Kapitel 11

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Der Direktor war mir schon immer suspekt. Er wirkte bei unserem ersten und einzigen Gespräch zwar freundlich, aber er ist der Leiter dieser Universität mit diesen unmenschlichen Regeln. Und je mehr ich über die Uni erfahre, desto suspekter wird er mir. Jemand, der solche Regeln befürwortet und vielleicht sogar selbst aufgestellt hat, kann gar nicht freundlich sein. Nach dem ersten Gespräch dachte ich, dass ich das System komisch finde, aber wenn Jimin zu ihm „keinen guten Draht" hat, ist es zu 150% sicher, dass er kein guter oder freundlicher Mensch ist. Jimin hat nämlich eine geniale Menschenkenntnis und hat sich, meines Wissens nach, noch nie in einer Person getäuscht. Wenn ich so darüber nachdenke, ist das eigentlich ziemlich gruselig. Das geht mir auf dem Weg zur Uni so durch den Kopf.

Normalerweise ist die Uni ja schon ziemlich leer, aber die gähnende schwarze Leere, die sich jetzt vor mir erstreckt, ist wirklich eine neue Stufe von leer. Keine Menschenseele ist zusehen, was ja aber von dem 25. Dezember auch zu erwarten war, trotzdem ist es gruselig. Ich gehe trotz meiner Bedenken in den 3. Stock, wo das Direktorbüro liegt.

Ich stehe jetzt vor der Bürotür, zögere aber zu klopfen. Eigentlich will ich ja gar nicht hier sein. „Worauf wartest du, Sonya-ssi?", fragt plötzlich eine Stimme hinter mir, weshalb ich mich ruckartig umdrehe.

Hinter mir steht der Direktor in einem schwarzen enganliegenden Anzug, einem weißen Hemd darunter, bei dem die oberen beiden Knöpfe offenstehen und seine Haare sind nach oben frisiert. All das lässt ihn noch jünger wirken, als er sowieso schon aussieht. Ich muss zugeben, dass er nicht schlecht aussieht, auch wenn das komisch ist, dass mein Hirn so etwas denkt.

Vom Aussehen her hätte ich ihn so auf 35 geschätzt, obwohl er vermutlich viel älter ist, da seine Zeit wahrscheinlich auch angehalten wird. Doch er wirkt mit diesem auf freundlich getrimmtes Lächeln und dem listigen Funkeln in den Augen wie ein Raubtier, das seine Beute fixiert.

Er wirkt richtig bedrohlich.

Er öffnet die Tür und bedeutet mir einzutreten. Ich trete also langsam durch die große Holztür und sehe direkt meinen Professor und Frau Choi an einem kleinen Tisch links im Raum sitzen. „Setzt dich doch, Liebes.", sagt Frau Choi lächelnd, wobei ich mir wirklich nicht sicher bin, ob ihr Lächeln echt oder gefälscht ist.

Ich setze mich neben sie auf einen gepolsterten alten Holzstuhl und dann setzt sich auch der Direktor zu uns auf den vierten, noch leeren Stuhl. Die Erwachsenen sehen mich forschend an und der Direktor fragt ziemlich direkt: „Also. Wer ist es, den du dich als siebten Member für deine Gruppe wünschst?" Er legt den Kopf leicht schief und sieht mich fragend an. „Vielleicht können wir dir dabei helfen, das Problem zu lösen, was es auch sein sollte.", ergänzt Frau Choi, im Gegensatz zum Direktor eher zurückhaltend.

„Warum wollen Sie das wissen?", frage ich einfach direkt.

Ich habe keine Lust auf irgendwelche Spielchen. Sie sollen gefälligst Klartext reden.

„Als du mich gebeten hast die sechs für eine Gruppe einzutragen, meintest du, dass du auch die siebte Person wüsstest und dass es für ihn keinen Ersatz geben würde. Selten hatten wir hier jemanden, der eine Gruppe so schnell zusammengestellt hat, wie du und der sich dabei so sicher war wie du. Ich kann mir gut vorstellen, dass du für jeden einzelnen Member deiner Gruppe spezielle Gründe hast, warum du sie ausgewählt hast und warum du dir bei ihnen auch so sicher bist. Genauso sicher wirktest du auch für diesen siebten.", beginnt Frau Choi. Ich weiß nicht so ganz, was das Ganze soll, denn das weiß ich auch selber, aber ich finde erstaunlich, dass sie das so gut durchblickt hat.

Mein Professor ergänzt: „Wir haben uns ja viel darüber unterhalten. Von vornherein hast du die Zahl sieben als Anzahl der Mitglieder für deine Gruppe festgelegt. Doch damals hattest du erst zwei und doch warst du dir so sicher und das hat sich offensichtlich bis heute nicht geändert. Das ist nicht nur beeindruckend, sondern auch sehr ungewöhnlich." Ich sehe ihn gerade einfach nur missbilligend an. Ich werde ihm nie wieder irgendwas erzählen, aber das was er sagt ist ja nicht mal die Wahrheit.

Jungkook ff - Bitte lass es kein Traum gewesen sein Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt