Kapitel Acht: Befragung

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L I N A

Sobald ich das letzte Foto geknipst habe, stehen die beiden vom Liebessofa auf und schlendern neugierig zu mir rüber. Dean hat uns bereits vor Stunden verlassen. Wie es sich herausgestellt hat, wollte er seiner Schwester nur ihr Kosmetiktäschchen bringen. Hätte ich ihm von Anfang an zugehört, wären mir diese Peinlichkeiten erspart geblieben.

»Lass mich mal sehen, Lina«, verlangt Sofia und drückt ihren Verlobten zur Seite, damit sie besser auf den Bildschirm sehen kann. Über diese Szene muss ich schmunzeln, da sie mich an mich selbst erinnert.

»Ich muss sie noch bearbeiten, aber hier hast du schon mal den ersten Eindruck.«

Ich zeige ihr meine Lieblingsschnappschüsse. An ihrer Reaktion kann ich erkennen, dass sie mir gelungen sind. Sofia wird sich freuen, sobald sie das Endresultat in den Händen hält, während es mich mit Stolz erfüllen wird, da ich genau das erreicht habe, was ich mir immer zum Ziel setze.

»Wow, die sind fantastisch, Lina. Du müsstest sie gar nicht bearbeiten, weil sie perfekt sind.«

Sofias Augen leuchten auf und ihre Hand wandert hinauf zu ihrem Mund. Ich bin gerührt von ihren Worten, jedoch würde es mein innerer Perfektionist nicht zulassen, wenn ich die Bilder so mitgebe. »Sie sind wirklich toll. Vielen Dank, Lina«, schaltet sich Mark ein und umarmt seine Verlobte von hinten. Die Liebe, die sie beide zueinander empfinden, spüre ich im ganzen Raum.

»Gern geschehen. Ich werde sie mir diese Woche noch vorknöpfen, sodass ihr am Wochenende mit den Fotos rechnen könnt. Ist das für euch so in Ordnung?«

Mark nickt zustimmend. Wir beide sehen aber zu Sofia, da sie alles organisiert hat und am Ende sie die endgültige Entscheidung trifft. Ihr Verlobter hat ihr die ganze Sache überlassen, weil er weiß, wie gern sie Events plant. Ich kann mir vorstellen, dass ihre Verlobungsfeier bombastisch wird.

»Das würde passen. Ich muss erst nächste Woche, wegen der Einladungskarten, zur Druckerei.« Zufrieden klatsche ich in die Hände. Das gibt mir genug Zeit, um nicht unter Druck gesetzt zu werden.

»Aber reden wir jetzt über meinen Bruder«, ruft Sofia aus und wechselt abrupt das Thema. Ich verschlucke mich an meiner eigenen Spucke, weswegen ich nach einem Glas Wasser greife, um meinen Hals zu beruhigen. Wie subtil sie doch ist.

»Ähm … über deinen Bruder?«

Ich kann mit ihr doch nicht über Dean sprechen. Wieso fragt sie mich überhaupt? Sie soll sich Adonis schnappen und alles, was sie wissen will, aus ihm herauskitzeln. Ich bin dafür die falsche Person. Definitiv.

»Ja, über Dean. Er wollte mir nicht viel preisgeben, also dachte ich, dass ich dich fragen könnte. Also … wie habt ihr euch kennengelernt?«

Mein flehender Blick gleitet rüber zu Mark, der nur die Hände hebt und mir damit signalisiert, dass ich allein da durch muss. Er will sich nicht mit seiner Herzdame anlegen. Dieser Verräter!

»Ähm … Dean hat mich vor meinem schlimmsten Date gerettet«, gebe ich nach, da ich sehen kann, dass es keinen Sinn gibt sich dagegen zu wehren. Sofia scheint ein echter Sturkopf zu sein.

»Wie kann ich das verstehen?«, hakt sie weiter nach und spielt dabei mit ihren blonden langen Haaren. »Na so wie ich es gesagt habe. Ich war auf einer fürchterlichen Verabredung und Adonis hat mir einen Ausweg angeboten.« Irgendwie fühle ich mich, wie auf einem Polizeirevier. Sofias Blick ist furchterregend und nach meinem letzten Satz zieht sie ihre Augenbrauen in die Höhe.

