Kapitel 10

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Bitte was? Mein Vater! Das hatte ich jetzt definitiv nicht erwartet. Kai dachte nach seinem Gesicht zu urteilen wahrscheinlich ungefähr das Gleiche. Wir starrten uns einfach nur an.
„Was ist denn?“, fragte meine Mutter die unser Schweigen anscheinend zu irritieren schien.
Kai wand den Blick zu ihr und antwortete: „Wir kennen uns schon. Naja kennen ist übertrieben. Lucy hat mich her gebracht.“
„Dann ist ja gut. Ich dachte schon es sei etwas schlimmes.“, sagte sie erleichtert. „Ich mache schnell etwas zu essen. Solange könnt ihr noch etwas reden. Du bleibst doch noch zum Essen, Kai?“
Kai nickte und somit verließ meine Mutter das Wohnzimmer. Da ich immer noch wie verloren mitten im Raum stand, beschloss ich mich auf den Sessel zu setzten.
Wir starrten uns so lange schweigend an bis Kai zögernd die Stille brach: „Ich vermute, dass du viele Fragen hast. Du kannst sie mir gerne stellen und ich versuche sie so gut wie möglich zu beantworten.“
Ich holte tief Luft und stellte meine erste Frage: „Wieso bist du gerade jetzt gekommen?“
„Zum Teil hab ich dir das schon vorhin erzählt. Zum einen hatte ich wegen meiner Veranstaltung als Alpha nie wirklich die Möglichkeit, zum anderen aber wusste ich bis vor kurzem nicht wo ihr seid. Erst als ihr diesem Rudel beigetreten seit konnte ich euch finden.“, gab er mir als Antwort.
Ich fragte weiter: „Also hast du einen Sohn?“
Dies hatte ich aus seiner Aussage von vorhin geschlossen.
Er lächelte: „Ja. Ich hab sogar zwei Söhne. Sie heißen Jonas und Tobi.  Jonas ist der ältere von beiden, er hat auch das Rudel übernommen.“
Ich überlegte ob ich meine nächste Frage wirklich stellen sollte. Meine Mutter hatte mir darauf nie eine Antwort gegeben und immer ausweichend reagiert. Um genau zu sein hatte ich zwei Fragen.
Ich überwand mich und stellte sie einfach ohne noch weiter darüber nachzudenken: „Wie kann es sein, dass du mein Vater bist? Ich meine, wie kann es sein, dass du mit meiner Mutter ein Kind hast obwohl sie nicht deine Mate ist? Und wusstest du davon? Also von mir?“
Jetzt war es raus. Diese Frage könnte meine ganze Existenz erklären. Zuerst dachte ich, dass er genauso wie meine Mutter reagieren würde.
Aber er öffnete tatsächlich den Mund und fing an zu erzählen: „Deine  Mutter und ich kennen uns schon fast unser ganzes Leben lang. Ihre Eltern waren Menschen die in unserem Rudel lebten. Daher wusste sie von Anfang an von uns Werwölfen. Wir waren beste Freunde und sie verstand sich sehr gut mit meiner Mate. Für meine Söhne war sie wie eine Tante. Doch als wir älter wurden stellte sich heraus, dass meine Mate sehr krank war. Man konnte ihr nicht mehr helfen und als sie dann starb war ich nicht mehr ich selbst. Es war das schlimmste Gefühl, was ich je gespürt hatte. Ich ertränkte jeden Tag meine Trauer in Alkohol nur um den schmerz nicht mehr zu spüren. Ich vernachlässigte alle meiner Pflichten und auch meine Söhne. Deine Mutter war zu dem Zeitpunkt auf Reisen gewesen, doch als sie vom Tod meiner Mate hörte kam sie sofort zurück. Sie kannte mich besser als jeder andere und wusste, dass es nichts bringen würd mir mein Verhalten vorzuwerfen. Sie tat das, was sonst keiner getan hätte. Sie setzte sich zu mir, tank mit mir und hörte mir zu. Ich erzählte ihr alles und wir tanken sehr viel Alkohol. Ich weiß nicht mehr wie es dazu gekommen ist, dass wir miteinander schliefen. Durch den Alkohol ist alles vernebelt. Deine Mutter ist zwar ein Mensch, aber sie weiß alles über uns Werwölfe und daher wusste sie, dass das falsch gewesen war. Schon am nächsten Tag war sie ohne ein Wort verschwunden. Ich bekam einige Zeit später nur einen Brief in dem sie mir sagte, dass wir zusammen eine Tochter hätten. Mehr nicht. Danach hörte ich nichts mehr von euch. Ich hatte zwar nach euch suchen lassen, aber immer nur kurzeitig Spuren finden können die sich wieder verloren.“
