13 - Fire on Fire

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„Am besten unterhalten wir uns bei dir zuhause weiter, Ruki. Die Dorfbewohner müssen noch den ersten Schock verdauen, das ein Wikinger mit einem Drachen hier aufgetaucht ist. Ich werde später mit den anderen darüber reden, damit es für unseren Gast nicht unangenehm wird."
Ob Ruki dies selbst vorgeschlagen hätte oder nur nickt, weil diese Thea das einfach so beschlossen hat, kann Violene nicht ganz sagen. Einerseits hatte Ruki diesen Vorschlag ja schon eben den beiden gegenüber gemacht, aber diese Thea scheint hier eine wichtige Rolle zu spielen. Ob sie eine ähnliche Rolle wie ihr „Onkel" Grodan hat?

Rukis Schmiede war gemütlicher als gedacht.
Nun, genau genommen war es seine Wohnung, die mehr einer großen Hütte mit allerlei Werkzeug und Material glich als einer „kleinen" Wohnung, wie er es nannte. Und die Schmiede war ja noch immer ein eigenes Gebäude direkt nebenan! Sich das Staunen darüber nicht ganz verkneifen können hat Violene auf einem der unzähligen Sitzgelegenheiten einen Platz gefunden. Direkt neben ihr Schocker, welcher von vornerein den beiden fast Fremden deutlich machte: „Wenn meine Reiterin hier sitzt, dann bin ich direkt bei ihr!" Doch das schien weder Ruki noch Thea großartig zu stören. Auch wenn sie Ruki gut ansehen kann, dass er Bedenken hatte, ob so ein großer Drache überhaupt hier rein passt.
Nur Thea schien sich weder darüber Gedanken zu machen, noch in irgendeiner besonderen Art und Weise erstaunt zu sein, das eine wildfremde Reiterin samt Drachen in ihrem Dorf aufgetaucht ist. Geschweige denn, dass es Wikinger gibt, die auf den Rücken von Drachen sitzen und fliegen!

„Nun Violene", unterbricht Thea die Stille dann, während Ruki sich um Getränke kümmert, „Ihr seid also auf der Durchreise und habt dabei unser Dorf entdeckt?"
„Sozusagen...", kurz wartet Violene, nicht sicher, ob sie gleich mit der ganzen Geschichte anfangen soll, „Wir kommen von einer anderen Insel, mehrere Tagesreisen südöstlich von hier entfernt. Bei unserer letzten Erkundung sind wir auf eine Insel gestoßen, die nicht bewohnt ist. Besser gesagt, sie war es anscheinend mal und... ich bin nun auf der Suche nach Antworten. Welche Menschen dort gelebt haben, geschweige denn, was dort passiert ist, dass... heute nur noch Ruinen übriggeblieben sind."
„Ich verstehe... Weißt du, Violene, die Insel von der erzählst. Sie ist mir keineswegs unbekannt. Ich habe eine Gegenfrage an dich: Hast du dort ein Zeichen gefunden, über das du mehr wissen willst?" Fast schon wissend ruht der Blick von Thea auf Violene, welche unwillkürlich im selben Moment an den Stofffetzen mit dem Bild von Schocker denken muss.
„Violene... du kennst deinen Drachen nicht durch Zufall, oder?"
Nur zögernd schafft die Angesprochene ein Nicken, während Ruki verwirrt das Gespräch verfolgt: „Thea, wofür diese Fragen? Ist es nicht schon seltsam und faszinierend genug, dass sie einen Drachen reitet?"
Mit einem mütterlichen Lächeln sieht Thea zu Ruki auf. „Ich habe euch früher doch schon mehrfach von verschiedenen Legenden und Sagen erzählt. Das Drachen eben nicht nur gefürchtete Wesen sind, vor denen wir unsere Vorräte beschützen müssen. Und dass es Stämme, Fähigkeiten und Legenden gibt, vor denen sich schon die Generationen vor uns – vielleicht auch zurecht – fürchteten. Nicht umsonst gab es schon in den letzten 100 Jahren unzählige Versuche, um all jenen eben Herr zu werden. Anscheinend hat dein Begleiter noch nicht viele Wikinger aufhorchen lassen, oder Violene? Denn dafür scheint ihr beide viel zu entspannt miteinander unterwegs zu sein."

