Kapitel 10

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[Iwaizumi PoV by julelicious]

„Das mit uns war ein schöner Traum, aber der ist jetzt zu Ende."

Wie Gift breiteten sich diese Worte die darauffolgenden Tage in meinem Körper aus. Immer wieder sah ich vor meinem inneren Auge, wie Oikawa mit Tränen in den Augen vor mir stand und mit einem Satz alles kaputt machte, bevor es überhaupt etwas richtig Greifbares geworden war.

Die kommenden Tage zogen an mir vorbei, ohne dass ich sie richtig wahrnahm. Emotionslos wanderte ich durch die Gänge, stellte mich bei Besprechungen in den Hintergrund und versuchte so gut es ging Oikawa aus dem Weg zu gehen.

Jedes Mal, wenn ich dann doch durch die Glastür im Tanzstudio einen Blick auf ihn erhaschte, bildete sich ein gigantischer wütender Kloß in meinem Hals und ich musste die Tränen zurück kämpfen, die sich in meine Augen stahlen.

Als ich am dritten Abend nach Oikawas Abfuhr heim kam, waren meine Geschwister schon zu Bett gegangen und ich war froh, mich nicht erneut einer Flut an Fragen, wahlweise zu meinem Job oder meinem mysteriösen Date stellen zu müssen. Meine Mutter stand leise summend an der Spüle und wippte ein wenig mit dem Fuß, als ihr Blick auf mich fiel. „Hajime", flüsterte sie und ihr Gesicht nahm einen besorgten Ausdruck an.

Ich schleppte mich in die Küche und ließ mich laut seufzend auf dem Stuhl nieder, während ich mein Gesicht in meinen Händen vergrub. Ich hörte, wie meine Mutter mir eine Tasse zu schob und sich wortlos neben mich setzte.

Nach einer Weile richtete ich mich auf und zog still die Tasse Tee zu mir, um meinen Händen irgendeine Aufgabe zu geben. Ich spürte den eindringlichen Blick meiner Mutter auf mir ruhen und ich versuchte so gut es ging eine neutrale Miene aufzusetzen. Doch irgendwann durchbrach sie die Stille.

„Wirst du heute mit mir reden? Oder wirst du wieder wortlos in dein Zimmer gehen, wo du deine Wut an deinem Kissen auslässt, so wie die letzten zwei Abende?", fragte sie geradeheraus und ich zuckte ein wenig zusammen. Diese Frau hatte wirklich einen siebten Sinn für solche Dinge.

„Ich weiß nicht, wovon du sprichst", antwortete ich, traute mich jedoch nicht, ihr in die Augen zu blicken. Nur zu gern hätte ich mich ihr anvertraut, doch sie hatte schon genug Arbeit mit meinen Geschwistern, da wollte ich ihr nicht auch noch meine Probleme aufhalsen.

Ich hörte, wie sie schwer seufzte und schaute sie an. Sie hatte die Augenbrauen nachdenklich zusammengezogen und ihren Kopf auf die Hand gestützt. „Du weißt, dass du immer zu mir kommen kannst, oder?", fragte sie und ich nickte. „Danke, aber das ist etwas, was ich allein klären muss", antwortete ich und widmete mich meiner Tasse.

Es war wieder eine Weile still, bis meine Mutter erneut etwas sagte: „Versprichst du mir etwas, Hajime?" Erneut blickte ich in ihre Augen und nickte nach einem kurzen Zögern.

„Du solltest nichts bereuen... egal was es ist, ich möchte, dass du alles versuchst, sodass du nichts zu bereuen hast, okay? Versprich mir das", sagte sie mit fester Stimme und ihre Augen blitzten auf.

Ich schaute sie an und meine Mundwinkel hoben sich automatisch bei ihrem entschlossenen Anblick. Ich konnte mich immer auf meine Mutter verlassen. Für manche schien dieser Satz nicht besonders zu sein, doch mich brachte er direkt auf die richtige Spur zurück. Ich war kein Mensch, der kampflos aufgab. Ich würde einen Weg finden, um zu kämpfen, egal was ich dafür riskieren musste. Ich wollte Oikawa zurück und das nicht nur um meinetwillen, sondern auch um seinetwillen. Er sollte raus aus diesem teuflischen Umkreis und endlich das Leben führen dürfen, was er sich wünschte.

„Ja, ich verspreche es", erwiderte ich leise, aber entschlossen und in mir machte sich mit einem Mal eine vertraute Wärme breit. Sie lächelte mich an und mit ein wenig mehr Zuversicht ging ich an diesem Abend zu Bett.

Beyond the LightsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt