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Sicht Jule

Während des gesamten Trainings rede ich kein einziges Wort mit Kai. Schon beim Frühstück bin ich ihm aus dem Weg gegangen. Ich saß nicht wie gewohnt neben ihm bei Marco und den anderen, sondern habe mich zu Joshua, Leon und Thomas gesetzt.

Das war wahrscheinlich nicht die klügste Entscheidung, da Thomas mich ständig damit genervt hat, wieso ich denn so schlecht gelaunt bin. Leon und Joshua haben sich dabei immer wieder wissende Blicke zugeworfen. Wahrscheinlich wissen sie von Kai und Tobi und können sich den Rest denken. Deshalb haben sie mir wohl auch angeboten, dass ich mit ihnen reden könne, wenn ich will.

„Julian, der Ball soll ins Netz und nicht an die Bande geschossen werden" ermahnt mich mein Trainer, da ich den Ball nun schon zum fünften Mal am Tor vorbei geschossen habe.

Erneut schnappe ich mir den Ball, ziele aufs Tor, doch treffe wieder nur den Pfosten.

Genervt trete ich gegen ein Hütchen, welches dadurch sogar im Tor landet.

„Ernsthaft?" Rufe ich empört und kann Kais Blicke genau auf mir spüren.

Kann er nicht wenigstens versuchen mich nicht ständig anzustarren? Ich bin doch kein kleines Kind, welches er Babysitten muss. Ich bin alt genug um auf mich selbst aufzupassen, dafür brauche ich ihn und seine mitleidigen Blicke nicht. Generell brauche ich sein Mitleid nicht.

„Julian ist alles okay?" Fragt Jamal neben mir, welcher wohl ebenfalls mitbekommen hat, dass ich heute völlig durch den Wind bin.

„Ja verdammt, kümmert euch doch alle um euren eigenen Scheiß" gebe ich wohl etwas zu laut zurück.

Jamal sieht mich wie ein angeschossenes Reh an und sofort tut mir mein Tonfall leid. Jamal kann doch auch nichts dafür, dass ich zu blöd bin um über Kai hinwegzukommen.

„Oh, ähm sorry. Ich wollte nicht-" beginnt er, doch ich unterbreche ihn sofort.

Ich darf meine schlechte Laune nicht an ihm auslassen. Jamal ist wahrscheinlich der letzte, der etwas mit dieser Situation zutun hat.

„Tut mir leid, ich wollte nicht so ausrasten. Ist nur alles bisschen viel für mich zur Zeit." Erkläre ich, woraufhin Jamal nur schüchtern nickt.

Toll, ich hab mich so wenig unter Kontrolle, dass ich schlechter spiele als sonst schon und Jamal einschüchtere. Klasse, wirklich. Läuft ja wirklich super bei der Nationalmannschaft für mich.

Nach dem Training lasse ich mich völlig erschöpft auf die Bank fallen, lehne meinen Kopf an die Wand und schließe die Augen. Ich muss meine Gefühle besser unter Kontrolle bekommen. Ich darf nicht alles und jeden um mich herum anschreien oder jede Sekunde meine Tränen verdrücken müssen. Ich muss über Kai hinwegkommen, und zwar schnell.

Schnell ziehe ich mich an, um endlich hier verschwinden zu können. Die Kabine ist schon fast leer und ich habe keine Lust, noch länger hier zu sein.

Doch gerade als ich die Kabine verlassen will, hält mich jemand zurück. Als ich mich umdrehe, kann ich genau in Kais besorgtes Gesicht sehen.

„Hey Jule, alles okay?" Fragt Kai leise und hält dabei immer noch meinen Arm fest.

Sofort befreie ich mich aus seinem Griff und blicke ihn wütend an.

„Weißt du was? Lass mich doch einfach in Ruhe Kai. Du musst jetzt nicht so tun, als würdest du dir Sorgen um mich machen, oder dass dir etwas an mir liegt." Nach diesen Worten gehe ich einfach und kann nur noch einen kleinen Teil von dem Gespräch, welches Timo und Kai führen, hören.

„Was ist denn mit dem los?" Fragt Timo neugierig, weshalb Kai seufzt.

„Lass ihn, er hat es momentan nicht so leicht"

Always YouWo Geschichten leben. Entdecke jetzt