Kapitel 1

542 15 0
                                    


„Ja ist gut. Jap...ja, machen wir so. Alles klar, Tommi. Ich bin quasi schon auf dem Weg." Sage ich und stecke mein Handy in meine Jackentasche. Es ist ein herrlicher Sommer-Nachmittag in Köln und als ich aus meiner Haustür gehe kommt mir die warme Sommerluft entgegen. Nur wenige Meter von meiner Wohnung entfernt treffe ich mich mit meinem Bruder in einem Café, um endlich mal wieder ein bisschen quatschen zu können. Ich bin Referendarin an einer Gesamtschule und habe daher kaum Zeit. Von meinem Bruder muss ich glaube ich gar nicht anfangen. Wir schaffen es leider wirklich selten einfach mal ein paar Stunden nur zusammen zu quatschen, ohne direkt zum nächsten Termin zu müssen. Umso glücklicher bin ich, als ich durch die Tür des Cafés trete und meinen Bruder bereits an einem kleinen Tisch in der Ecke des Lokals sitzen sehe. Mittlerweile hat er mich auch entdeckt und es breitet sich dieses warme und liebevolle Lächeln auf seinen Lippen aus, was ich so vermisst habe. Ich gehe auf ihn zu und wir umarmen uns zur Begrüßung. „Na kleine Schwester. Hast ja mal wieder auf dich warten lassen." Ich verdrehe die Augen. Ich war nicht mal fünf Minuten zu spät. „Hast du schon was bestellt?" frage ich meinen Bruder, ohne auf seinen Kommentar einzugehen. „Ne ich wollte auf dich warten. Außerdem weiß ich ja nicht, ob sich was an deiner Kaffeebestellung geändert hat." Wieder verdrehe ich die Augen muss aber auch gleichzeitig lachen. „Jetzt tust du aber wirklich so, als hätten wir uns Jahre lang nicht gesehen." Außerdem glaube ich werde ich wahrscheinlich mein ganzes Leben lang mit einem ganz normalen Flat White mehr als zufrieden sein, also komm lass uns bestellen. Ich brauche Kaffee. Jetzt." Sage ich und wir beide lachen. „Wieder lange wach gewesen?" fragt mich Tommi. „Du hast ja keine Ahnung. Ich habe in zwei Wochen wieder einen Unterrichtsbesuch. Ich kann gar nicht glauben, dass es mein Vorletzter ist. Aber die Stunde muss gut werden. Richtig gut." Unser Gespräch wird kurz unterbrochen, als die Kellnerin kommt, um unsere Bestellung aufzunehmen. „Entschuldigung... Ich... Ich hoffe das ist jetzt nicht total nervig für dich, aber du bist doch Tommi Schmitt, oder? Ich will wirklich nicht unhöflich sein, aber könnten wir vielleicht ein Foto zusammen machen?" ich muss lächeln. Das klingt vielleicht bekloppt und auch irgendwie dumm, aber manchmal vergesse ich fast, dass sehr viele Leute in Köln wissen, wer mein Bruder ist. Ich finds aber irgendwie immer wieder süß. Die „Fans" sind eigentlich immer total lieb und auch eher verunsichert. Und Tommi ist eigentlich auch immer bereit ein Foto zu machen, genauso wie jetzt. Ich mache ein Bild von den beiden und die Kellnerin geht wieder glücklich an die Arbeit. „Ich glaube da hast du gerade jemanden sehr glücklich gemacht. Schau mal, wie goldig sie grinst." Sage ich. „Ich tu mein Bestes. Ist manchmal irgendwie immer noch abgefahren, dass Fremde einfach mit mir Fotos machen wollen..." das kann ich mir vorstellen. „Aber zurück zu dir. Dein Unterricht. Kommst du denn sonst ganz gut voran mit der Planung? Oder wie siehts aus?" Ich atme einmal angestrengt aus, als die Kellnerin uns unseren Kaffee hinstellt und wir uns beide bedanken. Ich nehme einen Schluck und schließe dabei die Augen. „Naja. Eigentlich bin ich ganz gut im Zeitplan. Ich kenne die Lerngruppe, also die Klasse inklusive ihrer Pappenheimer mittlerweile ja wirklich gut und ich glaube auch, dass die sich benehmen werden, wenn ich geprüft werde, aber du kennst ja Herrn Strauß. Der hat immer und überall was zu meckern und heute musste ich den fertigen Unterrichtsentwurf abgeben, deshalb war ich auch gestern noch so lange wach." Her Strauß ist mein Refrendariatsleiter und auch in erster Linie einer meiner wichtigsten Prüfer, der mich in meinem Ref schon oft viele Nerven gekostet hat. Ich glaube ich werde nie ganz mit ihm auf einen Nenner kommen, aber das ist halt einfach so. „Klingt aber eigentlich doch erstmal so, als hättest du einen guten Plan, was du machen willst. Lass dir da nicht reinreden von dem blöden Typen. Du machst das schon Mara." Sagt Tommi und streichelt mir liebevoll über die Schulter. „Danke Tommi. Aber lass und heute bitte nicht über Herrn Strauß, oder die Schule reden. Erzähl mal was von dir. Gibt's irgendwas Neues? Kommt Felix jetzt eigentlich nächstes Wochenende?" frage ich und nehme einen weiteren Schluck von dem wirklich guten Kaffee. „Ich hab mich schon gefragt, wann du nach ihm fragst." Ich unterbreche ihn direkt. „Ich habe ja wohl hauptsächlich nach DIR gefragt. Ich will wissen, was bei dir so läuft gerade. Ich wollte gar nicht...also..." jetzt ist er derjenige, der mich unterbricht. „Ist schon gut, Mara. Ich halt den Mund. Also kurz gesagt... mir geht es ganz gut eigentlich. Die Show läuft super und auch sonst mache ich so ziemlich das erste Mal in meinem Leben genau das, was mir auch wirklich Freude bereitet. Klingt mega cheesy, aber ist so."

