Kapitel 34

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„Wo fährt Cassie mit meiner Mate hin?" Noah gesellte sich zu Nathaniel und starrte ebenfalls dem davonrauschenden Fahrzeug hinterher.

„Sie wollten noch etwas aus ihren Wohnungen holen. Für beide kam der Aufenthalt bei uns etwas plötzlich." Nath vermied es, den Freund anzusehen. Denn egal, wie er es betrachtete, war es doch ein Fakt, dass er ihm die Gefährtin nahm. So wie er seine Eigene verstoßen hatte.

Cassie. Sein inneres Tier winselte verzweifelt bei dem Gedanken an die wunderschöne und liebevolle Alphawölfin. Er hatte sie mit seiner Tat verletzt, sie vor den Kopf gestoßen. Doch was hätte er sonst unternehmen können? Sämtliche Gespräche mit Noah waren im Sande verlaufen. Der Gamma weigerte sich, seine Mate aufzugeben. In der festen Überzeugung, ihr über ihre Angst hinweghelfen zu können. Doch so funktionierte es bei einem schweren Trauma wie dem ihrigen nicht. Einzig Cassie war dazu in der Lage, fernab des Rudels, wo Rey nicht ständig mit den unterschiedlichsten Wandlern konfrontiert wurde. Nath war sich dessen bewusst, dass sein Wolf die zwei Frauen niemals hätte ziehen lassen, um weit entfernt von ihm die Ängste zu beseitigen.

„Hörst du mir überhaupt zu?" Noah stieß ihn gegen die Schulter.

„Entschuldige, ich war gerade in Gedanken." Nathaniel schüttelte den Kopf, wie um ihn freizubekommen.

„Denkst wohl schon daran, wie es ist, unsere Luna zu markieren und ihr zu beweisen, dass sie nur zu dir gehört." Der Freund grinste breit, dann seufzte er. „Wenn Reyna doch nur endlich ihre Angst überwindet, damit ich sie einfach nur in den Armen halten kann und sie sich vertrauensvoll an mich kuschelt. Sie versteht nicht, dass ich ihr nie etwas antun würde."

„Das Trauma sitzt tief. Gib ihr Zeit." Dass Noah gar keine andere Wahl, als abzuwarten hatte, verkniff er sich. Vielleicht kehrten die Frauen nie wieder heim. Verscheucht durch die Männer, die ihnen von der Mondgöttin zur Seite gestellt worden waren.

„Du hast ja recht." Der Gamma zwang sich zu einem Lächeln. „Sehen wir uns heute Abend zu viert bei mir einen Film an? Wenn Reyna Zeit mit mir verbringt und Cassie dabei anwesend ist, klappt es bestimmt schneller, dass sie sich an meinen Wolf gewöhnt."

„Können wir gerne machen." Nath zuckte innerlich zusammen. Sein Verhalten gehörte sich nicht für einen zukünftigen Rudelführer. Man belog nicht seine Rudelmitglieder. Und doch ging er diesen Weg, statt die Wahrheit zu erzählen. „Entschuldige mich bitte. Ich habe noch etwas zu erledigen." Eilig verschwand er in seinem Elternhaus. Stille empfing ihn. Sein Vater und Bruder waren auf dem Gelände unterwegs. Einzig das Ticken der Wanduhr war zu hören. Nath atmete tief durch. Sein Inneres krampfte sich schmerzhaft zusammen. Nicht nur sein Wolf litt.

„Nathaniel."

Die sanfte Stimme seiner Mutter weckte ihn aus seiner Lethargie. Er drehte sich zu ihr um.

Die Luna stand am Durchgang zum Wohnzimmer und betrachtete ihn ausgiebig. „Was quält dich, mein Junge?"

„Es ist nichts, Mama", winkte er ab. Verriet er, dass er Cassie weggeschickt hatte, würde sein Vater Wandler losschicken, um sie aufzuhalten. Zu wenig Zeit für sie und Reyna, um die Koffer zu packen und die Stadt zu verlassen. Er presste die Kiefer aufeinander. Ohne Wissen, wohin sie fuhren, würde er keinen Kontakt mit ihnen aufnehmen können. Es war besser so, redete er sich ein, obwohl sein Herz ächzte.

„Und warum siehst du dann aus wie ein Welpe, dem man sein liebstes Spielzeug genommen hat?", hakte seine Mutter nach.

„Ich mache mir Sorgen wegen Noah und seiner Mate", lenkte er das Gespräch auf ein Thema, das ihn tatsächlich beschäftigte.

„Sie fürchtet ihn enorm." Die Luna seufzte. „Ich weiß ehrlich gesagt nicht, wie ihr das lösen wollt. Der Angriff des Hundes hat sie schwer traumatisiert."

Die verschmähte MateWo Geschichten leben. Entdecke jetzt