Diese Worte musste Violene erst einmal sacken lassen. Und das aus vielerlei Gründen.
Einerseits erinnert Thea sie mit ihren Worten an Rikke, welche selbst schon des Öfteren Violene etwas von Legenden und Märchen über Drachen und Wikinger erzählte. Andererseits scheint Thea etwas über dieses verlassene Dorf zu wissen. Und so wie sie über Schocker spricht, weiß sie anscheinend sogar mehr über das Bild des Leuchtenden Fluchs. Eine Spur... eine Hoffnung, endlich mehr erfahren zu können...
Wenn Violene so an die vergangenen Monate zurückdenkt, fällt ihr keine konkrete Situation ein, wo die anderen konkret über einen „Leuchtenden Fluch" schockiert waren. In der Regel war es vielmehr der Schock über einen Wikinger samt Drachen, welcher das Schiff auf Nimmerwiedersehen endgültig ins Meer versenkt. Und all die Menschen an Bord mit.
„Ja, bis jetzt war es eher der allgemeine Schock über meinen Freund als Drachen an sich. Aber nicht, weil es sich bei ihm um einen Leuchtenden Fluch handelt. Das Ding ist... damit hat es mehr auf sich, oder? Es ist kein Zufall, das wir in diesem Dorf das Zeichen eines Leuchtenden Fluchs fanden, richtig?"
Schweigend hat Ruki den beiden zugehört, noch immer über das Gesagte selbst nachdenken müssend. Ja, er kennt Drachen nur als die typischen Plagegeister, welche regelmäßig die Vorräte seines Dorfes plündern wollen. Aber das so etwas wie das, was diese Violene mit diesem... Drachen macht, normal sein soll? So wirklich kann er sich mit diesem Gedanken noch nicht anfreunden.

„Der Leuchtende Fluch ist das Wappen eines Stammes, den man vor vielen Jahren schon in die endgültige Vergessenheit stoßen wollte." Wieder ist es Thea, welche das Gespräch weiterführt. „Viele Stammesführer damals gaben alles, um dieses Wissen und was dazugehört ein für alle Mal zu vernichten. Was auch immer du in diesem Dorf gefunden hast oder weshalb es dich so interessiert – mache dich weiter auf die Suche nach der Wahrheit und erzähle niemanden davon."
Wenn Violene schon am Anfang des Gesprächs verwirrt war, dann ist sie es jetzt erst recht. Wirkliche Antworten hat sie dabei nicht bekommen, aber zum Glück sind auch keine wirklichen neuen Fragen dazu aufgekommen. Wobei sie sich nicht wirklich sicher ist, ob das wirklich gut oder schlecht ist. Doch zu weiteren Antworten sollte sie nicht mehr kommen.
„Ich muss nun zu den anderen Dorfbewohnern, damit sie gegenüber Violene und ihrem Drachen keine Feindseligkeit mehr haben. Danke dir für den Tee, Ruki. Und dir, Violene, alles Gute!" Kaum hatte Thea diese Worte ausgesprochen und zum Abschied nochmal Rukis Hand gedrückt, ist besagte Frau auch schon aus der Tür verschwunden. Wie kann eine so alte Frau so schnell verschwinden...?

„Nun...", unsicher versucht diesmal Ruki ein Gespräch anzufangen, „ich kann euch beiden hier unten die Feuerstelle für die Nacht anmachen. Dann ist es hoffentlich nicht zu kalt für euch beide. Und wenn du oder dein Drache irgendetwas brauchen sollte, sag mir ruhig Bescheid, ja?"
Zögernd nickt Violene erneut, kurz an ihrem Becher nippend. Diese ganze Geschichte, die ganze Szenerie kommt ihr einfach so surreal, so... unwirklich vor. Unbemerkt umschließt ihre Hand in ihrer Tasche den Stofffetzen noch mehr. Dahinter steckt mehr. Und vielleicht... sogar meine wahre Heimat, meine wahre Familie. Nicht dieser... Grodan.

Nachdem Ruki sich noch ein paar Mal versicherte, das sowohl Violene als auch Schocker für die Nacht mit Decke und einem wärmenden Feuer versorgt sind, hat auch er sich zurückgezogen. Und doch scheint seine anfängliche Skepsis und Unsicherheit gerade gegenüber Schocker sich etwas mehr gelegt haben. Wofür Violene nicht unbedingt undankbar ist.

