"Die werden so dumm aus der Wäsche schauen!", kicherte Montague irgendwo in Marcus Rücken.
Er marschierte seiner Mannschaft mit großen, schnellen Schritten voran durch die Hallen und Flure des Schlosses, immer im Hinterkopf, dass sie ja nicht zu spät dran sein sollten. Er wusste ja, wie sehr Wood auf Pünktlichkeit achtete, weshalb er unbedingt zur richtigen Zeit am Hof ankommen musste, wenn er das Gegnerteam noch vor dem Spielfeld abfangen wollte.
Marcus gestand sich gern ein, dass er seinen Plan ziemlich genial fand. Vielleicht hatte er in dieser Hinsicht einen kleinen Hang zur Dramatik, aber das war in Ordnung. Damit würde er den Löwen hoffentlich so richtig den Tag vermiesen.
Und so stiefelte das fertig umgezogene und auf die Gesichter der Konkurrenten gespannte Slytherinteam mit glänzenden neuen Besen auf der Schulter und einem sehr jungen Sucher vorfreudig durch Hogwarts und anschließend auf den Hof.
Wie Marcus gehofft hatte, tauchte fast zeitgleich mit ihnen eine rot gelb gekleidete Gruppe auf der anderen Seite auf, und kaum dass sie in Sichtweite waren, erhob Wood auch schon die Stimme. Er war bereits jetzt verärgert, das konnte man an einer kleinen Zornesfalte in seiner Stirn deutlich sehen. „Wohin bist du unterwegs, Flint?", verlangte er zu wissen.
Marcus verlangsamte seine Schritte, bis sie sich gegenüber standen. Direkt an Wood Seite befand sich der ach so berühmte Harry Potter und bedachte ihn mit einem – wohlbemerkt wenig einschüchternden – finsteren Blick. Na der würde sich gleich noch wundern.
Voller Vorfreude auf die Überraschung, die er für seine Gegner im Gepäck hatte, entgegnete Marcus ganz lässig: „Zum Quidditchtraining natürlich."
„Das kann nicht sein. Ich habe das Feld heute für Gryffindor gebucht!" Wood war bereits jetzt wieder kurz vorm Überkochen.
Seine Rage verhalf Marcus zu noch stärkerem Selbstbewusstsein. Lässig griff er in die Tasche seiner Spielerrobe und zog den Zettel heraus, den ihm sein Hauslehrer nur mit Vergnügen überreicht hatte. „Ganz ruhig, Wood. Ich hab' hier 'nen Zettel."
Und damit streckte er dem Angesprochenen die kleine Pergamentrolle entgegen. Oliver beäugte ihn für einen Moment kritisch, aber dann siegte seine Unruhe und er grapschte eilig danach.
Marcus hielt den Zettel mit Absicht etwas fester, aber kaum, als sich Woods Finger um seine Hand schlossen, schoss eine Hitze von so großer Ungewohntheit durch seinen Körper, dass er fast augenblicklich losließ und dem braunhaarigen die Notiz überließ. Er hatte vergessen, dass das mit Berührungen ja so eine Sache war. Am liebsten hätte er sich auch sofort die ausgebrochenen Schnatze aus dem Bauch geboxt, aber das würde die ganze schöne triumphale Stimmung verderben.
Darum riss er sich zusammen und zwang seine Beine, genau auf seinem Platz stehen zu bleiben und nicht einfach Reißaus zu nehmen. Dann galt seine ganze Aufmerksamkeit wieder voll und ganz Wood, der inzwischen die Nachricht aufgerollt hatte und für alle Anwesenden mit (wohlbemerkt sehr angenehmer) Stimme hörbar vorlas, was dort geschrieben stand.
„Ich, Professor Severus Snape, gebe hiermit der Mannschaft von Slytherin die Erlaubnis, das Quidditchfeld zu benutzen, um ihren neuen Sucher zu trainieren." Wood hielt erstaunt inne und blinzelte mehrmals, als könne er nicht ganz glauben, was da geschrieben stand. Mit flatternden Augenliedern blickte er zu Marcus auf. "Ihr habt also einen neuen Sucher? Wen?"
Showtime, dachte Marcus. Dann gab er seinen Leuten ein Zeichen und wie in einem einstudierten Theaterstück traten die großen, breiten Jungs beiseite um die kleine, schmächtige Gestalt Malfoys zum Vorschein zu bringen. Und oh, wie die Gryffindors Augen machten.
Wood sah nicht begeistert aus, und Potter schien seinem Rivalen am Liebsten an die Kehle springen zu wollen. Der allerdings genoss es sichtbar, im Rampenlicht zu stehen. Voller Stolz positionierte er den neuen Nimbus 2001 neben sich. „Das ist nicht das Einzige, was neu ist."
