Kapitel 4: Schnätze (da wo keine sein sollten)

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Als die Tage etwas länger und endlich auch wärmer wurden standen die Quidditch Auswahlspiele vor der Tür. Für das Slytherin Team gab es einige Bewerber und Marcus hatte sich ein paar Kriterien herausgearbeitet, auf die er besonders achten wollte. 

Sein Vorgänger als Mannschaftskapitän war im vergangen Jahr Siebtklässler gewesen, deshalb stand seine Stelle, Treiber, auch zum Vergeben aus. Und vielleicht war ja auch das ein oder andere Talent für eine andere Position in der Mannschaft dabei. Man konnte ja nie wissen. 

Allerdings wollte er keinesfalls einen Zweitklässler dabei haben – maximal im Reserveteam. Für dessen Ausbesserung hatte er sich einen anderen Plan zurechtgelegt, dem er sich widmen würde, wenn die Try Outs fürs richtige Team vorbei und alle Stellen besetzt waren. 

Die vergangenen Monate waren nicht leicht für Marcus gewesen. Zum einen natürlich, weil es ihm einfach so unglaublich schwer fiel, sich auf den Unterricht zu konzentrieren. Zum anderen weil er sich sehr hatte zusammenreißen müssen, um gegen die Wut anzukämpfen, die ständig kochend heiß durch sein Blut schoss. Wood hingegen hatte er trotzdem nicht gemieden, aber abgesehen von ihren gewöhnlichen Zankereien war nichts weiter passiert. 

Gryffindor hatte in der Woche zuvor ihre Auswahlspiele gehabt und so wie er gehört hatte, war es nicht sonderlich gut gelaufen. Wer der neue Kapitän war, hatte er leider immer noch nicht in Erfahrung bringen können, denn seltsamerweise hielt in dieser Hinsicht jeder den Mund. 

Er persönlich tippte auf eine der Jägerinnen. Mädchen wollten doch sicher bescheiden dastehen und machten ein Mysterium um alles. Ein paar Rätsel hier und da würden ein Quidditchspiel sicherlich noch interessanter gestalten, vor allem für die weniger sportbegeisterten. 

Als Marcus weiter hinten auf dem Rasen des Spielfeldes plötzlich eine rot gekleidete Gestalt erkannte, schlich sich ein kleines Grinsen auf sein Gesicht. Wie der Zufall es so wollte schienen er und Wood genau zum richtigen Zeitpunkt gleichzeitig hier draußen zu sein. Eigentlich der perfekte Moment, um mit gekränktem Stolz eines Gryffindors zu arbeiten.

Zielsicher marschierte er in Woods Richtung und als dieser ihn bemerkte, grinste er noch breiter. „Was für eine Überraschung, das wir beide uns hier treffen, nicht?", fragte er. 

„Flint.", knurrte Wood, wobei er herausfordernd die Arme verschränkte. 

Marcus hatte es richtig gedacht, sein Rivale hatte wegen der schlecht gelaufenen Auswahlspiele schlechte Laune. In dieser Hinsicht waren sie sich ähnlich, denn Ärger einige Zeit lang mit sich rumschleppen tat Marcus schließlich wöchentlich. Er beschloss, direkt mit der Tür ins Haus zu fallen. 

„Es wird nicht leicht, den Verlust des Weasleys auszugleichen. Hab gehört deine Anwerber als Sucher waren grottenschlecht." 

„So, hast du das gehört? Interessant." 

Es bestätigte Marcus darin, einen wunden Punkt getroffen zu haben. Also weitermachen. Er hatte auch mal wieder bessere Laune nötig und so ein kleiner Sieg über Wood würde da auf jeden Fall helfen. 

„Macht ja nichts. Ihr verliert dieses Jahr sowieso wieder. So wie, ah, lass mich kurz nachdenken, die sieben Jahre davor auch schon." 

Als hätte er Mitleid mit Wood hob Marcus die Hand, um ihm neckend auf die Schulter zu klopfen, aber sein Gegenüber war nicht umsonst ein Hüter. Wood hatte viel zu gute Reflexe, als das er die Bewegung zu spät hätte kommen sehen, weshalb er den Arm des Slytherins wegschlug. 

„Lass deine Finger bei dir, Flint!", zischte er mit finsterer Miene. Dann versuchte er sich an Marcus vorbei zu drängeln, der ihn aber so schnell nicht gehen lassen wollte. 

