Kapitel 23

2.9K 176 17
                                    


Verschlafen schaute Cassie Nathaniel hinterher, der zum Badezimmer lief. Weder hatte er sie markiert noch sie anderweitig bedrängt. Eng an ihn gekuschelt war sie eingeschlafen. Mit einem Gefühl von Sicherheit, das sie zuvor nicht gekannt hatte. Demnach kein Wunder, dass sie völlig entspannt auf seiner Brust liegend aufgewacht war. So gut hatte sie nur als Kleinkind in den Armen ihrer Mutter geschlafen.

„Bevor ich es vergesse." Nathaniel drehte sich noch einmal zu ihr um. „Keine Alleingänge. Ich will nicht, dass du ohne Schutz das Territorium deines Vaters betrittst. Ich traue euren Jungwölfen nicht."

„Sind nicht meine", brummte Cassie und gähnte laut. „Die gehorchen blindlings ihrer Luna, der falschen Schlange." Sie würde das Rudel von Dark Woods nie wieder als ihr Eigenes bezeichnen.

„Ich hörte, dass dieser Cody keine gute Meinung von ihr hat."

„Seans kleiner Bruder. Seine Großmutter verachtet die zweite Frau meines Vaters und überträgt das auf ihre Enkel."

„Scheint eine kluge Frau zu sein. Ich geh erst mal duschen. Stell du mir in der Zwischenzeit nichts an."

Nachdem Nath verschwunden war, schälte Cassie sich langsam aus der Decke. Wenn er glaubte, sie würde ihn zu ihrem ehemaligen Rudel mitnehmen, täuschte er sich. Erst würde sie ohne Zuhörer mit ihrem Vater sprechen. Unter vier Augen. Eilig zog sie ihre Klamotten über, die fein säuberlich auf dem Schreibtischstuhl lagen. Die Luna hatte die Sachen gewaschen und nach dem Trocknen ins Zimmer ihres Sohnes gelegt. Ohne groß Worte zu verlieren, wie sie sich doch für ihre Familie aufopferte, so wie Cassie es von ihrer Stiefmutter kannte.

Sie lächelte versonnen. Jeder normale Alphawolf hätte die Situation, mit seiner Gefährtin allein zu sein, ausgenutzt. Nicht so Nathaniel. Seine Willensstärke gefiel ihr, war sie doch ein Zeichen, dass er sich nicht nur von seinen Instinkten leiten ließ. Einzig, wenn ihr Leben in Gefahr nahm, brach sein Wolf mit Gewalt durch, um sie zu schützen. Daher war es ihr auch wichtig, dass sie allein nach Dark Woods zurückkehrte. Ihr Vater würde Nathaniel als Bedrohung ansehen, jetzt wo ihre Wölfin sich ohne die Tabletten bemerkbar machte.

Ein tiefes Grollen entwich ihrer Kehle. Erschrocken sah sie hoch, hielt nach Nath Ausschau. Hatte er es womöglich gehört? Oder jemand anderes in der Familie? So leise wie möglich schlüpfte sie in ihre Schuhe. Es wurde Zeit, nach Hause zu kehren. Je eher sie mit ihrem Vater sprach, desto besser. Auf Zehenspitzen lief sie zur Tür, legte die Finger an den Türrahmen und linste um die Ecke.

„Wo willst du hin? Du wirst nicht weglaufen." Der Alphatonfall, der sie sonst hätte innehalten lassen, irritierte sie. Es missfiel ihr, dass erneut jemand versuchte, ihr Handeln mit seinem Rang im Rudel zu beeinflussen. Sie fuhr herum, knurrte warnend. „Ein guten Morgen hätte auch gereicht", brummte Cayden. „Kommst du mit frühstücken? Weil Nath dich endlich mitgebracht hat, gibt es heute bestimmt Pancakes. Etwas Süßes für die Süße meines Bruders. Das wird sich meine Mutter nicht nehmen lassen."

Cassie zögerte. Verriet sie ihm, dass sie das Territorium von Black Moon ohne Begleitung verlassen wollte, informierte er sofort per Mindlink seinen Bruder oder seinen Vater. Ein Risiko, dass sie besser nicht einging. Auch so erwartete sie Probleme, wenn sie sich hinüber ins Niemandsland schlich.

„Hat die Nacht mit meinem Bruder dir die Stimme geraubt? Habe gar nicht mitbekommen, dass ihr euch vergnügt habt." Der Jungwolf legte den Kopf schief.

„Wir haben nur geredet, wenn es dich beruhigt", gab sie achselzuckend zurück.

„Wundert mich, dass er sich beherrschen konnte." Er beugte sich vor, roch an ihrem Hals. „Dauert nicht mehr lange und deine Wölfin wird versuchen, durchzubrechen. Du riechst herrlich."

Die verschmähte MateWo Geschichten leben. Entdecke jetzt