„Was hast du alles erlebt?"
„Wäre die einfachere Frage nicht, was ich nicht erlebt habe?" Ein müdes Schmunzeln.
„Entschuldige, es... ich habe einfach kein gutes Gefühl dabei, wenn du jedes Mal auf sein Kommando hin aufbrechen musstest. Und dass du es bald schon wieder vorhast. Schon einmal überlegt abzuhauen? Mit ihm hast du die Möglichkeit dazu. Es gibt doch nichts, was dich hier hält."
„... du sagst es so einfach. Aber die Welt da draußen ist riesig. Und ich weiß nicht, ob wir es schaffen könnten."
Ein aufmunterndes Lächeln. „Ich glaube an euch. Weißt du, du solltest zumindest einmal darüber nachdenken. Es kann nicht auf ewig so weitergehen. Nicht für dich, nicht für euch. Und erst recht nicht für ihn. Nicht mit diesen Zielen."
„... die Schreie der Menschen verfolgen mich noch immer. Jedes Mal, wenn ich versuche die Augen zu schließen. Wenn ich nur versuche zu schlafen. Sie halten mich wach. Sie quälen mich. Sie foltern mich." Stille. „Ich habe Ruinen gefunden. Und das Bild eines Leuchtenden Fluchs. Vielleicht kann ich die ganzen Puzzleteile noch nicht zusammensetzen, aber ich spüre, das da mehr sein muss. Diese ganzen Puzzleteile haben etwas mit mir und ihm zu tun. Nur was...?"
„Bleibe dran. Eines Tages wirst du es herausfinden. Aber nicht hier, Violene."
* * * * * * *
Die Götter sind ihnen wohlgesonnen. Auch wenn die Mittagssonne hoch am Himmel steht, das Meer unter ihnen verhält sich ruhig. Ausnahmsweise sind auch keine feindlichen Schiffe, geschweige denn überhaupt Schiffe in Sicht. Ja, die Götter sind ihnen diesmal wohlgesonnen. Definitiv ein gutes Zeichen für die anstehende Mission.
Das aktuell größte Problem ist nur, nicht einmal ihr Onkel wusste, wo dieses Berk liegen soll. Auch wenn der Name ihm etwas sagte. Diese Tatsache macht diese Mission somit nicht gerade leichter. Wenn überhaupt...
Ein Stamm, der Drachen jagt. Definitiv ein Gedanke, der weder Violene noch Schocker gefällt. Was also umgekehrt heißt, dass sie mit viel Abstand und Vorsicht dort unterwegs sein müssen. Gezwungenermaßen...
Aber es gibt eine Richtung, in der sie suchen sollen. Immer nach Norden. Auch so eine Aussage, die nur einigermaßen hilfreich ist. Aber mit einem Drachen an der Seite noch immer einfacher, als wenn man es mit einem Schiff probieren würde. Dazu kommt ihr der eine Satz zugute, welchen Rikke ihr damals schon früh beibrachte: Im Osten geht die Sonne auf, im Süden nimmt sie ihren Lauf, im Westen geht sie unter, im Norden ist sie nie zu sehen. Und da die Sonne aktuell an ihrem höchsten Stand ist, müssen sie einfach in die entgegengesetzte Richtung fliegen.
Schlussendlich verdankt sie Rikke im Grunde genommen auch sehr viel, was das Thema Bildung angeht. Lesen, Schreiben, Rechnen, handwerkliche Dinge und auch das orientieren können... ihr Onkel hätte sich nie so viel Mühe damit gemacht ihr all das beizubringen. Da war Rikke ganz anders.
Einerseits ist Violene dankbar, endlich herausfinden zu können, was hinter dem Namen Berk steckt. Zugleich hat sie Angst. Angst, auf weitere Drachenjäger zu treffen. Angst, dass dieser Stamm mit dem ihres Onkels sympathisieren könnte. Das diese sich zusammenschließen und schlussendlich gemeinsam noch mehr Drachen schaden.
Mit einem unguten Bauchgefühl versucht sie auf andere Gedanken zu kommen. Nur um schlussendlich bei Rikkes Worten von gestern zu landen: Du solltest von hier verschwinden.
(DS) „Ach Schocker... Warum ist das alles nur so kompliziert..?"
„Vielleicht solltest du wirklich von dieser Insel verschwinden. Ich mein ja nur, Das würde doch selbst ein blinder Drache sehen, dass es dir da nicht gut geht!"
(DS) „Hey!"
„Was? Ich hab doch recht! Stattdessen machen wir uns wieder auf den Weg, gefühlt über das ganze Meer, nur um Wikinger kennenzulernen die Drachen hassen! Stattdessen hätten wir doch viel lieber eine dieser unbekannten Inseln weitererkunden können. Alles andere wäre besser als seine bescheuerten Aufträge!"
