Eine Entscheidung, unzählige Konsequenzen

1.8K 63 7
                                    

Anastasia hatte sich in der Stadt absetzen lassen, weil sie nach Hause spazieren wollte, wenigstens um einen klaren Kopf zu bekommen, über diese ungeahnten Wendungen.

Sie wusste nicht, was sie machen sollte. Einerseits würde sie das Praktikum gerne antreten, da es sich um eine vielversprechende Kanzlei handelte, andererseits wollte sie sich nicht ewig vorhalten lassen müssen, dass sie  hinterhältig eine Stelle erworben hatte.

In ihren Augen war es nicht hinterhältig, aber natürlich wusste sie, wie es für Grey aussehen musste.

Und mit wem würde sie darüber reden können? Im Grunde genommen niemandem, weil jeder ihr sagen würde, dass sie das Praktikum machen sollte, oder?

Selbst da war sie sich nicht sicher.

Greys charmante Ader war wie weggeblasen gewesen, als er sie erkannt hatte und sich in irgendeiner Form ertappt fühlte.

Sicher, sie war in seine Familie vorgedrungen, ohne es zu wissen. Und da seine Angebote mit einer gewissen Gefälligkeit verknüpft gewesen waren, wollte sie sich jetzt nicht jedes Mal damit konfrontiert sehen, in dem sie in die Augen seiner Mutter schaute.

Der ganze Spaziergang durch die Stadt hatte ihr überhaupt nichts gebracht, sie war keinen Schritt weiter und am Ende wirklich bereit, das Praktikum zu verschieben und eben noch ein Semester zu warten und es erneut zu versuchen, bevor sie sich dem ewigen Vorwurf ausgesetzt sah, absichtlich diese Kanzlei kontaktiert zu haben.

Auch wenn es wirklich unwahrscheinlich war. Woher auch hätte sie wissen sollen, dass seine Mutter eine Anwältin war, die fast unentdeckt arbeitete und dann noch in einem Vorort von Seattle?

Die nächsten Tage waren nicht besser, sie besuchte die Uni, war abweisend zu Kate, was nicht wirklich neu für sie war und ging Freitags Nachmittags wieder ins Antiquariat arbeiten.

Als sie den Laden betrat, saß Meander mit einer Pfeife im Mund in einem Sessel am Schaufenster und las ein sehr alt aussehendes Buch.

Lächelnd winkte sie ihm. „Hey, Herr Meander. Alles gut bei Ihnen?"

Eine Weile starrte er sie an, bevor er das Buch weglegte und auf den Sessel neben sich deutete.

„Setz dich Anastasia, während ich uns einen Tee aufschütte, mh?"

Verwirrt blieb sie wie angewurzelt stehen und runzelte die Stirn.

„Ich habe immer noch viel zu tun, die Katalogisierung des Obergeschoßes habe ich doch gerade erst begonnen..."

Milde lächelnd stand der alte Mann auf, paffte an seiner Pfeife und winkte ab, während er an ihr vorbeischlurfte.

„Papier ist geduldig, Anastasia. Setz dich."

Nach ein paar Minuten kam er mit einem Tablett wieder und stellte es auf den kleinen Beistelltisch ab, während Anastasia die Bücher, die sie angeschaut hatte, wieder zur Seite legte.

Er schenkte ihr Tee ein, es gab Zucker, Candis, Zitrone, Honig, alles was man so für einen Tee verwenden konnte.

Paffend schaute Meander aus dem Fenster und nippte dann an seinem Tee.

„Schau dir die Leute an." Begann er. „Was siehst du auf ihren Gesichtern?"

Immer noch verwirrt schaute Anastasia kurz raus, in die kleine Seitenstraße, die nicht so wirklich belebt war.

„Sie bezahlen mich doch nicht, damit ich aus dem Fenster starre und ihnen erzähle, was ich da für Menschen sehe? Das schaffen sie auch alleine!" Beharrte sie.

Shades of Grey - SilbergrauWo Geschichten leben. Entdecke jetzt