Windstärke 11 | Sky

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Es ist bereits dunkel, als ich in meiner Einfahrt zum Halten komme. Darum bin ich froh, dass sich das Licht der Veranda mithilfe eines Bewegungsmelders selbst einschaltet.

»Hi, Süßer, was hast du denn da?«, erkundige ich mich bei Foxy. Mein Kater hat sich auf der Fußmatte vor der Haustür zusammengefaltet, der Kopf hängt vorn über. Die kleine Kröte hält es nicht einmal für nötig, meine Heimkehr mit einem flüchtigen Blick zu quittieren. Er pennt unbekümmert weiter. »Jetzt ...« Ich gehe in die Hocke und schiebe ihn sanft aber bestimmt beiseite. »Rutsch doch mal, du fauler Lümmel.«

Offenbar handelt es sich bei der Schlafunterlage meines pelzigen Mitbewohners um einen platt gedrückten Lavendel-Strauß und das, obwohl die meisten Katzen den intensiven Duft der Zierpflanze nicht ausstehen können.

Das Sträußchen wird von einem feinen Sisalfaden zusammengehalten. Daran baumelt ein Pappschildchen mit meinem Namen und schon weiß ich, wem ich das kleine Präsent zu verdanken habe.

Cams schnörkelige Handschrift würde ich unter Tausenden wiedererkennen.

Cams schnörkelige Handschrift würde ich unter Tausenden wiedererkennen

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Augenblicklich springe ich auf die Füße. Ich drehe mich einmal um meine eigene Achse, als würde sich der alte Mann hier irgendwo versteckt halten und jeden Moment hervorkommen, um mich in seine Arme zu schließen.

Doch ich kann ihn nirgends entdecken, stattdessen kollidieren meine Augen mit einer schmalen Schattengestalt auf der anderen Straßenseite.

Meine Herzfrequenz beschleunigt sich mit jeder Sekunde, die das gesichtslose Phantom reglos auf dem gegenüberliegenden Bordstein verharrt.

»Kann ich Ihnen helfen?« Meine Stimme schallt durch die ruhige Nachbarschaft. Die Gestalt kommt einige Schritte auf mich zu und tritt damit unter den Lichtkegel einer Straßenlaterne. Ein dunkler hüftlanger Zopf schwingt mit jeder Bewegung. »Samantha? Bist du das?«, krächze ich, als würde ich gerade zum ersten Mal in meinem Leben versuchen, zu sprechen.

Cam hat ihre Hochzeit mit Franklin nicht so gut weggesteckt, wie ich gehofft hatte, auch wenn er der Mutter seines Sohnes alles Glück der Welt wünscht. Im Verlauf der vergangenen Wochen hat er sich kaum bei mir gemeldet und wenn doch, dann immer nur per Textnachricht.

Jeder geht mit seinem Schmerz anders um und ich respektiere das. Aber mir fehlt seine ruhige Art, seine Weisheit.

Ich ziehe den Cardigan enger um meine Mitte und jogge die drei Stufen meiner Verandatreppe hinunter.

»Hallo Sky«, erwidert mein Gegenüber, verharrt jedoch mitten auf der Fahrbahn. »Das ist bestimmt gerade kein guter Zeitpunkt, aber ...« Samantha dreht den Kopf zur Seite und beißt sich so hart auf die Unterlippe, dass ihre Zähne zur Hälfte darin versinken. Nach zwei langen Schritten bin ich bei ihr. Meine Hand landet auf ihrem Unterarm.

»Hey, du machst mir Angst«, wispere ich. Eine Schreckliche Vorahnung wickelt sich um meinen Brustkorb wie eine Würgeschlange. »Ist mit Cam alles in Ordnung?«

The Sea is Rough TonightWo Geschichten leben. Entdecke jetzt