Krankmeldung

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~ Lonely Ones -
LOVA ~

Kyran's Pov:

Am nächsten Morgen setzte Tom mich vor der Schule ab. Er wollte die Woche bleiben und sich »um mich kümmern«, wie er es nannte.

Nachdem ich aus seinem Mercedes ausgestiegen war, schulterte ich meinen Rucksack und zog wie immer die Ärmel meines Hoodies bis zu meinen Handflächen runter, dann wollte ich eigentlich zum Schulgebäude gehen, doch Tom packte mich an der Schulter und zog mich in eine Umarmung.
Überrumpelt ließ ich mich einfach still umarmen, dann drückte er mich wieder weg.
»Wenn etwas ist, dann sag mir einfach bescheid! Mein Handy ist sowieso immer auf laut, also ist das kein Problem! Heute Nachmittag hole ich dich wieder ab und das ohne Wiederrede!« sagte er grinsend und seufzend nickte ich.
»Jaja, ich hab's verstanden!«, ergab ich mich und er drückte mir nochmals die Schulter, bevor er mich gehen ließ. Wieso musste mein großer Bruder jetzt aufeinmal aus der letzten Ecke gekrochen kommen und auf »heile Familie« tun? Er hatte es verbockt und nun versuchte er alles durch gutes Benehmen wieder auszubügeln ... nutzloser Versuch.
»Aw! Hat sich die kleine Schwuchtel jetzt ne andere Schwuchtel gesucht?«, fragte Elijah direkt von der Seite, als ich mich von Tom entfernte und mein Herz zog sich schmerzhaft zusammen. Schule war der größte Dreck, für mich. Es war nicht gerade angenehm, jeden beschissenen Tag zu überstehen und letztendlich vollkommen am Ende seiner Kräfte und weiterhin ohne richtige Freunde nach Hause zu kommen und zu wenig Freizeit übrig zu haben, in welcher man was anständiges machen konnte.

Plötzlich legte sich eine Hand auf meine Schulter und drückte sie leicht, dann ertönte eine männliche, tiefe Stimme. »Lasst ihn in Ruhe, Jungs! Seine Sexualität hat nichts mit seinem Charakter zu tun, kapiert? Und jetzt verpisst euch, solange ihr noch könnt, oder ich schlage euch windelweich!«, raunte mein Bruder und Elijah grinste spöttisch. »Jaja, ist klar! Als ob DU gegen MICH ankommen würdest!«, mein persönlicher Mobber sprach mit so viel Hass und gleichzeitig Selbstliebe in der Stimme, dass ich mich am liebsten übergeben hätte.
»Tom, bitte lass es einfach und geh! Du kannst nicht direkt wieder zurück in den Knast wandern!«, sagte ich leise und mit gesenktem Kopf. »Nein, nein, nein, Kyran! Entweder, du verteidigst dich oder ich übernehme diese Rolle für dich!«, beschloss Tom und ich seufzte.
»Kannst du mich für heute bitte abmelden und zurück nach Hause bringen?«, fragte ich so leise, dass nur Tom es hören konnte und dieser schob mich leicht vorwärts, bevor ich selbst zu laufen begann.

Wir gingen durch die Schulflure und ich spürte die spöttischen Blick auf mir. Die Verwirrung darüber, dass ich tatsächlich Freunde hatte, stand den meisten ins Gesicht geschrieben und überall um uns herum wurde getuschelt, sowie immer.
In mir spielten die Gefühle verrückt. Einerseits war dort die Angst, dass mich jeder missachtete, andererseits war dort aber auch eine gewisse Leere in mir und der Schmerz, den ich durch die Lästereien und die Beleidigungen Elijah's in mich hinein gefressen hatte.

Tom ging mit mir ins Sekretariat und wir warteten so lange, bis die Frau hinter dem Computer irgendwas zuende auf diesem eingetippt hatte und wir unter ihrer Aufmerksamkeit standen.
»Guten Tag, Ma'am! Ich würde gerne Kyran Scard krank melden, für heute und für morgen!«, sagte Tom so höflich und lieblich, wie er es nur tat, wenn er sich einschleimen wollte. »Klasse?«, fragte die Frau mürrisch nach und schrieb irgendwas auf einen Zettel drauf. »13«, »Fachraum?«, »207«, »Jetziger Lehrer oder Lehrerin?«, »Mrs Baker«, »Grund?«, »Kopfschmerzen und Übelkeit«, und nach meiner letzten Angabe wurde mir endlich die Entschuldigung in die Hand gedrückt und nach einem kleinen »Gute Besserung« der mürrischen Sekretärin, verließen Tom und ich wieder das Sekretariat.

»Na siehst du! Ich mach dir gleich was zu essen von gestern warm und du ruhst dich aus!«, sagte Tom und legte seinen Arm um mich, was mich leicht zum schmunzeln brachte. »Seit wann sorgst du dich so um mich?«, fragte ich, meinen Blick stur auf den Boden gerichtet. »Seitden Mom mir Mal nebenbei erzählt hat, dass es dir nicht so gut geht, wie du immer tust!«, bemerkte er und ich seufzte. »Ihr könnt mich auch einfach auf ne andere Schule schicken, dann wären meine Probleme gelöst!«, bemerkte ich und inzwischen traten wir wieder raus auf den Schulhof. »Nein, auf keinen Fall! In der Nähe gibt es keine bessere Schule und wir müssen dich einfach nur sozialer machen, dann wird das schon!«, am liebsten hätte ich meinem Bruder für diese Worte mehr, als nur eine Ohrfeige gegeben. »Tom, du hilfst mir nicht in meinem Leben, wenn du mir nicht zuhörst, Idiot!«, bemerkte ich kopfschüttelnd und es klingelte zum Unterricht. Langsam strömten alle Jugendlichen im verschiedenen Alter an und vorbei, während wir uns durch die Massen hindurch quetschten und es irgendwie schafften, vom Schulhof runter zu kommen.
»Ich will dir ja zuhören, kleiner, aber nicht nicht hier! Nicht, wenn so viele Menschen hinter deinem Rücken über dich lästern und du über deine Gefühle redest!«, sagte Tom eindringlich und hielt mich an den Schultern fest. »Fahr einfach wieder nach Hause und dann können wir weiter schauen!«, sagte ich und ging zum Auto, hinter mir hörte ich Toms raues Lachen. »Kann es sein, dass du müde bist?«, fragte er und ich drehte mich genervt zu ihm um. »Nein, ich hab nur zu wenig Nikotin in mir und vermutlich fehlt mir auch der Red Bull!«, Tom blieb perplex stehen und sein Lächeln wurde von Vorsicht ersetzt. Ich jedoch ließ mich einfach auf den Beifahrersitz des Mercedes fallen und forderte ihn mit einem Nicken auf, ebenfalls endlich einzusteigen.
Tom löste sich aus seiner Starre und ging langsam um den Wagen herum, dann ließ er sich auf seinen Sitz fallen, schloss die Tür, schnallte sich an und startete wortlos den Wagen. Und dann fuhren wir wieder vom Schulparkplatz runter und ich hatte das Gefühl, dass noch nie eine so große Erleichterung in mir gewesen war.

...

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