Jetzt hatte ich endlich eine Antwort wieso es mich gab. Kurz überlegte ich ob meine Mutter mit Absicht dafür gesorgt hatte, dass er uns nicht finden konnte. Ich verwarf diesen Gedanken aber wieder sofort. Meine Mutter war eben ein Freigeist der gerne viel reiste. Das andere war einfach nur Zufall. Nach der Geschichte wechselte Kai so schnell das Thema, dass ich kaum mit kam. Ich war noch immer dabei das erfahrene zu verarbeiten und bekam daher nicht so ganz mit was er erzähle. Irgendwas mit meinen Brüdern und meinem Geburtstag. Kurz darauf kam meine Mutter ins Zimmer und sagte, dass das Essen fertig sei. Wir aßen zusammen und danach war es an der Zeit für mich zu gehen. Mein Vater würde für die nächsten zwei Wochen in einem Hotel in der Stadt wohnen und wir machten aus uns in den nächsten Tagen zu treffen um uns besser kennen zu lernen. Ich machte mich auf den weg zu Lukas Haus. Dieser drehte bestimmt komplett am Rad weil ich weggelaufen war und mich bis jetzt och immer nicht gemeldet hatte. Ich wunderte mich schon wieso er nicht versucht hatte mich zu erreichen. Ich klingelte an der Haustür und sofort wurde sie aufgerissen. Lukas stand mir gegenüber und in seinem Blick war Erleichterung zu erkennen. Diese verschwand aber wieder als er hinter mich schaute. Ich drehte mich um aber ich konnte nichts seltsames entdecken.
„Was ist?“, fragte ich irritiert.
Er fragte zurück: „Wo ist Emily?“
„Keine Ahnung. Ich hab sie nicht gesehen. Ich dachte sie wäre hier. Wieso?“, antwortete ich ihm.
„Ich habe sie vor einer halben Stunde zu deiner Mutter geschickt um dich zu suchen. Vielleicht ist sie noch da.“, meinte er.
Ich schüttelte den Kopf: „Nein, ich komme gerade von da. Wenn sie schon vor einer halben Stunde los ist hätte sie mich eigentlich dort treffen müssen.“
Ich holte trotzdem mein Handy heraus und wählte die Nummer von Zuhause und stellte den Lautsprecher an, damit Lukas mithören konnte.
Als ich hörte, dass abgenommen wurde redete ich gleich los: „Mom, ist Emily bei dir? Sie wollte mich bei dir suchen.“
„Wer ist Emily? Aber nein, niemand war hier seit du weg bist.“, hörte ich Kai aus meinem Handy.
„Hallo Kai. Sie ist eine Freundin von mir und die Tochter des Alphas. Sie ist verschwunden und wir machen uns Sorgen. Wo ist meine Mom wenn du an ihrem Handy bist?“, erklärte ich ihm.
„Sie ist in der Küche und räumt auf. Aber ich bin mir sicher du wirst deine Freundin schon finden. Mach dir keine Sorgen, wenn sie auch ein Werwolf ist wird ihr schon nichts passiert sein.“, versuchte er mich zu ermutigen.
„Doch, im Wald ist ein Rudel von abtrünnigen Werwölfen die sehr gefährlich sind. Vor allem ihr Alpha. Ich leg jetzt besser auf wir müssen sie so schnell wie möglich finden. Tschüss.“, sagte ich und legte auf.
Ich schaute zu Lukas und das erste was er sagte war: „Wer ist dieser Kai?“
Nicht zu fassen. Seine Schwester war verschwunden und sein erster Gedanke war das.
„Sag ich die später. Jetzt müssen wir erster Emily finden. Ich schlage vor wir suchen als erstes im Wald. Wir sollten uns aufteilen, dann sind wir schneller. Wenn irgendwas ist rufen wir sofort den anderen an.“, sagte ich ihm um ihn an den ernst der Lage zu erinnern.
Er nickte und wir liefen beide los. Bevor er im Wald verschwand sah ich noch, wie er sich in einen Wolf verwandelte, dann war er weg. Ich wollte mich auch gerade verwandeln als mir der Gedanke an Kai kam. Die Wahrscheinlichkeit war zwar sehr gering aber wenn er mich in Wolfsgestallte sehen würde wüsste er, dass ich der Eiswolf bin. Immerhin war er, laut meiner Mutter, selbst ein Elementewolf und wusste daher auch was ich eigentlich zum Orden sollte. Darauf wollte ich es nicht anlegen. Im Notfall konnte ich mich ja immer noch verwandeln. Also blieb ich ein Mensch und rannte so durch den Wald auf der suche nach Emily.

Wolf of IceWo Geschichten leben. Entdecke jetzt