Das war deutlich. Das muss Violene ihm zugestehen. Zugleich... hat er ja irgendwo recht. Aber was soll sie machen? Selbst wenn sie abhauen würden, sie hätten doch keine Chance langfristig hier draußen zu überleben.
Nach einigen Tagen schien es so, als würden sie ihrem Ziel immer näher kommen. Jedenfalls ließen die Fischerboote, welche sie immer mal wieder sahen, sehr darauf schließen. Aber am aussagekräftigsten darüber war das Wappen. Auf den Segeln war das Wappen eines Nachtschattens zu sehen. Du bist deinem Ziel nahe, wenn du das Bild eines Nachtschattens siehst. So hatte er es formuliert. Und er hatte Recht... Nachtschatten, laut deren Stammesunterlagen eine Legende, ein reiner Mythos. Aber wenn es sie wirklich geben sollte, dann sollte man eine Begegnung um jeden Fall vermeiden. Oder?
Doch das Bild, das bei den Unterlagen dabei war, ist 1 zu 1 identisch mit den Wappen, welche sie auf den Schiffen sahen. Und da diese Schiffe immer wieder nur fischen waren... muss Berk ganz in der Nähe sein.
Gerade deswegen ändert Schocker bei jeder Entdeckung seine Richtung, um erst einmal die umliegenden Inseln von Berk kennenlernen zu können. Wenn dieser Stamm so gefährlich ist, dann können sie nicht einfach so auf Berk landen. Erst recht nicht, wenn sie keine Rückzugsorte in der Nähe für einen Notfall kennen.
Überraschenderweise war die Suche darüber schneller abgeschlossen als gedacht. Einerseits gab es nahe Berk mehrere zerklüftete Felssäulen im Meer. Wahrscheinlich ein guter Platz für Drachen, um Flugfähigkeiten trainieren zu können. Wikingerschiffe könnten diese jedenfalls nicht so schnell durchqueren. Und dann gab es da noch diese Insel, deren Mitte anscheinend mal eine Art Vulkan oder Ähnliches war.
Ein guter Platz, um dort erstmal eine Rast einzulegen. Insbesondere, bevor sie dann Berk genauer kennenlernen wollten. Bis jetzt kannten sie nur die groben Randgebiete von dieser Insel. Umso entscheidender ist es für sie morgen einen Überblick über diese Insel von der Luft aus zu kriegen. Und dann je nachdem sich zu nähern und zu beobachten.
Jetzt aber waren sie hier. Auf einer Insel namens „Dracheninsel", wie ein neugieriger Schrecklicher Schrecken ihnen verraten hatte. Mit dem Zusatz, dass dieser Name von anderen Wikingern käme. Vielleicht sogar von Wikingern von Berk.
Die restlichen Drachen dieser Insel ignorierten die Neuankömmlinge geflissentlich. Etwas, worüber weder Violene noch Schocker sonderlich traurig waren. Die Ruhe, die sie dadurch umso mehr hatten und genießen konnten, war wirklich unbezahlbar.
Schweigend beobachtet Violene die zahlreichen Sterne am Himmel, bevor der Schlaf auch sie eingeholt hat. Beschützend behält Schocker seine Reiterin unter seinem Flügel, selbst die Umgebung immer wieder musternd. Seinen eigenen Gedanken nachgehend.
Vielleicht war der nächste Tag tatsächlich zu schnell da. Weder Violene noch Schocker war aber zumute darüber zu diskutieren, geschweige denn sich darüber Gedanken zu machen.
Der heutige Plan war ein anderer. Und er war alles andere als ungefährlich.
(DS) „Okay Schocker. Wir werden anfangs so weit wie möglich oben in der Luft bleiben und insbesondere in Wolken Deckung suchen. Damit aufmerksame Wikinger uns einfach nicht entdecken. Wenn wir einen groben Plan von dieser Insel haben, halten wir die Augen nach einem potenziellen Landeplatz auf. Vielleicht gibt es sogar die Möglichkeit, das wir uns dem Dorf zu Fuß etwas mehr nähern können."
„Ich bleibe dabei, die ganze Geschichte ist mehr als lebensmüde. Das weißt du, oder?"
(DS) „Ja. Aber was bleibt uns anderes schon übrig?"
Damit war das Gespräch beendet.
Wie abgesprochen passt Schocker auf, dass er so weit oben wie möglich in den Wolken die Insel namens Berk ansteuert. Auch heute sind ihnen die Götter dabei sehr wohlgesonnen. Wie sonst sollte Violene sich das heutige Wetter erklären können? Es waren genügend Wolken am Himmel, um ungesehen in der Luft sein zu können. Gut geschützt vor neugierigen Augen.