»Adonis?« Ich kann an ihrer Stimme erkennen, dass sie belustigt ist, jedoch zeigt mir ihr Gesicht was völlig anderes. Marks Telefon beginnt zu läuten und mit einer leisen Entschuldigung entfernt er sich von uns. Wir beide sehen nicht mal zu ihm rüber. Ich habe zu große Angst, diesen Blickkontakt zu unterbrechen. Könnte ja sein, dass sie mich anspringen will oder so.

»Ja, Adonis.«

Mal wieder fühlen sich meine Wangen heiß an. Ich kann gar nicht zählen, wie viele Male mich diese Familie schon in Verlegenheit gebracht hat. Das ist mir vorher noch nie passiert. Die Luft fühlt sich stickig an, meine Hände beginnen zu schwitzen und aus reinem Impuls nehme ich einen Kugelschreiber in die Hand, damit ich mich mit etwas ablenken kann. Irgendwie muss ich diesen Stress loswerden.

»Wenn du meinem Bruder das Herz brichst, dann werde ich dich finden, Lina. Er hat nur das Beste verdient. Sollte ich herausfinden, dass du es nicht ernst meinst …« Den Rest vom Satz lässt sie im Raum stehen, jedoch muss ich hart schlucken, da ich es mir genau vorstellen kann. In meinen Gedanken kann ich bereits mein Grab sehen, jedoch kann ich sie verstehen. Ich würde dasselbe sagen, wenn es um Mona oder meinen kleinen Bruder gehen würde.

Zaghaft nicke ich ihr zu, bevor sich ein strahlendes Lächeln auf ihrem Gesicht bildet. Sofia klatscht begeistert mit den Händen und hüpft dabei regelrecht. Oh Gott, sieht das unheimlich aus. Wie kann jemand so schnell seine Mimik ändern? Ist sie vielleicht Schauspielerin?

»Du hättest dein Gesicht sehen sollen«, lacht sie mich aus. Ich finde das nur minimal witzig, da ich weiß, dass ein Fünkchen Wahrheit dahinter steckt. »Hör zu, Sofia. Ich nutze Dean nicht aus, zudem verarsche ich ihn nicht und ich möchte ihn wirklich kennenlernen. Das, was ich bisher von ihm zu sehen bekommen habe, hat mir unglaublich gefallen. Was auch immer das zwischen uns ist, möchte ich nicht verlieren, also mach dir keine Sorgen deswegen.«

Ich versuche, meine Atmung ruhig zu halten. Meine Hände sind dicht an meinem Körper, damit sie das Zittern nicht bemerkt. Aber wem mache ich was vor? Ein Blick in mein Gesicht und jeder weiß, was in mir vorgeht. Ich weiß nicht einmal, wieso ich so nervös bin. Aber irgendwie jagt mir Sofia eine Heidenangst ein.

»Ich will dich nicht verschrecken, das war eigentlich nur ein Witz.« Sie kommt einen Schritt auf mich zu und legt ihre Hände auf meine Schultern. »Jeder konnte vorhin sehen, was für eine unglaubliche Bindung ihr bereits zueinander habt, auch wenn ihr beiden euch noch gar nicht kennt. Ich habe meinen Bruder noch nie so glücklich gesehen und dafür will ich mich bei dir bedanken.«

Gerührt drücke ich ihre rechte Hand. Mir ist das gar nicht aufgefallen, aber dafür kenne ich ihn zu wenig. »Er macht mich auch glücklich. Es hört sich vielleicht verrückt an, aber dein Bruder geht mir seit unseren ersten Treffen nicht mehr aus dem Kopf.« Ich beschließe komplett ehrlich zu sein, da ihre Sorge echt ist.

»Oh glaub mir, das klingt keinesfalls verrückt, sondern unglaublich süß.«

In meinem Kopf stelle ich sie mir gerade mit Herzchenaugen vor, was mich zum Lachen bringt. »Wir sollten mal zusammen trinken gehen«, schlage ich ernsthaft vor. Ich glaube, dass wir beide gute Freunde werden können. Immerhin sehe ich viel von mir in Sofia, was irgendwie gruselig ist. Und was ist besser, um das Eis zu brechen? Richtig Alkohol. Das verbindet Menschen.

»Oh ja! Das müssen wir unbedingt tun. Wie wäre es mit nächstem Wochenende?«

Zustimmend nicke ich ihr zu. Das wird bestimmt interessant mit uns beiden. Vielleicht sollte ich Mona ebenfalls einladen. Die beiden würden sich bestimm auch gut verstehen.

»Geht klar.«

Zuckersüß wie dunkle Schokolade | ✔Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt