Kapitel 19

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Nachdem die Wandler verschwunden waren, fuhr Cassie ans College. Ihr Prof wollte sie wegen einer Sache sprechen. Auf dem Weg grübelte sie über den möglichen Grund nach. Hatte er erfahren, dass es zu mehreren Zwischenstößen zwischen den Rudeln in der Stadt gekommen war, und wollte er sie nach ihrer Meinung fragen? Das schien ihr eine logische Erklärung. Geduldig wartete sie vor seinem Büro, bis er sie hereinrief.

Den Grund erfuhr sie schnell. „Wie bitte?" Cassie schaute ihren Professor fassungslos an. „Sie ziehen mich von der High-School ab? Aber warum?"

„Es ist eine anonyme Drohung eingegangen, die wir hier am College sehr ernst nehmen. Obendrein ist mir zu Ohren gekommen, dass du gestern auf dem Weg nach Hause angegriffen wurdest. Es ist zu deinem Besten, dich von deinen Aufgaben am College abzuziehen. Ich möchte nicht, dass dir etwas passiert." Er drückte väterlich ihre Schulter. „Du bist die beste Studentin seit einer langen Zeit und ein wundervoller Mensch. Ich habe einen Kollegen kontaktiert. Wenn du möchtest, könntest du deine Ausbildung bei ihm am College beenden."

Cassie schluckte schwer, beeilte sich dann, ihrem erwartungsvoll schauenden Professor eine Antwort zu geben. „Danke, ich werde darüber nachdenken." Einen Abschiedsgruß stammelnd verließ sie fluchtartig das Büro. Sie eilte den Gang entlang und stoppte erst, als sie den Ausgang erreichte. Draußen angekommen ließ sie sich auf eine Bank sacken und schlug die Hände vors Gesicht. Stumme Tränen rannen über ihre Wangen.

Eine Weile saß sie so da. Dann straffte sie die Schultern und stand auf. „Möchte mal wissen, wer mir den Schlamassel eingebrockt hat." Hatte Dark Woods die Drohung ausgesprochen, um sie wegzuekeln? Hatte Sean das College gewarnt, damit ihr nichts passierte? Oder hatte Black Moon da seine Pfoten im Spiel? Cassie traute es durchaus Cayden zu, dass er sie auf diese Art schützen wollte. Immerhin hatte der Angriff ihn fast das Leben gekostet.

Ihre Gedanken wanderten zu dem Alphawolf ab. Nathaniels Verhalten war ihr noch immer ein Rätsel, vor allem sein fluchtartiger Aufbruch. Sein Wolf hatte ihre Nähe genauso genossen wie sie seine, doch der Mann schien dessen Meinung nicht zu teilen. Sie hatte den Schreck, die Verwirrung in seinem Blick gesehen. Überrumpelte es ihn, dass sie seine neue Gefährtin war? Anders konnte sie es sich nicht erklären.

Sie schlang die Arme um ihren Körper, wanderte auf dem Rasen auf und ab. Wenn sie das Angebot des Professors annahm, ließ sie nicht nur Reyna im Stich, sondern auch ihren Mate. Sie seufzte leise. Nur Rey war wichtig. Nath würde sie ablehnen, weil sie keine Wölfin hatte und es für sie lebensbedrohlich war, mit einem Wandler zusammen zu sein. So sehr sie sich danach sehnte, in seinen Armen zu liegen, so gefährlich war es für sie.

„Ich sollte wohl langsam mal zum Unterricht gehen", murmelte sie niedergeschlagen. Sie schleppte sich zum Unterrichtsgebäude und hörte teilnahmslos den Lehrenden zu. Grübelnd machte sie sich einige Notizen. Wenn Nath sie abwies, wovon sie ausging, und wenn Reyna sich bei Noah geborgen fühlte, würde sie nach der Ausbildung der Stadt den Rücken kehren. Irgendwo fern der Heimat ein neues Leben anfangen.

Der Tag zog sich in die Länge. Am späten Nachmittag, nach der letzten Unterrichtsstunde, schaltete sie ihr Smartphone ein. Vier Nachrichten von Reyna, die ihr berichtete, dass Noah bei ihr zu Besuch war. Cassie schmunzelte. Ihre Freundin schien den Wandler zu mögen, so begeistert, wie sie von ihm schrieb. In der letzten Textnachricht erzählte sie, dass sie Noah gefragt hatte, ob er sich vor ihr wandeln wollte. Cassie atmete scharf ein. Sie hatte ein verdammt mieses Gefühl bei der Sache. Sollte sie lieber vorbeigehen, um Rey im Notfall beruhigen? Sie schlug gerade die Richtung ein, als das Smartphone klingelte. Reynas Nummer blinkte auf.

„Hey Rey, habe gerade an dich gedacht", begrüßte sie die Freundin.

„Cassie, bitte komm sofort her." Noah klang ratlos. Im Hintergrund wimmerte jemand.

Die verschmähte MateWo Geschichten leben. Entdecke jetzt