Ort des Schmerzes

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Elijah's Pov:

Es war kurz nach zwei Uhr, als wir beschlossen, den Club zu verlassen und Niall sowie Bela dies ebenfalls tun wollten.
Also standen wir alle auf, Niall verabschiedete sich noch von irgendeinem anderen Typen, während wir restlichen drei schonmal nach draußen gingen und dort auf ihn warteten.

»Und, wie lange läuft das schon zwischen euch beiden?«, fragte Bela draußen, während ich mich an eine Wand lehnte und die frische Luft inhalierte. »Kompliziert zu erklären!«, antwortete Kyran an meiner Stelle und Bela gab ein. »Hm« von sich.
»Versuche es«, forderte mein alter Kumpel und ich sah ihn seufzend an. »Hat vor einem halben Jahr begonnen, dann war's für ein halbes Jahr vorbei und jetzt ist's ne Woche!«, erklärte ich die Kurzfassung und Bela sah überrascht zwischen uns hin und her. »Das ist kompliziert!«, gab er zu und Kyran sowie ich nickten fast synchron.
»Trotzdem noch alles gute!«, meinte Bela schließlich, als Niall auch aus dem Club trat und ich stieß mich schwungvoll von der Wand ab.

Niall und Bela gingen Hand in Hand vor, während wir etwas abseits, hinterher gingen und ich leicht hinter Kyran ging, um nicht in die Versuchung zu kommen, einfach seine Hand zu nehmen. Denn obwohl ich an diesem Abend schon aufdringlich genug gewesen war, musste ja nicht jeder, der uns sah wissen, dass zwischen uns mehr als nur Freundschaft lag. Vorallem nicht, wenn ich immernoch meinen alten Ruf behalten hatte, auf welchen ich wirklich nicht stolz war und auf den Kyran niemals reduziert werden sollte. Denn er war definitiv mehr, als nur der unwichtige Freund des Mörders.

Schließlich mussten wir uns alle voneinander verabschieden, da Kyran, Bela und Niall in der selben Straße wohnten, und ich eben zwei Straßen weiter. Bei Bela und Niall schlug ich ein, bevor ich zu Kyran ging und sein Gesicht sanft in meine Hände nahm.
»Schlaf gut, Darling und denk dran, wenn was ist, dann ruf mich einfach an!«, sagte ich sanft und er lächelte, bevor wir uns schnell küssten und ich ihm nochmal durch die Haare wuschelte, dann trennten sich unsere Wege und irgendwie war es schwer für mich, nun wieder alleine, ohne Kyran zu sein. Er machte mich immer unglaublich glücklich und ohne ihn, schien ich in meinen Gedanken und meinem Selbsthass zu versinken.

Unbewusst, bog ich in eine andere Straße ein und ohne einmal aufsehen zu müssen, fand ich zu der alten Brücke und krabbelte unter der Absperrung durch, dann stellte ich mich an das wackelige Brückengeländer und sah auf die leere Straße, unter mir. Das war der Ort. Der Ort, der Erinnerungen und des Schmerzes. Der Ort, an dem mein Leben sich von einem Tag auf den anderen, radikal und um 180° gewendet und auf den Kopf gestellt hatte. Der Ort, der der Auslöser dafür war, dass ich zu meinem Vater musste. Ohne diese Brücke, ohne ihr wackeliges Geländer, ohne die Schnellstraße unter mir und ohne das Mobbing, aus meiner Vergangenheit, wäre alles anders, besser gelaufen.

Die Brücke war schon immer abgesperrt, da sie - wie bereits erwähnt - ein wackeliges Geländer hatte und nicht befahrbar war. Ebenfalls war sie sehr alt und die Stadt wusste nicht, was sie mit dieser Brücke anstellen sollten, weshalb sie einfach so gelassen und abgesperrt wurde. Und seit dem Unfall hatte sie auch eine Art Namen bekommen; die Todesbrücke.
Doch dieser Name machte die Umstände noch nie besser, eher schlimmer und schmerzhafter, was natürlich niemandem so wirklich bewusst war.

Vor meinem inneren Auge durchlebte ich nochmal alles. Ich stand dort, ich wurde von ihr festgehalten, sie ließ sich mitreißen und bekam mehr ab, als ich. Es war so unglaublich unfair. Sie wollte leben, ihr Leben genießen und hatte sogar schon ihre Zukunft geplant, während ich das Leben hasste und keine Zukunft mehr für mich sah. Das Leben war unfair. Das war es schon immer gewesen und würde es vermutlich immer bleiben. Doch vielleicht sollte Kyran mich das alles ein wenig vergessen und auf die Zukunft blicken lassen? Vielleicht auch nicht.

Ich schien wiedermal ihren Schrei nach mir zu hören und wie sie mir ihre letzten Worte zugeflüstert hatte, mit Tränen in den Augen. Ich konnte mich noch genau an die Worte erinnern, die mein Leben zerstört hatten; »Du bist und bleibst der wunderbarste Mensch und Bruder, der das Leben mehr als nur verdient hat!«
Und es tat weh, sich daran zu erinnern. Es tat sehr weh, mehr als zu wissen, dass ich nur noch für sie lebte. Weil es ihr Wunsch gewesen war.

...

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