* * * * * * * * * * *

Das Treiben der Dorfbewohner am nächsten Morgen riss auch Violene und Schocker schnell aus ihrem Schlaf. Wen sollte es wundern, wenn das Haus direkt neben der Schmiede liegt und in dieser ein reger Betrieb anscheinend stattfindet? Das jedenfalls verraten die Geräusche von verschiedenen Werkzeugen aus jener Richtung.
Müde richtet Violene sich auf, erstmal versuchend sich zu orientieren, bis ihr wieder einfällt, was gestern alles los war. Und vor allem, wo sie aktuell sind. In einem wildfremden Dorf, wo sie nicht weiß, ob die Dorfbewohner einen oder beide von ihnen im nächsten Moment um die Ecke bringen wollen. Alles in ihr schreit Alarm.

Wider erwarten tritt keiner im nächsten Moment die Tür ein, geschweige denn stürmt die Hütte. Der gedeckte Tisch und ein Korb mit Fischen macht die Situation nur noch surrealer. Sollte Ruki wirklich...?

Nachdem Reiter und Drache sich gestärkt haben, machen sie sich auf den Weg nach draußen.
Entgegen aller Erwartungen hat auch hier draußen anscheinend niemand das Verlangen sie gefangen zu nehmen, geschweige denn Schocker zu töten.
Im selben Augenblick reißt Rukis Stimme sie aus ihrem Gedankenkarussel: „Habt ihr beiden gut geschlafen?"
Überrascht sieht sie in seine Richtung auf, welcher grade dabei ist etwas Unförmiges mit einem Hammer zu bearbeiten. „Ähm, ja, tatsächlich", kann sie sich dann doch zu einer Antwort aufraffen, bevor sie leiser hinzufügt, „Und... danke dir nochmal für das Frühstück, Ruki."
„Ach das", winkt er ab, „Wenn ihr schon länger auf Reisen seid, habt ihr bestimmt genauso lange schon nicht mehr vernünftig gegessen. Für meine Gäste ist das doch selbstverständlich! Übrigens... ich wollte mich für Thea gestern noch entschuldigen. Manchmal kann sie etwas sehr... verschwörerisch und geheimnistuerisch rüberkommen. Ich hoffe, du machst dir wegen eurem Gespräch nicht zu viele Gedanken?" Für einen Moment hält er inne und sieht Violene direkt an.
Nun hat er sie völlig überrascht. Und zwar so volle Kanone überrascht und verwirrt zugleich. Unsicher schnellt ihr Blick zur Seite, lässt sie diesen durch seine Schmiede schweifen, zögernd: „Nein, es... ein bisschen verwirrt hat es mich, ja. Aber ich fand das Gespräch keineswegs schlimm oder so!"
„Na, dann bin ich ja beruhigt. Achja, noch was: Thea hat mit den anderen Bewohnern über dich geredet und es kann gut sein, das es da den ein oder anderen neugierigen Wikinger oder Kind gibt, welche deinen Drachen gerne mal genauer kennenlernen würden. Nur das du vorgewarnt bist!" Ein Lächeln versuchend nickt Violene zögernd als Antwort, kaum hat Ruki sich wieder in seine Arbeit vertieft.

„Na dann, Schocker... lass uns die Menschen hier etwas besser kennenlernen. Wer weiß, vielleicht dürfen wir hier ja wirklich gute Kontakte knüpfen und... einen kleinen Rückzugsort für den Notfall finden", murmelnd sieht sie dabei aus dem Augenwinkel zu ihrem Begleiter, während sie gemeinsam den Weg fortsetzen.
Tatsächlich hatte Ruki nicht ganz unrecht mit seiner Vermutung gehabt und die beiden sind im Laufe des Tages mehrfach von Wikingern, insbesondere aber von Kindern angesprochen worden. Auch wenn die Eltern dies entweder zu verhindern, versuchten oder sich stattdessen für die Unannehmlichkeiten entschuldigten. Letzteres aber bringt auch Violene immer wieder ins Grübeln. Sie und Schocker sind doch niemand, den man fürchten müsste oder sich unbedingt mit Gutstellen müsste aus Angst, dass sonst etwas passieren könnte.

So kommt es, dass ein neugieriges Kind gerade Schockers Schuppen berührte und stolz seinen Eltern davon erzählte, wie mutig es denn gewesen sei, als Drachengeschrei die friedliche Ruhe durchbricht.
Und Eltern mit ihren Kindern in die umliegenden Häuser verschwinden, während andere Wikinger zu verschiedenen Waffen greifen.

Das, was da kommt, hatte Violene noch nie gesehen: Ein Drachenangriff.








Hey, danke dir fürs lesen :p
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Schatten der Vergangenheit (Httyd)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt