Kapitel 7

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Kapitel 7

Maras Sicht

Ich könnte mir gerade einfach nur selber eine klatschen. Da habe ich mal die Möglichkeit mit ihm alleine zu reden und dann lasse ich mich von ein paar Besoffenen so aus der Bahn werfen, aber vielleicht war es auch nicht der richtige Moment. Natürlich wollte ich ihn eigentlich nicht fragen, was ich zu seiner Party anziehen soll, aber irgendwie hab ich im letzten Moment echt Panik geschoben.

Wir gehen wieder in die Kneipe und mittlerweile sind fast alle Tische leer und die Menge hat sich in die Mitte des Raumes bewegt, um zu tanzen. Auch die Musik ist lauter geworden und das licht gedimmter. „Heyyy da seid ihr ja endlich. Wir wollten gerade auf die Tanzfläche. Kommt ihr direkt mit?" höre ich Becci rufen, während sie auf uns zu getanzt kommt. Wir finden uns alle auf der Tanzfläche wieder und mein Bruder schnappt sich mich direkt, um mit mir zu tanzen. „Ihr wart aber ganz schön lange weg ihr zwei. Ist irgendwas gelaufen?" fragt Tommi mich ziemlich direkt und ich werde rot. „Tommi!" ermahne ich ihn. Er hat so laut geschrienen, dass es jeder hätte hören können. Also zumindest in meiner Wahrnehmung. „Natürlich nicht. Felix will nichts von mir. Zumindest glaube ich das." sage ich. „Ich mein ja nur." kommt von meinem Bruder und ich ignoriere ihn.

Wir tanzen den ganzen Abend bis tief in die Nacht hinein und Felix kann die Augen nicht von mir und ich meine nicht von ihm lassen. Gerade tanze ich wieder in seiner Nähe und ich fühle mich toll. Ich denke nicht an irgendeinen Unterricht, den ich vorbereiten muss, oder an den blöden Herrn Strauß. Ich denke an nichts, was mich irgendwie nervt, oder bedrückt. Ich tanze mit Felix und genieße seine Blicke auf meinem Körper, bis ich sie plötzlich nicht mehr spüre. Bis er zur Seite schaut und sich kaum merklich von mir wegbewegt. Es ist nur ein kleiner Schritt, aber genau dieser jagt mir einen kalten Schauer über den Rücken. Warum macht er das andauernd? Wieso wird er manchmal einfach so unsicher? Bilde ich mir die Momente, bevor das immer passiert, einfach nur ein? Argh. Ich beiß mir noch die Zähne an dem ganzen aus, wenn das so weitergeht. Irgendwie geht der Abend dann noch weiter, bis wir alle kaum noch stehen können vor Müdigkeit. Mit Felix ist es aber nie mehr so geworden, wie am Anfang des Abends. Ich checke das nicht. Ist es der Alkohol? Bin ich so betrunken? Fragen über Fragen, die ich mir einfach nicht beantworten kann. „So Leute, wir müssen euch jetzt leider rausschmeißen. Kommt doch gerne morgen, oder nächste Woche wieder, aber für heute ist hier Schicht im Schacht." sagt Tim und reißt mich somit aus meinen wirren Gedanken.

Ich nehme mir also meine kleine Handtasche und auch die anderen packen ihre Sachen und wir gehen aus der Kneipe raus. Erst jetzt, als ich die abgekühlte Sommerluft spüre merke ich den Alkohol so richtig. Hui. Ich schaue auf mein Handy, um zu checken, wie viel Uhr es ist und sehe mehrere Nachrichten von Jakob und muss direkt lächeln. Er macht sich sicher Sorgen und das finde ich irgendwie goldig. Er sorgt sich immer so sehr um mich, obwohl er so viele Kilometer weit weg ist. Ich lenke meine Augen wieder zurück zur Uhrzeit. 04:37 Uhr. 04:37?????!!!!! Ach du scheiße. Ich weiß nicht, wann ich das letzte Mal so lange unterwegs war. Seit meinem Referendariat auf jeden Fall nicht mehr. Wow. Die Anderen gehen bereits Richtung Chlodwigplatz, um uns ein Taxi zu rufen und ich trotte langsam hinterher und gehe auf Jakobs Chat.

