Tres

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LEONARDO

Mit offenen und gleichzeitig müden Augen stand ich vor unserem kleinen Fenster und beobachtete die Landschaft in der Ferne.
Eine Mutter mit Kinderwagen spazierte genau an meinem Blickfeld vorbei und ich beobachtete gespannt wie zwei Kinder fröhlich miteinander spielten.
Dabei stellte ich fest, dass all diese Leute ihr Leben in vollen Zügen genießen konnte und ich noch nicht einmal wusste, wann und ob meines je wieder weitergehen würde.

Elisha hatte ihre Augen geschlossen und schläft nun seit ungefähr einer halben Stunde friedlich, weshalb ich sie sehr gut beobachten konnte, ohne mich dabei schlecht zu fühlen.
Ihre braunen langen Haare hatten sich über ihr Gesicht hergemacht und ich fokussierte meinen Blick auf ihre wunderschön geformten Wimpern.
Sie war einfach eine Schönheit.

Unsere Zimmertür wurde geöffnet und eine Frau mit glatten pechschwarzen Haaren betrat den Raum.
Lächelnd kam sie auf mich zu und ich ging ihr mit wackeligen Beinen einen Schritt entgegnen.

„Ich hab dich so vermisst", murmelte Diora in mein Haar und zog mich in eine lange, innige und zugleich liebevolle Umarmung.

„Ich hab dich auch vermisst", brummte ich und die Nähe zu einer mir vertrauten Person tat unglaublich gut.

„Lo siento, hermano. Die anderen werden nicht kommen. Sie fühlen sich zu fein um dir einen Besuch abzustatten", erklärte sie mir wehmütig und drückte mich noch fester an sich.

„Ich will dich nicht verlieren!", schluchzte Diora und einzelne Tränen liefen ihr über die Wangen.

Meine Augen fuhren herum als sich etwas im Nachbarbett regte und Elisha sich zu strecken begannen.
Noch leicht verschlafen öffnete sie ihre Augen und mein Blick traf ihren als sie mich mit Diora haargenau beobachtete und ich konnte mir nicht erklären, wieso ich mich im nächsten Moment deswegen schlecht fühlte.

„Wer ist das?", wollte meine Schwester wissen und drängte sich immer noch näher an mich, obwohl ich ihren Atem schon deutlich an meinem Körper spüren konnte.

„Ich bin die Freundin und wer bist du?", hakte Elisha nach und das Blickduell zwischen den beiden entging mir natürlich nicht.

„Leo- wieso hast du", wollte sie gerade zu einer neuen Frage ansetzen doch ich unterbrach Diora mitten im Satz.

„Ich erkläre es dir ein anderes Mal und ich sollte mich jetzt auch ein wenig ausruhen", murmelte ich und sie nickte.

Es dauerte noch ein paar Minuten bis meine Schwester mich mit ihren kritischen Blicke zu Ende beobachtet hatte und sich ihre Handtasche schnappte, welche neben meinem Bett stand, um dann den Raum und mich zu verlassen.

„Du bist also meine Freundin. Soso. Ich wusste gar nicht das wir zusammen sind", neckte ich Elisha amüsiert, während sie trotzig die Hände vor ihren Armen verschränkte.

„Sind wir nicht, aber ich mag dich eben und diese Frau kam mir ziemlich anstrengend vor. Mögen scheint sie mich auch nicht", murmelte sie und ich konnte die Eifersucht in ihrer Stimme deutlich brodeln hören.

Ich hielt mir die Hand vor den Mund und konnte dennoch nicht verhindern, dass ich anfangen musste zu lachen.
Dafür erntete ich einen wütenden Blick von ihr und versuchte mich wieder zu fangen, um sie dann auch Ernst zu nehmen.

„Das gerade war meine Schwester, ángel. Du hast recht, sie kann ziemlich speziell sein, aber sie ist die einzige, die ich habe. Sie ist die einzige aus meiner Familie die mich bewundert und nicht dauernd wegen kleinen Fehlern fertig macht", brummte ich und Traurigkeit lag in meiner Stimme.

„Mich besucht überhaupt niemand also sei doch froh, dass sich für dich überhaupt einer aus der Familie interessiert, auch wenn es nur deine Schwester ist.
Hast du jemanden gesehen, der wegen mir gekommen ist? Nein und das wird sich auch nicht ändern, denn ich bin niemandem wichtig genug, dafür. Wenn ich bald sterben würde, wen würde es interessieren? Wahrscheinlich niemanden."

Ihre Worte erreichten mich tief und ich konnte förmlich spüren, wie sie sich fühlen muss.
Am liebsten würde ich aufstehen und sie einfach nur umarmen, doch ich wusste nicht, ob dies das Richtige wäre.
Ich kenne mich mit Frauen nicht aus.
In diesem Gebiet bin ich eine Niete und es liegt auch nicht auf meiner Prioritätenliste es zu lernen.
Dennoch stand ich auf, obwohl ich mich eben erst gesetzt hatte und lief auf sie zu.
Dann griff ich nach Elishas Hand und beugte mich zu ihr herunter, um sie in meine Arme zu ziehen.

Für einige Sekunden verharrten wir in einer eng umschlungen Position und sie war die, die sich als erstes wieder löste.
Ihr wild pochendes Herz konnte ich dennoch immer noch klar hören und dieser kurze Moment hatte sich schon fast magisch angefühlt.
Ob dies Anzeichen für Verliebtsein waren, konnte ich nicht genau sagen, denn andererseits kam es mir völlig absurd vor, mich schon an meinem ersten Krankenhaustag zu verlieben, doch aussuchen kann man es sich nicht.
Vielleicht waren wir auch nicht füreinander bestimmt, wer weiß das schon.

Aber als Mafiaboss hatte ich sowieso keine bis kaum eine Gelegenheit mich mit Frauen auseinander zu setzen, da mein Leben sich als ziemlich gefährlich darstellt und gleichzeitig dauert es auch Zeit bis man eine Frau genau kennengelernt hat.

Doch irgendwie schlummerte in mir die Hoffnung, dass es mit Elisha anders sein könnte, vor allem da ich mich in ihrer Nähe mehr als nur wohl fühlte und sie auf mich anders wirkte.
Anders als die anderen Frauen und sie war auf jeden Fall etwas besonderes.
Das konnte ich regelrecht spüren und ich überlegte fieberhaft, ob ich sie heute fragen sollte.
Ob Elisha gleich sofort Ja sagen würde, konnte ich nicht mit Sicherheit sagen, aber es war auch nicht auszuschließen.

Bevor ich weiter darüber nachdenken konnte, wurde uns von einer wirklich netten Krankenschwester das Abendessen gebracht und ich musste zugeben, dass es gar nicht so schlecht roch.
Allerdings war ich kein Fan von Essen aus dem Krankenhaus, weswegen ich erstmal daran riechen musste, um mich zu vergewissern, dass es überhaupt verzehrbar war.
Auch Elisha beäugte das Essen vorerst skeptisch, bis sie einen Happen probierte und ich es ihr nachmachte.

Und ich konnte mit Erleichterung sagen, dass es nicht so schlimm schmeckte, wie es eigentlich aussah.
Es geht eben um die Inneren Werte und nicht darum, wie etwas von außen scheint.

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Entwickelt sich da was?🥰🤭☺️

The disease ✔Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt