Prolog

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Sie atmete tief durch, tiefer als sie es jemals in ihrem ganzen Leben getan hatte, so tief, dass jener gewöhnliche Vorgang ihres Körpers ihr für einen Moment so unendlich fremd vorkam. Zitternd ließ sie das Messer sinken. Blutflecken färbten das weise Kleid purpurrot. Hatte sie das gerade wirklich getan oder entsprang diese Situation ganz einfach einem bösen Albtraum? Nein, auch dieses Mal war es die Realität, das wusste sie.
Mit Tränen in den Augen blickte sie auf die reglose Frau, vor sich am Boden, hinunter. Lange blonde Locken umrahmten das blasse Gesicht mit den grünen Augen, welche nun tot ins Leere starrten. Ihr wurde aufs Neue klar, was dies nun für sie bedeutete. Fliehen, umziehen, sich verstecken und hoffen, dass niemals jemand auf ihre Spur kommen würde. So oft hatte sie diesen Weg gewählt und sie war es leid.
Doch existierte eine Alternative? Natürlich. Immer wieder war sie in Versuchung geraten, diesem enormen Druck ein jähes Ende zu setzen, hatte sich aber letztendlich ihrer Angst gebeugt. Ein Beben ging durch ihren Körper, so wie sie auf dem Absatz kehrt machte und alles hinter sich ließ. Alles. Den Raum, die Leiche und vor allem die Gewissheit, dass sie allein die Schuld trug.

Und sie atmete - Eine Frau die ungewollt tötetWo Geschichten leben. Entdecke jetzt