Eine seltsame Verbindung

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Die Zeit verflog schnell in Hogwarts, Großbritanniens berüchtigte Schule für Hexerei und Zauberei. Alles hatte seinen gewohnten Lauf. Erstklässler wurden in eins der vier Häuser verteilt, das Haus, das sie für die nächsten sieben Jahre und weit darüber hinaus begleiten würde. Das Haus definierte nicht nur, wer man war, es bestimmte auch nicht selten ein ganzes Leben. Die Schüler am Anfang des 19. Jahrhunderts blieben in den Strukturen, die ihnen der sprechende Hut einst zugewiesen hatte. Freunde und Feinde waren vorher bestimmt. Ein Gryffindor hatte den Slytherin zu verachten, den Ravenclaw zu respektieren und dem Hufflepuff freundlich entgegen zu treten. Der Slytherin hingegen hob sich stets über alle anderen, verbündete sich ab und an mit dem Ravenclaw, wenn er sich denn ein Nutzen davon versprach, verfeindete sich mit dem Gryffindor und verspürte Gleichgültigkeit und Verachtung dem Hufflepuff gegenüber. 

So war es nahezu ein Skandal, als die Schüler von einer nie zuvor gesehenen eigenartigen Verbindung, die sich in ihren Reihen gebildet hatte, mitbekamen. Zunächst war es nur ein kleines Gerücht gewesen, was eine Drittklässlerin aus Gryffindor vermeintlich in die Welt gesetzt hatte. Dephni Parker war für Tratsch bekannt, weswegen man sie am Anfang nicht sonderlich ernst genommen hatte, als sie von ihrer abstrusen Beobachtung erzählte. Leta Lestrange habe sich angeblich an einem Abend am Westeingang mit jemandem getroffen, mit dem sie anschließend hinaus in den Wald geschlichen war. Dephni hatte das für so sonderbar gehalten, schließlich sah man die junge Lestrange-Tochter nicht oft in Begleitung, dass sie an ihrem Posten gewartet hatte, bis die zwei Ausreißer aus dem Wald wiederkamen. Neben Leta Lestrange, so behauptete Dephni später aufgeregt, war der kleine Bruder von Theseus Scamander gelaufen. Dieser seltsame Junge, der die Fähigkeiten seines beliebten Bruders wohl nicht geerbt hatte und selbst in seinem Haus, Hufflepuff, keine Freunde hatte. 

Ein Hufflepuff. Leta Lestrange sollte sich ausgerechnet mit einem Hufflepuff heimlich treffen? Leta, die selbst den anderen Slytherins die kalte Schulter zeigte? Der man deswegen nachsagte, arroganter und gemeiner als all ihre Mitschülerinnen zu sein? Sie hatte keine Freunde nötig, um auf die anderen Schüler Eindruck zu machen. Die Stille, die sie um sich gab, die Distanz, die sie allen gegenüber wahrte, zeugte von solcher Gleichgültigkeit und Abgehobenheit, dass manche Schüler insgeheim sogar mehr Angst vor ihr hatten als vor Jason Black und den Malfoy Zwillingen, die ihre Bosheit offen auslebten. Selbst ältere Schüler schienen sie zu respektieren und man ging ihr bewusst aus dem Weg. In ihren gerade mal drei Jahren Hogwarts hatte sie sich bereits einen allbekannten Spitznamen eingeheimst. Eisprinzessin, so nannte man sie, mit dem Wissen, dass ihr Vater, Corvus Lestrange, der aktuell wohlhabendste Mann ganz Englands war. 

Doch tatsächlich, einige Zeit nach Dephnis Gerücht, meinte ein anderer, weit glaubenswürdiger Schüler, er hätte gesehen, wie der kleine Scamander der Eisprinzessin in Zauberkunde heimlich einen Zettel in ihre Schultasche geschoben hatte. So verbreitete sich der Tratsch, bis so viele Zwischenfälle passiert waren, bei denen ein Kontakt zwischen den beiden Drittklässlern beobachtet wurde, dass man sich sicher war, dass es der Wahrheit entsprach. Was sie genau zusammen taten, wusste keiner so genau. Man sah sie äußerst selten in der großen Halle beisammen, auch die Pausen schienen sie jeder bei sich zu verbringen. Selten waren sie gemeinsam in der Bibliothek anzutreffen, doch anscheinend schlichen sie sich regelmäßig aus dem Schloss. 

Natürlich wurde auch in Betracht gezogen, Leta Lestrange könnte Scamander irgendwie in ihrer Gewalt haben, dass dem armen Jungen keine Wahl blieb ihr zu gehorchen. Doch hatten die meisten Beobachteter besagter Zwischenfälle den Eindruck, Scamander würde nicht sonderlich verängstigt wirken. Außerdem waren sich die Gryffindors relativ sicher, dass wenn Theseus den Verdacht hätte, sein kleiner Bruder würde genötigt werden, er sicher schon längst eingeschritten wäre. Der begabte Theseus Scamander würde wohl kaum vor einer jüngeren Schülerin zurückschrecken, selbst wenn diese unter der Obhut eines mächtigen Namens stand. 

So vergingen also die nächsten Jahre,  ohne, dass sich wirklich etwas änderte. Irgendwann hatten sich die Schüler Hogwarts an die merkwürdige Freundschaft, sie wussten nicht, wie sie es sonst nennen sollten, zwischen Leta und Newt gewöhnt. Die beiden waren zwar öffentlich immer noch selten zusammen zu sehen, sodass es trotzdem als Geheimnis galt, aber abgesehen davon hatte sich nicht viel verändert. Newt Scamander wurde dadurch nicht beliebter, man lästerte weiterhin über seine seltsame Art und Leta Marianne Lestrange blieb Hogwarts unnahbare Eisprinzessin. 

Keiner wusste, dass sich im fünften Jahr der beiden einiges ändern würde. 



A Taker (Newt Scamander)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt