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„Ja?" Fallon blieb stehen und wandte sich um. „Ich...", fing Brooke an. „Ich muss dir was sagen." „Was denn?" Neugierig hob ihre Nachbarin eine Augenbraue und augenblicklich war Brookes Kehle wie zugeschnürt. Nein. Es war unmöglich. Sie konnte Fallon nicht mit der Wahrheit konfrontieren. Keinen Herzschlag später ertönte ein lautes Klingeln. „Oh, tut mir leid, da muss ich ran gehen." Geschickt angelte Fallon ihr Handy aus der Tasche des Seidenmantelsund nahm den Anruf entgegen. „Fallon?" Binnen von Sekundenwanderten ihre Mundwinkel nach oben. „Mylo." Sofort zog sich Brookes Magen zusammen. Weshalb freute Fallon sich so sehr über den Anruf ihres Kollegen? „Entschuldigst du mich bitte einen Moment Brooke.", flüsterte Fallon jetzt und verließ dann ohne eine Antwort abzuwarten das Zimmer. Seufzend setzte Brooke sich auf, öffnete die Orangensaftflasche und nahm einen großen Schluck von der gelben Flüssigkeit. 
Was wollte Mylo mitten in der Nacht von Fallon? War da vielleicht mehr zwischen den beiden? Es konnte doch sein, dass sie nicht einfach nur Arbeitskollegen waren. Brooke nahm einen weiteren Schluck. Auf der Party am Hafen hatten Fallon und Mylo zwar nicht so gewirkt, als hätten sie irgendwelche romantischen Gefühle füreinander übrig, aber vielleicht waren sie auch einfach sehr gut darin, diese zu verbergen. Nein. Brooke schüttelte heftig den Kopf. Sie war einfach nur eifersüchtig und malte sich deshalb solche unsinnigen Szenarien aus.
Keinen Wimpernschlag später drang eine männliche Stimme an ihr Ohr. Brooke runzelte die Stirn. Wer konnte das sein? Schnell stand die junge Frau auf, stellte die Orangensaftflasche auf dem Boden ab und schlich sich in den Flur hinaus. Die männliche Stimme vermischte sich jetzt mit Fallons leisem Lachen. Als Brooke sich der Küche näherte, wurden die Stimmen lauter und Brooke konnte durch den handbreiten Türspalt eindeutig ihre Nachbarin erkennen. Fallon stand mitten im Raum und neben ihr ein großer braunhaariger Mann. Brookes Atem stockte. Mylo! 
„Du hättest wirklich nicht extra herkommen müssen, Mylo.", meinte Fallon. „Wir hätten das Ganze auch morgen in meinem Büro besprechen können." „Ich wollte aber kommen, Fallon. Weißt du, ich...ich habe dir das noch nicht erzählt, aber neulich auf der Party am Hafen, als du mit deiner Nachbarin getanzt hast..." Mylo machte eine Pause und fuhr dann fort: „Ich war einfach so eifersüchtig."
Brooke riss die Augen auf. Hatte Mylo das gerade wirklich gesagt? „Hey. Das musst du nicht, du weißt, dass ich nicht auf Frauen stehe." Fallon lächelte, streckte eine Hand aus, zögerte kurz und strich Mylo schließlich vorsichtig eine Strähne aus dem Gesicht. Ihr Kollege erwiderte das Lächeln, während sich Brookes Augen mit Tränen füllten. Zaghaft beugte Mylo sich vor und küsste Fallon. Diese zog den Kopf zurück. „Tut mir leid.", flüsterte Mylo. „Nein, du musst dich nicht entschuldigen, Mylo, ich..." Fallon brach ab, schien zu überlegen, ehe sie die Iniative ergriff und ihren Kollegen küsste. Mylo erwiderte die Zärtlichkeit und die beiden versanken in einem langen, leidenschaftlichen Kuss.
Eine einzelne Träne löste sich aus Brookes Augenwinkel. Mitklopfendem Herzen stolperte sie zurück. Nein. Das war ein Traum. Die Situation, die sich gerade vor ihr abspielte, konnte unmöglich real sein. Ein leises Schluchzen drang aus Brookes Innerem. Hastig machte sie auf dem Absatz kehrt und eilte ins Wohnzimmer zurück. Dort warf sie sich auf das quietschgelbe Sofa und vergrub das Gesicht in den Kissen, während die Tränen nur so aus ihren Augen heraus schossen.
Minutenlang nahm Brooke ausschließlich den Schmerz in ihrem Herzen war, welcher sich wie ein loderndes Feuer ausbreitete und die junge Frau nichts anderes mehr spüren ließ. Letztendlich riss das Schließen der Tür Brooke aus dem Sturm ihrer verletzten Gefühle. Schritte näherten sich dem Wohnzimmer und Brooke schloss rasch die Augen..
„Brooke? Bist du noch wach?", drang Fallons Stimme an ihr Ohr. Brooke hielt die Luft an und hoffte inständig, Fallon würde wieder verschwinden. Keinen Augenblick später erlosch das Wohnzimmerlicht und die Tür wurde leise geschlossen. Erleichtert atmete Brooke auf und rollte sich auf den Rücken. An Schlaf war im Moment nicht zu denken. 

Brooke schlug die Augen auf. Ein warmer gleißend heller Sonnenstrahl hatte sich auf ihrem Gesicht niedergelegt. Die junge Frau setzte sich auf und sofort war alles wieder da, all die Erinnerungen an die Vorkommnisse von vergangener Nacht. Fallon. Mylo. Der Kuss derbeiden. Die Tatsache, dass sie mehr verband als nur Freundschaft. Brooke blinzelte die heraufkommenden Tränen fort. Sie musste sich damit abfinden, auch wenn es schwer war. Fallon würde ihre Gefühle niemals erwidern. Niemals. Brooke schälte sich aus den Decken und stand auf.
„Hey, du bist ja wach." Beverley stand grinsend in der Tür. Brooke versuchte zu lächeln, scheiterte jedoch kläglich. „Hey, was ist denn mit dir?" Mit sorgenvoller Miene trat Beverley an sie heran. Anstatt zu antworten, warf Brooke sich in die Armeihrer Schwester und ließ ihren Tränen freien Lauf. „Brooke? Hey. Warum weinst du denn?" Beverley streichelte beruhigend Brookes Rücken.
„Guten Morgen ihr beiden." Freudestrahlend betrat Fallon das Zimmer und Brooke löste sich blitzartig von ihrer Schwester. „Alles in Ordnung bei euch?", erkundigte sich Fallon. „Klar." ,antwortete Brooke schnell bevor Beverley es tun konnte und wischte sich verstohlen eine Träne aus dem Gesicht. Fallon sollte nichts von ihrer Trauer mitbekommen. „Hast du geweint, Brooke?" Die unerwartete Frage ihrer Nachbarin ließ Brooke zusammenzucken. „Quatsch.", entgegnete sie mit fester Stimme und versuchte Beverleys verständnislosen Blick zu ignorieren. „Ok...dann mache ich mal Frühstück." Fallon machte sich auf den Weg in die Küche und Brooke wollte ebenfalls den Raum verlassen, doch Beverley packte sie am Handgelenk und zog sie zurück. „Brooke! Jetzt sag mir bitte, was mit dir los ist? Und weshalb hast du vor Fallon so getan, als wäre nichts?"



Und sie atmete - Eine Frau die ungewollt tötetWo Geschichten leben. Entdecke jetzt