Und als den Gryffindors gewahr wurde, dass alle sieben Gegner das gleiche Modell in ihren Händen hielten, wich selbst Woods Wut der Verblüffung, wenn nicht sogar dem Erstaunen. Und wie überraschend anders er aussah, wenn er mal nicht sein finsteres Gesicht trug ...
So wie die anderen also die Besen und den Malfoy Sprössling anstarrten, starrte Marcus Wood an und versuchte, sich die weniger angespannten Gesichtszüge des Gryffindors irgendwie einzuprägen. Was er damit anfangen wollte, wusste er selbst nicht, aber er hatte das Gefühl, den Moment irgendwie festhalten zu müssen.
Potters Anhängsel, die beiden anderen Zweitklässler, bemerkte er erst, als sich der Rotschopf mit ebenso geweiteten Augen und einem „Das sind ja Nimbus 2001! Die neuesten Besen auf dem Markt!", meldete. „Woher habt ihr die?"
„Geschenkt bekommen.", meinte Marcus knapp zu ihm, „Von Dracos Vater."
„Siehst du Weasley, im Gegensatz zu anderen Leuten kann sich mein Vater eben das Beste leisten.", spottete Malfoy selbstsicher.
Da mischte sich plötzlich auch das Mädchen ein. „Wenigstens", begann sie in ihrer überheblichen Art, „Wenigstens musste sich niemand ins Gryffindorteam einkaufen. Bei uns geht es nur ums Talent!"
Und während Draco sie daraufhin wütend anfunkelte und nach einer Antwort suchte versetzten ihre Worte Marcus für einen Moment in Unbehagen, auch wenn ihn ihre Wortwahl herzlich wenig beeindruckte.
Terence war noch immer stocksauer über seinen „Verrat", wie der ehemalige Sucher es nannte, und hatte seit Wochen kein Wort mehr mit ihm gesprochen. Dennoch, schummeln gehörte zu ihren Taktiken. Wenn Higgs Mann und Slytherin genug war, dann würde er sich schon irgendwann wieder einkriegen.
„Niemand hat dich gefragt, du wertloses kleines Schlammblut!", holte jetzt Malfoy aus, dem endlich etwas eingefallen war.
Marcus wandte den Kopf fort vom Geschehen, um Woods Reaktion zu sehen. Vor Empörung war dem anderen Teamkapitän der Mund aufgeklappt, dennoch hielt er geistesgegenwärtig den Arm vor einen seiner Treiber, und hinderte ihn somit daran, auf Malfoy loszugehen.
Doch die Situation schien zu eskalieren, als plötzlich Potters rothaariger Freund den Zauberstab zog, der irgendwie seltsam aussah, und ihn auf den blassen Schleimer richtete. „Das wirst du bereuen Malfoy!", zischte er, „Spuck Schnecken!"
Marcus und der Rest seines Teams wichen augenblicklich zurück, doch der grünliche Lichtstrahl, der aus dem Stab schoss, erwischte gar nicht sie. Auch nicht ihren Sucher, denn nur ein Augenzwinkern später lag der Potters Klassenkamerad auf dem Rücken im Gras, während sich sein Gesicht grünlich verfärbte.
Nach einer Schrecksekunde fasste sich Marcus und begann, sich über das Spektakel zu amüsieren. Na das wurde heute wohl nichts mehr mit einem entspannten Training für die Löwen. In dieser Hinsicht hatte sein Plan von Anfang bis Ende funktioniert und Wood war definitiv der Verlierer des Tages.
Als der getroffene Weasley dann die erste, schleimige Schnecke auswürgte und eine zweite gleich hinterher spuckte, konnte Marcus sich nicht mehr halten und lachte lauthals drauf los, seine Freunde stimmten kurz darauf mit ein.
Das geschockte Gryffindorteam sammelte sich noch besorgt um ihren Hauskameraden und zerstreute sich kurz darauf, Potter und das Mädchen mit Weasley im Schlepptau und die Spieler zurück zu dem Umkleiden. An Training würde die Gruppe keinen einzigen Gedanken mehr verschwenden, zumal sie ja auch nicht mehr das Feld benutzen dürften. Außer sie würden es mit der Konkurrenz teilen wollen – und das war genauso unwahrscheinlich, wie dass Marcus und Oliver Wood eines Tages Freunde sein könnten. Oder sogar mehr.
Und während die einen sich also geknickt umzogen, kommandierte der Sohn des Hauses Flint einige Minuten später mit größter Vergnüglichkeit seine Mannschaft über das Quidditchfeld und dachte nur ab und an, ganz, ganz kurz daran, was passiert wäre, wenn er Woods Hand bei der Zettelübergabe einfach festgehalten hätte.
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Chasing you down again
Fanfiction"Fick dich, Flint!" "Das musst du schon selber tun, Wood." Neben Oliver spuckte Percy Weasley erschrocken sein Getränk über den Tisch und auf seine Schulbücher. Viel Spaß^^