Kapitel 3

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Als ich die Straßen meines Heimatdorfes entlang fuhr , kamen mir so viele Erinnerungen an meine lieblings Orte und die Menschen, die dort einmal gelebt haben in den Sinn.

Da war das Haus meines besten Freundes, der vor einem Monat geheiratet hatte. Er hatte mich zwar eingeladen, doch ich bin nicht erschienen. Die Frau, die er heiratete, war keine geringere als meine Sandkastenliebe. Er wusste nichts davon, außerdem wollte ich nicht sein Glück zerstören, nur weil ich mein eigenes Liebesleben nicht auf die Reihe bekam.
Dann war da noch das Haus einer älteren Frau, die manchmal auf mich aufgepasst hatte, wenn mein Papa Spätschicht hatte und Mama ausgegangen war. Vor 5 Jahren starb sie an einem Herzinfarkt.
Ein paar Straßen weiter war das ehmalige Haus meines ehmaligen Klassenlehrers. Ich mochte ihn gerne und er war der einzige, der wirklich an mich und meine Träume glaubte. Vor kurzer Zeit hat er im Lotto gewonnen und konnte endlich seinen Job in meiner alten Schule unter der Leitung einer echten Hexe kündigen.
Direkt daneben war die Wohnung eines Mädchens aus meiner damaligen Klasse. Sie hatte sich immer so besonders toll gefühlt, jetzt ist sie 28 ohne Abi, dafür aber mit einer 14 Jahre alten Tochter, einem Alkohol und Drogen Problem und ohne eigener Wohnung. Soweit ich weiß wohnt sie immernoch bei ihrer Mutter.
Darauf folgten die Eisdiele, in der ich mit meinen Freunden damals immer rumgehangen habe, der Fußballplatz und der Park. So viele Erinnerungen an meine Kindheit schossen mir vor Augen. Gute, aber auch schlechte.

Dann war ich auch schon zu Hause. Ich klingelte und sofort öffnete meine Mama die Tür. Seit unserer letzten Begegnung hatte sie stark abgenommen und wirkte noch zerbrechlicher, als sonst. Direkt hinter ihr stand mein Papa, der sich überhaupt nicht verändert hatte. Die selben Lachfalten und der selbe Bierbauch. Es wirkt schon fast so, als sei das ganze Leben, der ganze Stress und all die Jahre einfach an ihm vorbeigezogen ohne jegliche Spuren des Alters zu hinterlassen.
Als sie mich sahen lächelten sie und ich tat es ihnen gleich.
Ich trat ein und fühlte mich sofort geborgen. Als erstes brachte ich meine Reisetasche nach oben in mein altes Zimmer, dass meine Eltern seit meinem Auszug unberührt gelassen hatten.
Danach aßen wir Kuchen und tranken Kaffee. Mama fragte mich nicht ,wie es mir geht und ob ich glücklich bin. Auch beschwerte sie sich nicht über mein Äußeres, vermutlich hatte Papa ihr all das untersagt.

"Schatz," fing sie vorsichtig an. "Wir haben uns überlegt den Dachboden etwas auszumisten. Wir wussten nicht genau, was du noch für deine zukünftigen Kinder behalten willst und was nicht. Guckst du später selbst nach?"

Eigentlich wollte ich sie ja berichtigen und sagen, dass ich keine Kinder haben will, aber als sie das sagte, blitzten ihre Augen kurz auf. Wenn ich mich recht entsinnte, war das Strahlen auch schon lange aus ihnen Augen gewichen. Immer in der Sorge um ihren jüngsten Sohn, der nie der Stärkste war und sich zusätzlich dem Druck eines Medizinstudiums ausgesetzt hatte. Sowas muss schrecklich sein.

Also nickte ich nur stumm, schluckte meine Gedanken runter und schob mir noch ein Stück Kuchen in den Mund.

Durch den SpiegelWo Geschichten leben. Entdecke jetzt