„Nah, keine Sorge. Die Knochen brech ich dir erst beim nächsten Quidditchspiel. Ich freu mich drauf, dich für ein paar Wochen auszuschalten, damit du dir im Krankenflügel gepflogen aus dem Kopf schlagen kannst, das ihr jemals auch nur den geringsten Hauch einer Chance gegen uns habt. Erst recht nicht mit dir als Hüter - " 

Wood drehte sich auf dem Absatz um und plötzlich waren sie sich so nah, dass gerade einmal ein Klatscher zwischen sie gepasst hätte. Woods Augen waren vor Wut ganz dunkel, als er Marcus anfunkelte. „Wag es dir noch einmal so etwas zu sagen. Ich schwör's dir Flint. Ich weiß, dass ich gut bin. Ich weiß, dass mein Team gut ist. Aber im Gegensatz zu euch spielen wir sauber. Wir sind im Profilager und ihr auf dem Niveau von fliegenden Fußabtretern!" 

Das war ein für Woods Verhältnisse überraschend guter Spruch, das musste Marcus zugeben. Aber er wollte das letzte Wort in dieser Konservation haben. Er wollte das hier beenden, er hatte ja schließlich auch damit angefangen.

 Also neigte er sich ein wenig nach vorne, was auf Außenstehende vielleicht sogar wie eine vertrauliche Geste hätte wirken können, und präsentierte dem Gryffindor in seinem besten verschlagenen Grinsen all seine schiefen Zähne. 

„Es ist fast zu niedlich wie krampfhaft du versuchst, euch besser zu machen, als ihr seid." Er hätte auch noch mehr gesagt, darüber, dass die Teamarbeit nicht richtig ausgereift war und dass sie aufgrund ihrer alten Besen wie Hexen und Zauberer aus dem Mittelalter wirkten. 

Allerdings kam er gar nicht dazu, denn ohne jegliche Vorwarnung hatte Wood die Arme hochgerissen und Marcus einen so heftigen Stoß gegen die Brust gegeben, dass er überrascht mehrere Schritte nach hinten stolperte. 

„Woah, Wood!", rief er und versuchte sich mit rudernden Armen zu fangen. 

„Geschieht dir recht.", giftete der Gryffindor. Dann flüchtete er mit wehender Robe vom Quidditchplatz und ließ einen verdutzten Marcus zurück, der sich langsam wieder fing. 

Als er vollends sein Gleichgewicht zurückerlangt hatte, legte er seine Finger unbewusst auf die Stelle, an der Woods Hände ihn berührt hatten. Er musste zugeben, dass ihn der ziemlich kraftvolle Schubser für einen kurzen Moment lang die Luft zum Atmen genommen hatte. Seltsamerweise begann die Stelle nun leicht zu kribbeln und auch wenn der leichte Schmerz im Bruchteil einer Sekunde wieder verschwunden war, ließ diese Begegnung ein seltsames Gefühl in Marcus zurück. 

Als er also, für seine Verhältnisse sehr nachdenklich, bei dem Teil seines Teams eintraf, der sich bereits für die bald beginnenden Try Outs eingefunden hatte, ankam, wanderte das Kribbeln aus seiner Brust hinab in die Magengegend. Dort war es bei Weitem bemerkbarer, stärker irgendwie. Als würde es wachsen, von Ameisengröße auf die eines Schnatzes. Das war mehr als beunruhigend.

Und je länger er über die Begegnung nachdachte, des do mehr Schnatze wurden es. Marcus hatte keine Ahnung, was das auf einmal war, denn so etwas war ihm noch nie passiert. Vielleicht irgendein feiger Zauber, den Wood ihm angehängt hatte? Falls das nicht aufhörte, würde er sich wohl untersuchen lassen müssen. 

Die Schnatze wurden noch eine Runde aktiver, hunderte kleine Flügelspitzen schienen sein Inneres durcheinanderzubringen. Was zur Hölle?! 

Marcus blieb entsetzt stehen, eine Hand auf den Bauch gelegt. Er zwang sich, mehrmals tief ein und auszuatmen, bis das Gefühl langsam schwächer wurde. 

Die Schnatze schrumpften und bald war das seltsame Kribbeln fast endgültig entschwunden, genauso plötzlich, wie es gekommen war. Wenn es wirklich ein Zauber war, dann würde Wood dafür bezahlen! 

Marcus setzte den Rest des Weges noch ein Stück nachdenklicher fort und ignorierte den Fakt, dass das Kribbeln noch einmal aufzuflammen schien, sobald er „Wood" auch nur in Gedanken erwähnte. Ein Zauber, ohne Zweifel. Und weil Wood derjenige war, der diesen gewirkt hatte, fühlte es sich so komisch an. Hoffentlich passierte nicht noch mehr, das Kribbeln allein war Ablenkung genug. 

Marcus beschloss, heute nicht nach einem neuen Sucher Ausschau zu halten. Den Anblick eines richtigen Schnatzes würde er jetzt gern vermeiden. 

Chasing you down againWo Geschichten leben. Entdecke jetzt