Kapitel 6

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[Oikawa PoV by Unspoken]

Das Publikum tobte, als wir die Bühne endlich verließen und gemeinsam mit den Moderatoren in den Backstagebereich gingen. Ich spürte noch Semis sanfte Berührung an meinem kleinen Finger, die mir geholfen hatte, dieses Schauspiel auf der Couch zu überstehen.

Es fiel mir zunehmend schwerer, in Aokis Gegenwart die Fassade aufrechtzuerhalten und ich fragte mich, was tatsächlich passieren würde, wenn der Schwindel um unsere enge Beziehung aufflog.

Wäre das wirklich das Ende von L1NK? Oder nur das Ende meiner eigenen Karriere?

Ich sah zu Teru und Semi, die neben mir her liefen und sich leise unterhielten. Wir lebten gemeinsam diesen Idol Traum, hatten wir uns doch schon beim Casting zusammen durchgeschlagen. Inzwischen waren die beiden so etwas wie Brüder für mich und ich würde echt alles für sie tun, doch ich spürte einfach, dass ich am Ende meiner Kräfte war.

Ich seufzte leise, als mich jemand plötzlich behutsam am Handgelenk berührte. Erschrocken sah ich zur Seite und entdeckte Iwaizumi, der mich besorgt aus seinen sturmgrauen Augen ansah.

„Hey", raunte er mir zu, nachdem er mich in eine kleine unscheinbare Ecke gezogen hatte. „Alles okay?", fragte er leise und alles in mir schrie förmlich danach, mich wie gestern an seine breite Brust zu kuscheln und mich wieder sicher und geborgen zu fühlen. Aber die Tatsache, dass wir nicht alleine waren, hielt mich davon ab, es wirklich zu tun.

Stattdessen lachte ich leise auf. „Das fragst du mich immer... es ist alles gut... ich komm schon klar", erwiderte ich ausweichend und hielt seinem Blick stand, obwohl ich mich innerlich unter ihm wandte.

„Ich muss jetzt los, wir geben gleich noch Autogramme, kommst du mit?", fragte ich hoffnungsvoll und überspielte den Moment gekonnt.

Er überlegte kurz, doch dann kam Kyotani, der schon länger zu unserem Sicherheitsteam gehörte, vorbei und schlug ihm auf die Schulter.

„Kommst du? Wir sollen den Hinterausgang sichern", forderte er und ich spürte, wie sich Enttäuschung in mir breit machte. Ich wollte nicht, dass er ging und mich alleine mit Aoki zurückließ.

„Sicherheitsteam 2 übernimmt jetzt", erklärte er behutsam und studierte mein Gesicht. Meine Wangen brannten leicht unter seinem Blick und mein Herzklopfen nahm zu, als er sich noch ein Stück mehr zu mir herunter lehnte.

„Aber wir sehen uns doch nachher", raunte er mir ins Ohr und jagte damit einen aufregenden Schauer meinen Rücken hinunter.

***

Alles okay? Die Frage hallte immer wieder in meinem Kopf nach, selbst jetzt Stunden später geisterte Iwaizumi und seine besorgten grauen Augen durch meinen Kopf. Ich stand am Esstisch in meinem kleinen Apartment und ließ meinen Blick prüfend über den gedeckten Tisch wandern.

Dicke weiße Kerzen standen in der Mitte und hüllten den Raum in schummriges Licht. Dicht daneben stand eine große Vase mit langstieligen weißen Rosen, die ich heute während der Autogrammstunde von einem Fan geschenkt bekommen hatte.

Die Atmosphäre, die das gesamte Arrangement ausstrahlte, war elegant und überaus romantisch. Doch ich war mir unsicher, ob es nicht zu viel des Guten war und ich mich eventuell zu weit aus dem Fenster lehnte, indem ich zu viel in Iwaizumis Verhalten hineininterpretierte.

Was wäre, wenn er gar kein Interesse an mir hatte und sein Handeln rein beruflich war und er heute Abend Dosenbier und einen lockeren Abend vorm Fernseher erwartete?

Nervös glitt mein Blick erneut über den Tisch und ich überlegte ernsthaft, ob ich die Kerzen vielleicht wegräumen sollte, doch bevor ich mich zu einer Entscheidung durchringen konnte, klingelte es an der Tür. Mein Blick flog zur Uhr über dem Backofen. Es war 20 Uhr. Iwaizumi war pünktlich.

Beyond the LightsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt