18 - Survivor

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Erschrocken hebt Violene den Kopf, klammert sich mehr an die Decke, die sie noch umgibt. Alles in ihr schreit nach Flucht, raus aus dieser Situation, Hauptsache weg von hier!
Die geborgene Atmosphäre ist verschwunden und wich einer angespannten Stimmung. Beschützend ist Schocker aufgesprungen, als er Grodan wahrgenommen hat, und drückt sanft seine Schnauze an Violenes Arm. „Du bist nicht alleine..."
Ja, das stimmt. Sie ist nicht alleine.

Bestimmt ist Rikke aufgestanden und hat sich etwas vor die beiden gestellt. „Wie kannst du es wagen, ohne anzuklopfen einfach mein Haus zu betreten? Grodan, ernsthaft, hast du sie noch alle?!"
„Wie wagst du es mit mir zu reden? Du bist genauso störrisch wie deine Mutter! Ihr wart beide unverbesserlich, was diese Ammenmärchen anging. Ich habe es dir damals schon gesagt und ich sage es dir heute noch einmal: Märchen sind Märchen! Und ich will nicht noch einmal mitkriegen müssen, wie du es wagst gerade Violene diese Märchen zu erzählen und sie auf dumme Gedanken zu bringen!"
„Dumme Gedanken?!", kopfschüttelnd stemmt Rikke ihre Hände in die Hüften, „Du warst es doch, die Violene im Kleinkindalter auf unsere Insel gebracht hast und sie als deine Nichte benannt hast! Du bist hier derjenige, der seine Aktionen und Handlungen definitiv mal überdenken sollte. Und was ich Violene erzähle und was nicht, das lass mal getrost meine Sorgen sein."
„Das", zischt Grodan gefährlich leise, „wird definitiv noch Konsequenzen haben, Rikke. Und nun zu dir, Violene. Ich bin hier, um dir deine nächste Mission zu geben. Du wirst Berk angreifen, natürlich mit Drachen und sowohl das Dorf als auch den Stamm zerstören. Denk daran, was sie deinen Eltern antaten. Ich erwarte von dir, dass du diesmal unverzüglich aufbrichst."

Bevor Violene auch nur irgendeine Reaktion von sich geben kann, hat Grodan das Haus schon wieder verlassen. Rikke wiederum scheint etwas zu sagen, vielleicht ist es auch direkt an sie gerichtet, aber für diesen Moment hat sie das Gefühl alles nur wie durch Watte zu hören. Als wäre ihr Körper anwesend, aber das war es auch schon.
Kurz darauf betritt Rikke wieder den Raum. War sie weg? Anscheinend.
„Mir gefällt das nicht, Violene. Bitte, mach das nicht." Ist das Rikkes Stimme? Es scheint so, jedenfalls schaut sie Violene an. Erst langsam kommt wieder Leben in ihren Körper und gibt ihr das Gefühl, wieder an Ort und Stelle auch wirklich anwesend zu sein. Nicht nur physisch.
„Ich habe keine andere Wahl", das muss ihre eigene Stimme sein, da ist Violene sich sicher, während sie sich an der Bettkante aufrecht hinsetzt. „Wenn ich dem nicht Folge leiste, dann..." Wieder bricht ihre Stimme ab, während Schocker seine Reiterin besorgter mustert.
„Er verlangt von dir, dass du Menschenleben auslöschst! Und selbst wenn es zwei gerechtfertigterweise treffen würde, wie viele Unschuldige würdest du mit dieser Aktion treffen? Wie viele Kinder?"
„Ich habe eh schon Blut an meinen Händen...", jetzt ist Violenes Stimme nur noch ein Wispern.
Betroffen mustert Rikke das 15-Jährige Mädchen vor sich. „Selbst wenn du jetzt aufbrichst, ich bitte dich, entscheide dich für das Richtige, mein Kind. Aber du wirst mir mein Haus nicht ohne Proviant und Stärkung verlassen! Wehe dir!"

Mit neuer Entschlossenheit verschwindet Rikke wieder einmal kurzerhand in ihre Küche, wo man sogleich schon verschiedene Geräusche hört. Worauf habe ich mich da nur eingelassen...?
Zweifelnd mustert Violene ihre Hände in ihrem Schoß, als sich eine altbekannte hellblaue Drachenschnauze dazu schiebt. Was würde ich ohne dich nur machen...? Vielleicht habt ihr alle doch Recht. Vielleicht gibt es ja doch irgendwann irgendwo ein zu weit. Ein zu viel. Ein: So kann das nicht weitergehen. Aber was soll ich machen?
Rikke mehrfach versichernd, dass sie sich bereit für den anstehenden Flug fühlt und ihr versprechend über die richtige Entscheidung auf dem Hinflug nachzudenken, verlässt Violene zusammen mit Schocker das Haus. Doch so sehr sie die Sorge dieser Frau versteht, so sehr liegt auch ihr etwas auf dem Herzen: „Rikke, ich danke dir für alles. Bitte, pass gut auf dich auf wegen meinem Onkel..."
„Versprochen, mein Kind. Bis jetzt hat der Hitzkopf sich nach unseren Diskussionen schnell wieder beruhigt und alles vergessen." Dabei zwinkert sie Violene zu, bevor sie in ein Winken übergeht, kaum beginnt Schocker loszufliegen.
Das Problem ist nur: Diesmal wirkte er anders. Als würde er es diesmal nicht vergessen wollen. Und ich habe Angst, dich nie wiederzusehen, Rikke. Ich habe Angst, dass dies unser Lebwohl war.

Schatten der Vergangenheit (Httyd)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt