Ein paar Jahre später...Als Cecile den Wagen in der Tiefgarage abstellt, ist sie noch in Gedanken an die Arbeit versunken. Erst nachdem sie mit dem Fahrstuhl nach oben fährt und in den Flur tritt, setzt bei ihr das Gefühl von Wochenende ein, dafür aber unwiderruflich. Der Grund ist der betörende Duft nach selbstgekochtem Essen, der durch die Wohnungstür zu ihr dringt.
Beim Öffnen der Tür, fällt ihr Blick auf das danebenhängende Namensschild.
C. + L. Steiner
Jedes Mal, wenn sie es sieht, erfüllt sich ihre Brust mit Stolz. Heute aber ganz besonders.
Der Duft intensiviert sich, als sie eintritt und ihre Jacke aufhängt. Es riecht verdächtig nach ihrem Lieblingsessen, aber sie will sich noch nicht zu grosse Hoffnungen machen. Im Hintergrund spielt Musik, der grosse Esstisch ist gedeckt und er erscheint besonders einladend im Kerzenschein.
Cecile wirft einen Blick in die offene Küche und wird von einem strahlenden Gesicht willkommen geheissen.
«Tut mir leid, dass ich heute so früh gegangen bin», entschuldigt sich Lydia. «Aber es hatte seine Gründe.»
Cecile geht auf sie zu, während Lydia zwei Gläser Wein einschenkt. Überall stehen dampfende Töpfe und Gefässe, in denen sich Köstlichkeiten verstecken und Ceciles Hunger mit einem Schlag erwecken.
«Das macht doch nichts», entgegnet sie mit einem Lächeln. Als sie hinter dem Herd ankommt, legt sie ihre Hand an Lydias Rücken und nimmt das Glas entgegen.
«Alles Gute zum Hochzeitstag», gratuliert Lydia glücklich und mit geröteten Wangen, während ihre Weingläser einen edlen Klang erzeugen.
Sie küssen sich zärtlich, woraufhin Cecile feststellt, dass sie in der letzten Woche viel zu wenig voneinander hatten.
«Das wünsche ich dir auch», haucht sie gegen Lydias Lippen und drückt ihr einen weiteren Kuss auf die Wange. Für eine Weile schauen sie sich verliebt wie am ersten Tag in die Augen, bis der Duft und das Knurren in Ceciles Magen kaum mehr auszuhalten sind.
«Ich kann dir nicht sagen, wie sehr ich mir dieses Essen gewünscht habe», gibt Cecile zu. Sie setzt sich an die Kücheninsel, um beim weiteren Entstehen des Menüs zuzusehen. Lydia zwinkert ihr zu. Sie schneidet gerade eine Ananas für das Dessert und stellt sich dabei äusserst geschickt an.
«Wie ist sie denn so?», will Cecile nach einer Weile wissen.
«Was? Die Ananas?»
«Nein... deine Frau.»
Lydia hebt grinsend eine Augenbraue, lässt sich aber nicht aus der Konzentration bringen.
«Ach so. Nun ja, sie hat was im Köpfchen, sieht passabel aus...» Kurz hält sie inne und tut so, als müsste sie überlegen. «Und sie ist wahnsinnig gut im... Beruf.» Cecile lacht und hebt anerkennend ihr Glas, bevor Lydia weiterfährt. «Spass bei Seite. Sie ist der schönste Mensch, der mir je begegnet ist und ich werde für immer zu ihr aufsehen.»
Cecile kann nicht anders als verlegen den Kopf zur Seite zu legen.
«Das hast du schön gesagt. Aber die Komplimente kann ich nur zurückgeben. Und ich danke dir dafür, dass du meinem eintönigen Leben so viel Farbe geschenkt hast.»
Sie schauen sich an und fast müssen sie laut lachen.
«Du meine Güte, jetzt werden wir aber poetisch, fast schnulzig», stellt Lydia fest.
«Du hast Recht – bitte sag schnell etwas Unromantisches!»
«Oh ok... du...» nach Worten ringend, gestikuliert Lydia mit dem Messer in der Hand. «Du kannst überhaupt nicht kochen!»
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Die Anwältin
Roman d'amourEine Anwältin und ihre Sekretärin können sich gegenseitig nicht leiden bis am Abend eines Sommerfests und nach etwas zu viel Wein die Wahrheit rauskommt. Wie werden die beiden mit den aufkeimenden Gefühlen umgehen?