Zugleich war die Wolkendecke immer wieder von Lücken durchbrochen, die einen problemlos die Welt darunter sehen lassen. Aber irgendetwas kann nicht stimmen. Es ist einfach... zu gut.
Schockers Grummeln reißt sie aus ihren Gedanken. „Wir sind über Berk."
Jetzt wird es ernst.
Vorsichtig beugt Violene sich etwas weiter nach vorne, um einen besseren Blick auf die Insel unter sich erhaschen zu können. Schocker wiederum achtet darauf, dass seine Flügel weitmöglichst gespannt sind und er nur noch so wenig wie möglich mit seinen Flügeln schlagen muss. Ins Gleiten übergehend.
Die ersten Entdeckungen beinhalten nicht wirklich etwas Weltbewegendes, findet Violene. Da gibt es den Hafen, wo die altbekannten Fischerboote sind. Dann das Dorf, das etwas größer als gedacht ist. Eines der Häuser gleicht dabei sogar vielmehr einer riesigen Halle, die teils in den Berg dahinter eingehauen wurde. Noch mehr überrascht sie das Haus in der Nähe, das selbst fast in den Himmel ragt. Auf so einem hohen Turm wurde es dafür anscheinend gebaut. Wer bitteschön wohnt freiwillig da oben?!
Das Nächste, was ihr ins Auge springt, ist eine Arena. Dieses Teil hat auf unschöne Art und Weise viele Ähnlichkeiten mit der, welche es in ihrem Heimatdorf gibt. Und wenn diese... Berkianer tatsächlich so grauenvolle Drachenjäger sind..., sie will nicht wissen müssen, wie viele Drachen dort schon ihr Leben lassen mussten. Verbissen will sie Schocker ein Zeichen geben den großen Wald und die restliche Natur anzusteuern, als ein Drachenbrüllen sie innehalten lässt. Und nicht nur sie-
Angespannt sieht Schocker sich um, aus Reflex leise knurrend. Drachengebrüll auf dieser Insel kann nur zwei Bedeutungen haben. Der Drache ist ein Gefangener. Oder der Drache ist kurz davor in Gefahr ein Gefangener und im schlimmsten Fall ein toter Drache zu werden. Oder?
Den Drachen finden wollend steigert sein Tempo ein Stückchen mehr, Richtung Arena. Was die beiden dort aber sehen sollten, hätten sie niemals mitgerechnet!
Die Arena ist aktuell gar nicht leer, wie sie ursprünglich angenommen hatten. Über dem Eingang zur Arena hängt ein kreisrundes Schild, auf welchem das Wappen von Berk – ein Nachtschatten – abgebildet ist. Und in der Arena... stehen Menschen und Drachen. Dabei scheinen die Menschen ungefähr in ihrem Alter zu sein, schätzt Violene. Erwachsene sind das definitiv nicht.
Was sie aber noch mehr verwirrt, ist, dass die Drachen ruhig neben diesen Jugendlichen stehen. Oder die Jugendlichen zum Teil auf den Drachen sitzen. Insgesamt kann sie sieben Jugendliche und sechs Drachen zählen. Tödlicher Nadder, Riesenhafter Alptraum, Gronkel, Wahnsinniger Zipper, ein Skrill... und... ein Nachtschatten? Sollte das wirklich sein? Das neben diesen „typischen" Drachenarten zu diesen Jugendlichen auch ein Skrill und ein Nachtschatten gehört? Die Legende ist wahr...
(DS) „Hoch, Schocker." Diese Entdeckung muss Violene erst einmal verdauen. Ihr Onkel meinte, diese Wikinger seien brutale Drachenjäger und Töter. Aber... dass da in der Arena... das sah vollkommen anders aus! Natürlich könnte sie sich auch geirrt haben, aber sie wird das Gefühl einfach nicht los, dass sie auf den Rücken der Drachen auch... Sättel gesehen hatte.
Diese Entdeckung widerspricht auf so vielen Ebenen das, was ihr Onkel ihr sagte. Eins ist klar, diese Entdeckung gehört genauer beobachtet. Aber auch wenn es anscheinend keine Lebensgefahr für Schocker auf Berk geben sollte, weder sie noch Schocker sollten von denen entdeckt werden können.
Hey, danke dir fürs lesen :p
Ich hoffe, das Kapitel hat dir gefallen. Zeig es mir doch gerne mit einer Rückmeldung durch Votes und Kommis – Geisterleser kriege ich leider nicht wirklich mit 🥺😅
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Schatten der Vergangenheit (Httyd)
Fanfiction(Vorgeschichte zu "Die Wächterin") Angst. Ein Wort, mit dem sich ihr ganzes Leben zusammenfassen lässt. Seit sie sich erinnern kann kennt sie kein anderes Gefühl als Angst. Angst vor Strafe, vor ihrer Familie, vor Drachen. Jahre später wird sie zu...