Ein Gespräch zwischen Freunden

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01.09.1912, Hogwartsexpress

"Ich schaue ihm nicht anerkennend hinterher.", erwiderte ich spitz und wischte mir übers Kinn. Newts Blick wurde weicher. "Tut es noch sehr weh?", fragte er. Ich schüttelte den Kopf und strich meine Schuluniform gerade. Der Zwischenfall hatte alles durcheinander gebracht. Schließlich schaute ich zu Newt auf. "Bei dir?" Die Brandblasen waren zwar klein, aber sie hatten wirklich übel ausgesehen. Erneut zuckte Newt nur mit den Schultern. "Nichts, womit ich noch nicht hab zurecht kommen müssen, nicht wahr?"

Ich erinnerte mich an die Feuerkrabben, die wir mal in der Nähe des Sees gefunden hatten und musste leicht lächeln. "Das stimmt, wie könnte ich das vergessen?" Newt lächelte zurück, aber sein Lächeln gefror wieder schnell. "Es tut mir leid, so hast du dir die Fahrt an deinem Geburtstag sicher nicht vorgestellt." Mein Geburtstag. Oh Newt, wenn du wüsstest, dass ich weit schlimmere Geburtstage schon durchlebt hatte.

Stattdessen setzte ich mich nur zurück auf meinen Platz. "Die waren nicht deinetwegen da, nicht wirklich zumindest. Black hat es sich zur Aufgabe gemacht, mir das Leben schwer zu machen. Wärst du nicht da gewesen, dann wäre ihm eben etwas anderes eingefallen." Er biss sich auf die Lippe. "Er ist wirklich so ein..." Ich wartete. Ach Newt. "Ein Arsch, meinst du?" Er nickte nur verlegen. Er war einfach wirklich so ein Hufflepuff, das war jedes Mal aufs Neue nicht zu leugnen. "Wo ist eigentlich Pickett?", fragte er und schaute sich um. Wie aufs Stichwort sah ich, wie der kleine Bowtruckle, den Newt mir bevor wir unterbrochen worden waren, hinter meinem Tagebuch, was auf dem Sitz lag, hervorlugte. "Besonders mutig ist er ja nicht gerade.", stellte ich trocken fest, aber ich war froh, dass die Slytherins nichts von ihm mitbekommen hatten. Wer weiß auf was für Ideen Black noch so kommen mochte.

Picket krabbelte auf meinen entgegengestreckten Finger und knabberte dran rum, so dass es kitzelte. "Er ist eben noch sehr klein.", meinte Newt. "Aber Black hat dafür ganz schön alt gegenüber dem Niffler ausgesehen, findest du nicht?" Ich grinste. "Das kann man so sagen...wo ist er?" Newt zeigte auf die Gepäckablage. "Dein Schloss scheint aus Gold zu sein." Und tatsächlich, da war der Niffler und zog mit seinen kleinen Krallen an dem Schloss an meinem Koffer herum. "Wo hast du ihn her? Die sind ganz schön wertvoll, mein Vater sagt, dass Gauner sie züchten, um damit leicht an Gold und Juwelen zu kommen." - "Wir waren in Irland, da hab ich einen Kobold kennengelernt und er hat ihn mir gegeben, weil der Kleine ganz schön krank war und er nichts mit ihm anfangen konnte." - "Du hast dich mit einem Kobold unterhalten?" Newt erstaunte mich jedes Mal aufs Neue. "Sind die nicht super primitiv?" Newt mochte es nicht, wenn ich so redete, das wusste ich, daher erstaunte es mich nicht, dass er die Nase rümpfte. "Leta...", sagte er da nur anklagend. Ich hatte ihn vermisst, schoss es mir durch den Kopf. Jedes Mal aufs Neue wunderte ich mich darüber, wie sehr er mir im Sommer fehlte. Es war so ein ungewohntes Gefühl. Auch heute noch. Ich war mir nicht sicher, ob ich das mochte. Ich fühlte mich klein dadurch, irgendwie verletzlich. Also sagte ich es ihm nicht. Wie so Vieles, was ich ihm nicht sagte, stattdessen sagte ich nur: "Ich weiß doch, Newt."

Newt, ich hatte es auch vermisst, seinen Namen auszusprechen.

"Du hast mir wieder nicht geschrieben." Newt schaute nach draußen, während er das sagte. Bald würden wir in Hogwarts ankommen und die Ferien würden endgültig vorbei sein. "Ich war beschäftigt.", erwiderte ich, griff dabei gedankenlos nach meinem Tagebuch, so als hätte ich Angst, dass Newt es gleich an sich nehmen würde und wüsste, dass das nicht stimmte. Womit sollte ich schon beschäftigt gewesen sein?

Meine Eltern hatten mich in diese schreckliche Sommerschule für heranwachsende Ladies geschickt. Dort hatte man mein Französisch wieder aufgefrischt, mir unaufhörlich Tanzschritte beigebracht und sonstige nutzlose "Gaben, die sich für eine Lady gehörten", eingetrichtert. Ich war es so satt gewesen zu hören, dass ich langsam aber sicher eine Lady bereit für den Markt sein würde. Darum war es schon immer gegangen. Wahrscheinlich schon von dem Moment an, an dem mein Vater von den Dienern erfahren hatte, dass seine Frau Lorena ein Mädchen und keinen Jungen zur Welt gebracht hatte.

A Taker (Newt Scamander)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt