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„Okay. Dann....was sagst du zu meiner Idee?" „Welche Idee?" „Na, dass du heute hier schläfst.", lachte Fallon. „Wo bist du denn mit deinen Gedanken Brooke?" Sie antwortete nicht. Diese ganze Situation war ihr einfach nur derart peinlich. Hätte es eine Möglichkeit gegeben, an Ort und Stelle im Erdboden zu versinken, wäre Brooke dieser sofort und ohne zu zögern nachgekommen. „Ich glaube, ich hole uns erst einmal noch einen Tee.", schlug Fallon zu und lief in Richtung Wasserkocher. „Ich habe mich in dich verliebt." Diese Worte kamen plötzlich, sehr plötzlich und es war Brooke nicht möglich, sie noch aufzuhalten. Ihre Nachbarin blieb auf halber Strecke stehen. Stille erfüllte den Raum, beängstigende Stille. Nach gefühlt einer halben Ewigkeit drehte Fallon sich endlich um. „Ist das dein Ernst?" Brookes Magen zog sich zusammen. Mit dieser Reaktion hatte sie nicht gerechnet. „Ja." „Scheiße." Ihre Nachbarin vergrub das Gesicht in den Händen. „Sorry, ich....ich meine nicht das es scheiße ist das du dich in mich verliebt hast, weil ich dich nicht mag, sondern...." Fallon brach ab und kam auf sie zu. „Seit wann bist du in mich verliebt?" „Ich weiß es nicht genau, seit....ein paar Wochen. Ich wusste anfangs auch nicht, was das zu bedeuten hat.", gab Brooke zu. „Aber jetzt bist du dir sicher?" „Ja." „Okay, okay. Hör mal Brooke, du darfst das auf keinen Fall falsch verstehen, ich mag dich wirklich sehr , aber dein Geständnis hat mich gerade ziemlich umgehauen. Mir hat noch nie eine Frau gesagt, dass sie mehr als nur Freundschaft für mich empfindet." Fallon seufzte. „Du weißt, dass ich deine Gefühle nicht erwidere, oder?" Brooke nickte. Sie wusste es spätestens seit der Party am Hafen und dennoch fingen ihre Augen bei den Worten ihrer Nachbarin an zu brennen. „Tut mir leid, ich hätte dir nicht davon erzählen dürfen." „Quatsch." Fallon schüttelte den Kopf. „Aber....ist das dein Problem? Die Sache, die dich belastet und wegen der du wahrscheinlich auch umgekippt bist?" Brookes Gedanken überschlugen sich. Was sollte sie antworten? Was war besser? Eine Lüge oder die Wahrheit? Sie bejahte und wusste im selben Augenblick, dass sie damit den einfachen Weg gewählt hatte, wie auch bei ihren Morden. Sie floh aus Angst vor den Konsequenzen vor der Verantwortung!

15 September 2012
Sie saß auf der himmelblauen Bettdecke und starrte aus dem Fenster in den sternenverhangenen Nachthimmel. Im Nachbarzimmer schlief Fallon tief und fest. Brooke ließ sich nach hinten fallen. Das Geständnis ihrer Gefühle für Fallon hatte nichts, rein gar nichts an ihrer Situation geändert.
Fallon wusste Bescheid. Und? Was bewirkte diese Tatsache? Nichts, rein gar nichts. Alles blieb so wie es war. Brooke setzte sich auf. In der Ferne schlug die Kirchturmuhr. Kurz nach drei. Die junge Frau seufzte, stand auf und verließ das Zimmer. Schlafen konnte sie auf keinen Fall, nicht so, nicht mit diesem Gefühlschaos im Schädel. Brooke durchquerte den langen Flur, ihr Ziel: Die Küche. Fallons leise, gleichmäßige Atemzüge brachten sie jedoch kurz darauf von ihrem Weg ab. Ohne groß weiter darüber nachzudenken, betrat Brooke den Raum, in dem ihre Nachbarin schlief. Als wäre es das Normalste der Welt, ließ sie sich auf der Bettkante nieder und verbarg das Gesicht in den Händen. Was war das nur für ein anstrengender Tag gewesen? Aber war das nicht jeder Tag? Brooke heftete ihren Blick auf die schlafende Fallon. Friedlich sah sie aus, so als prallte jede Ladung von Hass und Gewalt einfach an ihr ab. Nichts schien den ruhenden Körper zu erwecken. Nicht einmal der kühle Nachtwind, welcher durch das halb geöffnete Fenster herein strömte. Scheinbar beiläufig strich Brooke ihrer Nachbarin eine schwarze Locke aus der Stirn. Niemals in ihrem ganzen Leben hatte sie gegenüber einer Frau solch mächtige Gefühle gehabt. Brooke beugte sich vor, bis ihr Gesicht nur wenige Millimeter über Fallons schwebte. Doch kaum trafen ihre Lippen auf die ihrer Nachbarin, zog Brooke den Kopf zurück und sprang erschrocken über sich selbst auf. Was tat sie hier? Aufgewühlt machte die junge Frau ein paar Schritte zurück, schnellte herum und beeilte sich, zur Tür zu kommen. „Hey?" Brooke blieb wie angewurzelt stehen. Fallon! Sie war wach! Wie lange schon und was hatte sie mitbekommen? „Alles in Ordnung?" Brooke zuckte zusammen, denn Fallon war wie aus heiterem Himmel neben ihr aufgetaucht und berührte sie an der Schulter. „Was machst du hier? Kannst du nicht schlafen?" Mist. Wie sollte sie das denn jetzt erklären? „Nein...ich....ich konnte nicht schlafen." Brooke holte tief Luft. Wenigstens hatte Fallon nichts von dem Beinahe-Kuss mitbekommen. „Komm mit.", forderte ihre Nachbarin sie da auf. „Wir trinken ein Schlückchen."

Brooke sah zu, wie sich die gelbliche Flüssigkeit einen Weg in ihr Glas bahnte. Zitronenlikör. Sie liebte dieses Getränk. Kein alkoholische Spirituose war in Brookes Augen besser als dieser Likör. „So." Fallon nahm neben ihr auf dem gelben Sofa Platz. „Wenn du mehr möchtest, schenke ich dir gleich noch nach." Die junge Frau nickte dankbar und setzte das längliche Glas an die Lippen. Sofort stieg Brooke der süßlich Geruch entgegen und ließ sie für einen Moment all den Schmerz ihres Lebens vergessen. „Das war ein ganz schön stressiger Tag für dich, hm?" „Quatsch.", wehrte sie ab, stimmte jedoch innerlich Fallons Aussage zu. Erst der Zusammenbruch wegen des Fotos am Morgen und dann.... Das Foto! Brooke umfasste ihr Glas noch ein wenig fester. Die blonde Frau. Sie musste es Fallon sagen. Sie musste ihrer Nachbarin beichten, dass sie eine Kriminelle war, die nicht erst einmal gemordet hatte. Langsam drehte Brooke den Kopf. Wie sollte sie anfangen? Wie gestand man jemandem einen Mord? Mehrere Morde? In diesem Moment sah Fallon sie direkt an. Ihre schokoladenbraunen Augen leuchteten und nach und nach bildete sich ein leichtes Lächeln auf ihren Lippen. Nein. Brooke schüttelte innerlich den Kopf. Sie konnte es nicht. Sie konnte Fallon nicht die Wahrheit sagen, nicht ihr, nicht dieser Frau.


Und sie atmete - Eine Frau die ungewollt tötetWo Geschichten leben. Entdecke jetzt