Livs neuem Schwarm Milow.

Seit ihrem schicksalshaften Zusammentreffen im Park haben sie sich ein paarmal getroffen und Liv hat sich Hals über Kopf verliebt. Milow scheint ebenfalls Gefühle zu haben, doch da er schon bald wieder in seine Heimatstadt London zurückkehren wird, sieht sie sich plötzlich in einer ähnlichen Situation wie Lydia.

Es ist verworren.

So ganz nebenbei und fast mit einem schlechten Gewissen, lüftet Tine später das Geheimnis, dass sie und ihr Freund heiraten werden. Nach einem Heulanfall aller drei, liegen sie sich in den Armen und bestellen eine Runde Champagner zur Feier des Abends.

Trotz der grossen Fragezeichen, mit denen sich Lydia und Liv konfrontiert sehen, feiern sie noch ausgiebig und freuen sich von Herzen für Tine und ihren Verlobten.

***

Am nächsten Morgen tendiert Lydia zu der Einstellung, dass sie die Zeit mit Cecile geniessen, und alles Weitere auf sich zukommen lassen will. Es ist zu schön, um etwas daran zu ändern, geschweige denn zu forcieren.

Die AnwältinWo Geschichten leben. Entdecke jetzt