Ich kann nicht sagen wie lange ich wie angewurzelt hier stehe. Jedenfalls fehlt von Mattéo und Kiko jede Spur. Na vielen Dank auch! Jetzt bin ich mit meinem Entführer allein. Ob die beiden wissen, dass ich Angst vor dem Mann hier vor mir habe?
"Willst du dir noch die Beine in den Bauch stehen oder setzt du dich lieber an den Tisch?", unterbricht der Alpha, sichtlich amüsiert, die Stille. Kaum hat er das gesagt, geht er auf einen der beiden gedeckten Plätze zu und setzt sich hin.
Ohne was zu sagen, tue ich es ihm gleich, sodass ich nun direkt neben ihm sitze. Wie ich heute morgen schon bemerkt habe, ist der Tisch riesig, sodass bestimmt 50 Leute Platz hätten und trotzdem muss ich so nah bei diesem Monster sitzen. Ja schon klar, die anderen sind auch nichts anderes als er, aber dieser Mann neben mir ist ihr Anführer und hat mir all das Leid angetan, auch wenn Ally das anders sieht.
Während ich meine Gedanken schweifen lasse, starre ich durchgehend auf das Stück Lasagne auf meinem Teller, jedoch ohne dieses zu essen. Mir ist es einfach viel zu unangenehm mit dieser Person an meiner Seite. Zum Einen, weil er mich durchgehend beobachtet.
"Willst du denn gar nichts essen? Ich dachte das ist dein Lieblingsessen", spricht mich der Alpha an und stochert in seinem Stück Lasagne herum ohne einen Bissen zu nehmen.
Um ehrlich zu sein, weiß ich gar nicht was ich antworten soll. Seine Worte klingen vorwurfsvoll und abwertend."Wenn ich mit dir rede, dann antworte gefälligst auch! Haben wir uns verstanden?"
Langsam wird er immer wütender, anscheinend hat er einen schlechten Tag gehabt oder ist immer so drauf. Immerhin hat er mich gestern ja auch auf den Boden geschmissen, als wir noch bei meiner Oma waren. Dieser Drecksack!"Ja, ich habe Sie verstanden Mr. Bloodmoon. Guten Appetit", antworte ich eingeschüchtert und fange sofort an das Besteck in die Hand zu nehmen und zu essen. Ich will ja nicht, dass er noch wütender wird.
"Du brauchst mich nicht zu siezen. Nenne mich Jared. Das reicht vollkommen."
Verstehend nicke ich kurz und widme meine volle Aufmerksamkeit dem Essen. Eine Weile lang spricht keiner von uns auch nur ein Wort mit dem anderen. Ich habe noch nie ein so unangenehmes Abendessen mit jemandem gehabt."Was genau war das nochmal? Ich muss ehrlich zu geben, das kann man ab und zu auch mal essen", fragt er mich neugierig, was mich aber sehr wundert. Er lebt schon viel länger als ich hier auf der Welt und weiß nicht was eine Lasagne ist. Wovon hat sich dieser Kerl all die Jahre lang eigentlich ernährt?
"Das war eine Lasagne"
"Ahh eine Lasagne. Ist auf jeden Fall mal was anderes als rohes Fleisch"
"Rohes Fleisch?", rutscht es mir neugierig raus. Mist. Eigentlich habe ich gar keine Lust auf eine Unterhaltung mit diesem Jared.
"Ja. Ich bin der Alphawolf, ich jage mein Essen und verspeise es dann genüsslich im Wald" dabei grinst er psychopathisch.
"Aber nun wo du endlich bei mir bist, werde ich mich ebenfalls wie die anderen Wölfe, die sich an die menschlichen Bedürfnisse und Verhaltensweisen angepasst haben, ernähren. So kann ich auch mehr Zeit mit dir zusammen verbringen"
"Das müssen Sie, ich meine... das musst du nicht extra machen. Ich komme auch alleine klar.", versuche ich diesen Verrückten abzuwimmeln. Das klappt aber leider nicht ganz so leicht..."Meine Entscheidung ist schon gefallen. Ab sofort passe ich mich an meine Mate an und dasselbe erwarte ich auch von ihr" - dabei sieht er mich eindringlich an. Er will sich mir anpassen und ich soll mich ihm anpassen? Das kann er vergessen. Ich bin ja nicht mal freiwillig hier und er ist der Grund für den Tod meiner Mutter, zumindest gehe ich stark davon aus, weil ich mir sonst keine andere Alternative vorstellen kann. Da tue ich ihm sicherlich keinen einzigen Gefallen.
"Also, warum trägst du so langweilige, hässliche Menschensachen?", fragt er mich und klingt dabei streng.
"Die Sachen sind nicht hässlich, sie sind viel besser als das was ich sonst noch zur Auswahl hatte. Darin wäre ich ja erfroren...", antworte ich ihm ehrlich.
"Die Sachen, die dir dein Zimmermädchen in Zukunft bringt, ziehst du an. Das ist keine Bitte, sondern ein Befehl. Außerdem war es auch eigentlich nicht geplant, dass du heute schon raus darfst und dich das halbe Rudel sieht", meckert Jared mich an. Er führt sich so auf als wäre er mein Vater. Das lasse ich mir aber ganz sicher nicht gefallen."Mit den Sachen sehe ich aus wie eine Nutte. Außerdem bin ich nicht dein Haustier was du rum kommandieren kannst!", versuche ich meine Rechte zu verteidigen, aber wie ich es schon geahnt habe, sind hier Menschenrechte ein Fremdwort.