Wir unterhalten uns noch fast zwei Stunden über Gott und die Welt, Tommi erzählt mir von neuen Projekten, an denen er gerade feilt und ich erzähle lustige Dinge aus der Schule. Ich liebe es mit meinem Bruder Zeit zu verbringen. Als wir jünger waren war unsere Beziehung nicht ansatzweise so gut, wie sie jetzt ist, aber ich glaube das geht vielen Geschwistern so. Vor 10 Jahren wollte ich ihn am liebsten nicht länger als 10 Minuten am Tag sehen und jetzt ist er wie mein bester Freund. Wow, wieder so cheesy.

„Ich hab dir deine Frage vom Anfang eben gar nicht beantwortet. Ja, Felix kommt am Wochenende. Er kommt sogar schon Freitagvormittag, weil er da hier ne Show hat. Wir sind übrigens beide eingeladen, falls du Zeit und Lust hast." Sagt Tommi und ich merke, wie mein Herz etwas schneller anfängt zu schlagen. Wie bescheuert. Tommi und Felix kennen sich jetzt schon fast 6 Jahre und seit Anfang an war ich auch immer mal wieder von der Partie, wenn die beiden sich privat getroffen haben. Über die letzten ich würde sagen zwei Jahre hab ich mich hoffnungslos in Felix verknallt. Ich bin fast 7 Jahre jünger als er und außerdem ist er Felix Lobrecht, also hab ich mich dazu entschieden meine Gefühle für mich zu behalten und zu hoffen, dass sie irgendwann von alleine verschwinden. Sagen wir mal so... ich warte immer noch darauf...Irgendwann hat es Tommi dann auch gecheckt und mich drauf angesprochen. Er hätte absolut kein Problem damit, wenn ich was mit Felix hätte, aber da das eh nie passieren wird will ich da auch eigentlich nie drüber reden. „Na da komme ich doch gerne mit. Ich muss mir doch anschauen, ob All you can eat wirklich so gut ist, wie alle sagen."

Gefühle zwischen Köln und BerlinWo Geschichten leben. Entdecke jetzt