Der letzte Schultag

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Es herrschte rege Stimmung in den Klassenzimmern, als die späte warme Nachmittagssonne allmählich auf das Erklingen der Schulglocke hindeutete, welche das Ende des Schuljahres ankündigen sollte. Für wenige Nasen war es das letzte Semester an der St. Patricks, bevor die Sekundarschule und der damit verbundene Freundeskreiswechsel Tatsache wurde. Viele konnten die anstehenden 9-wöchigen Sommerferien kaum erwarten, während andere Kinder argwöhnisch und mit zusammengekniffenen Augen zum Zifferblatt der goldenen Homimade-Uhr blickten, welche die Strahlen der Sonne auf unangenehme Art und Weise reflektierte und die Visagen von zwei dunkelhaarigen Jungen golden erscheinen liess.

Milena Malus, ein kleingewachsenes Mädchen mit blondem Haar und grünen Augen sass nervös an einem Einzeltisch in der dunkleren Ecke des Klassenzimmers und versuchte verzweifelt ihre Angst zu überspielen, indem sie mit ihren mageren Fingern immer wieder durch ihr dünnes Haar glitt und jenes sporadisch auf Schulterhöhe um ihren Zeigefinger wickelte. Milenas Eltern waren keineswegs wohlhabend, weshalb sie in der Schule oft Mittelpunkt des Gespötts war. Freunde hatte sie lediglich zwei, welche ihrerseits ebenfalls Aussenseiter waren und kaum anständige Kleider trugen. Wie jedes Jahr gepflegte man vor Schulschluss seinen Freunden mitzuteilen, wo die diesjährigen Sommerferien verbracht würden. Aus Erfahrung wusste Milena, dass sie sich um jeden Preis davonzuschleichen hatte, da ihre Eltern ohnehin nicht über die nötigen finanziellen Mittel verfügten um sich einen Auslandsaufenthalt leisten zu können.

Zwei Reihen vor ihr sass ein dunkelhaariger sportlicher und gut aussehender Junge, der mit seinen braunen Augen vereinzelt kurze Blicke zu Milena zurückwarf, als wollte er ihr etwas mitteilen. Doch dies brauchte er nicht zu tun, denn sie wusste, was ihm durch den Kopf ging. Geblendet von der Sonne empfand es James Potter als äusserst mühsam, die letzten fünf Minuten abzuwarten, bevor die Sommerferien starteten. Was ihn jedoch viel mehr beschäftigte war die Tatsache, dass die anderen Jungs, nun da sie ja die Schule wechselten und nichts mehr mit den Lehrern hier zu tun haben würden, bestimmt wieder versuchen würden, ihn zu verprügeln. Im Gegensatz zu Milena waren James' Eltern wohlhabend und hätten sich jeden Urlaub ohne Weiteres leisten können. Aus Solidarität zu seiner Mitschülerin entschied er sich jedoch weise dazu, sich dem Prahlen der Anderen bezüglich Sommerferien, zu enthalten.

Als die Schulglocken endlich erklangen, erhob sich Mr. Halo, stand breit neben die Tür und wünschte jedem seiner Sprösslinge, einzeln und persönlich, eine schöne Zeit und nur das Allerbeste für die weiteren Lebensabschnitte. Bei einem wohlgenährten und hämisch grinsenden Jungen hielt er inne und nahm ihn sich zur Brust. „Ich hoffe, dass du in Zukunft besser auf deine Mitmenschen achtest.", zischte Mr. Halo dem Jungen zu und schaute ihn dabei mit zusammengekniffenen Augen an. Nach einer kurzen Moralpredigt liess der Mann den Jungen ziehen und verabschiedete sich mit einem kräftigen Händedruck. Alsbald er die Schwelle des Schulzimmers überquerte, schnitt der Junge für seine Freunde eine Grimasse und äffte seinen ehemaligen Lehrer auf spöttische Weise nach, sodass diese in schallendes Gelächter ausbrachen.

James und Milena waren die letzten, die das Schulzimmer verliessen. Sie wünschten Mr. Halo alles Gute und bedankten sich für die gemeinsame Zeit, dann stellten sie sich dem Unausweichlichen. Im Korridor war es eisig kalt, sodass einige Schüler, welche jubelnd aus den Zimmern hüpften, gezwungen waren, sich die Jacken über die Schuluniformen zu stülpen. Es dauerte nicht lange bis James und Milena die gläserne Tür zum Pausenplatz erreichten, durch welche sie den schwarzen Asphalt, die Baumallee und die dahinterliegende Strasse erkennen konnten. Zu ihrem Leidwesen mussten sie feststellen, dass da noch etwas Anderes war, das ihnen ins Auge sprang. Eine Gruppe von jungen Knaben stand aneinandergereiht, mitten auf dem halbsonnigen Hof. Ein jeder von ihnen grinste den zweien hämisch entgegen und verschränkte bedrohlich die Arme.

James und Milena wussten, dass dies der einzige Ausgang in die Freiheit war. „Du weißt wo wir uns treffen?", flüsterte er seiner Freundin zu. Sie nickte und öffnete zögern die Türe. „Was los, Potter? Gehst du mit deiner blonden Freundin in die Ferien? Ich wette ihr könntet euch nicht einmal zusammen eine Woche Urlaub in London leisten?", spottete der bullige Junge in herablassendem Ton. „Lass Milena aus dem Spiel Giovanni! Du solltest dir Mr. Halos Worte wirklich zu Herzen nehmen!", entgegnete James mutig. „Reicht dein Intellekt lediglich zum schlecht machen Anderer?", hackte James nach. Giovanni Serpente, der im letzten Jahr im Vaterland seiner Eltern, in Italien, den Urlaub verbrachte, hielt sich seit seiner Rückkehr für den Helden der Schule. Es schien, als wären ihm die göttlichen Speisen, das kristallklare Wasser des Mittelmeers und die Pflege seiner „Nonna" zu Kopf gestiegen. Giovanni trug edle Klamotten, Lederschuhe, hatte dunkles gekämmtes Haar und blaue Augen. Sein Äusseres liess vermuten, dass er zu Hause über ausreichend Speis und Trank verfügte und sich seine Eltern in jeder Sekunde um das Wohl ihres einzigen Kindes sorgten. „Pass auf was du sagst, bevor wir dich zerquetschen!", fauchte Giovanni barsch und seine Augen verengten sich zu Schlitzen, was, wie James wusste, nichts Gutes zu bedeuten hatte. Er drehte sich blitzschnell zu Milena um und flüsterte; „Lauf!"

James Potter und das Zeitportal || James Potter FFWo Geschichten leben. Entdecke jetzt