"Ja ganz genau, du siehst damit aus wie eine Nutte, meine ganz persönliche Nutte! Jeder der dich sieht, wird neidisch werden, da du ganz allein mir gehörst Neyla! Und deshalb hast du auch zu tun und zu lassen was ich dir sage! Hast du das Verstanden?", schimpft mich der Alpha in einem so gefärhlichem Ton, sodass ich ihn ägnstlich anstarre. Er hat mir sozusagen ins Gesicht gesagt, dass ich sein Spielzeug sei mit dem er alles machen kann was er will..."OB DU DAS VERSTANDEN HAST, HABE ICH GEFRAGT!!!", brüllt mich das Monster vor mir an. Durch meine innere Panik, schaffe ich es lediglich kurz zu nicken.
"Du hast noch sehr viel zu lernen, kleine Mate"Ich habe bis eben gar nicht bemerkt, dass ich durch seinen Wutanfall angefangen habe zu weinen. Er macht mir verdammt Angst. Am liebsten würde ich ihm tausende blöde und beleidigende Kommentare an den Kopf werfen, aber es ist als wäre meine Persönlichkeit ausgewechselt worden. Ich gebe keinen Mucks von mir und gehorche diesem Arschloch.
Ängstlich drehe ich meinen Kopf von ihm weg und schaue zu der Tür, die in die Küche führt. Ob Mattéo oder Kiko den Streit mitbekommen haben? Bestimmt. Der Typ war so laut, dass hätte auch ein Mensch gehört, der taub ist. Das muss also bedueten, dass mich alle hier im Stich lassen und die Freundlichkeit von den Personen hier nur so lange anhält, wenn alles gut ist. Bei Schwierigkeiten bin ich auf mich allein gestellt.
Daran muss ich mich wohl gewöhnen.Immer mehr Tränen finden den Weg hinab über meine eh schon nassen Wangen. Langsam kann ich mir ein Schluchzen nicht mehr unterdrücken. Ich fange bitterlich an zu weinen und das alles noch vor der Person, die dafür verantwortlich ist.
Na toll, jetzt zeige ich hier auch noch meine Schwächen..."Wieso weinst du?"
Wieso ich weine?! Fragt mich dieser Mistkerl ernsthaft, wieso ich weine?! Anscheinend gibt es hier so manches wovon der Typ noch nie etwas gehört hat, darunter auch Empathie! Aus meiner Trauer wird Wut. Ich kann mich nicht mehr zurückhalten ihm alles an den Kopf zu knallen, was mich in den letzten Tagen beschäftigt hat...Und so beginnt meine Schimpftirade: "Wieso ich weine? Ist das dein Ernst? Du hast mein gesamtes Leben zerstört. Du bist dafür verantwortlich, dass meine Mutter tot ist und ich eine Mörderin wurde und genauso bist du dafür verantwortlich, dass mein Vater bereit war mich zu verkaufen, zu verschenken oder was auch immer ihr vereinbart habt. Du bist Schuld daran, dass meine Mutter von hier fliehen musste und ich so meine Oma nie richtig kennengelernt habe. Nachdem ich das wiederum endlich tun durfte, hast du mich entführt um wieder ein Opfer zu bekommen. Ihr Wölfe seid getsörte Hunde, die unser Dorf angreifen um uns ins Chaos zu stürzen. Ich kann jetzt nicht mal bei der Beerdigung meiner Mutter dabei sein, geschweige denn ihr Grab sehen. Ich werde ja hier von dir gefangen gehalten für den Rest meines Lebens und ich hoffe das ist nicht mehr lang. Es lohnt sich kein bisschen mehr für mich weiter zu leben. Denn ein Leben bei einem gestörten Monster, wie dir, will ich nicht!!!"
Anfangs schreie ich förmlich alles aus mir raus und zum Ende hin werde ich immer leiser, damit ich die aufkommenden Tränen irgendwie zurückdrücken kann.
Wütend schaue ich in die Augen des Alphas. Ich hoffe irgendeine Reaktion aus ihnen lesen zu können, aber daraus wird nichts. Sein Blick ist kühl und lässt es nicht zu, dass ich erkenne woran er gerade denkt.Nach einiger Zeit rührt er sich endlich wieder. Er springt von seinem Stuhl auf, schnappt sich seinen Teller und feuert ihn, knapp an meinem Kopf vorbei in die Ecke des Raumes.
Zumindest weiß ich jetzt, dass er stinksauer ist.Mit schnellen Schritten kommt er auf mich zu und zerrt mich auf die Beine. Ruckartig haut er mich gegen die Wand, ohne mich loszulassen, dabei kommt er mit seinem Gesicht gefährlich nah an meines.
"Ich bin stinksauer Neyla! Es ist eine Schande, dass du so über mich denkst. Aber wie du willst, wenn du mich eh schon so siehst, wie ein wildgewordenes Tier, dann bringt es auch nichts dir das Gegenteil zu zeigen."Mit diesen Worten lässt er mich los und verlässt den Raum. Verwundert blicke ich ihm nach, jedoch nicht all zu lang, da mir auf einmal schwindelig wird und ich mein Gleichgewicht nicht halten kann, weswegen ich nun in mitten der Scherben auf dem Boden liege und langsam das Bewusstssein verliere.
Nach wenigen Sekunden der Schmerzen umgibt mich eine schwarze leere Hülle...
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Des Alphas Vertrag
WilkołakiDie besonders lebensfrohe Neyla führt ein glückliches und erfülltes Leben. Dies soll sich jedoch ab ihrem 17 Lebensjahr schlagartig ändern. Der unvorhergesehene Tod ihrer Mutter erschüttert sie zu tiefst und zieht für Neyla eine lange trostlose, woh...