Jakob: Und? Wie wars? Wie hat Herr Lobrecht performt?  (20:04 Uhr)

Jakob: Ales gut bei dir? Meld dich doch mal Mara. Seid ihr noch feiern gegangen oder so? (23:17 Uhr)

Jakob: Oder meld dich doch einfach, wenn du zu Hause bist. Kennst mich doch...ich mach mir Sorgen... wo auch immer du grad bist ich denk an dich <3 (01:03 Uhr)

Ich lese durch die Nachrichten und lächle wieder, als ich merke, dass einer der Gruppe langsamer wird und neben mich kommt. Ohne aufzuschauen, weiß ich, dass es Felix ist. Ich bin zu betrunken, um schnell zu schalten und mein Handy zu sperren, also kann hat Felix genug Zeit, um alles zu lesen. „Na antworte ihm doch. Wie habe ich denn performed?" augenblicklich möchte ich im Erdboden versinken. Wie peinlich. Ich sperre schnell meinen Bildschirm und stecke mein Handy in meine Hosentasche. „Schreib ihm ruhig. Soll er ruhig wissen, dass ich rasiert hab." sagt Felix eingebildet und wir beide müssen lachen. Ich bin grad ganz schön froh, dass es so locker ist zwischen uns. Trotzdem bin ich immer noch verunsichert, wegen seiner komischen Rückzüge andauernd. „Hab ich dir eigentlich schon mal gesagt, wie gut du riechst? Du riechst immer so, als wärst du gerade aus der Dusche gekommen. Herrlich." sage ich verträumt und lehne mich beim Gehen an Felix' Arm. Ich weiß ganz genau, dass ich das gerade nur auf Grund des Alkohols in meinem Blut gesagt habe, aber das ist mir egal. Wahrscheinlich ebenfalls wegen dem Alkohol. Felix erwidert nichts, aber das muss er auch nicht. Unsere Körper so nah aneinander in der frischen Abendluft sind alles, was ich gerade brauche. Aber wieder passiert etwas, dass Felix sich von mir entfernt. Mein Bruder kommt zu uns. Gerade stellt sich Tommi neben Felix da löst er sich von mir und auf einmal wird mir ganz kalt. Ist es mein Bruder? Ist er das Problem? Ich denke zurück an die letzten Situationen... Eigentlich war immer irgendwie mein Bruder da, wenn Felix sich von mir entfernt hat. Aber das kann doch nicht sein, oder? Was sollte Tommi mit mir und Felix zu tun haben? Das ergibt ja mal gar keinen Sinn. Ich verwerfe den Gedanken wieder und höre meinem Bruder zu, der gerade spricht. „Wir haben zwei Taxis bestellt. Eins für euch zurück ins Hotel und eins für Mara und mich, damit wir nicht durch die ganze Stadt gurken müssen. Uuuund da kommen sie auch schon." er zeigt auf die Straße und zwei gelbe Autos blieben direkt vor uns stehen. Tommi geht zu den anderen, um sich zu verabschieden und wieder stehe ich da mit Felix alleine. Wir schauen uns in die Augen und ich merke, dass auch Felix damit nicht aufhören möchte. Ich kann mir das doch nicht einbilden. Er streckt seine Arme aus und umarmt mich. Mein Gott hat dieser Typ ein paar Arme. Halleluja. Mit seinem Mund an meinem Ohr flüstert er mir noch etwas zu. „Ich hätte noch Stunden mit, die tanzen können, Mara. Die ganze Nacht." Das ich nicht auf der Stelle zusammenklappe, weil meine Knie so weich werden, ist aber auch alles. Mein Herz schlägt mir bis zum Hals und mein Kopf muss hochrot sein. Dieser Mann macht mich verrückt. Wir lösen uns wieder und schauen uns noch einmal kurz in die Augen. Diesmal bin ich diejenige, die sich von ihm löst, um den anderen eine gute Nacht zu wünschen. Wir umarmen und alle und jeder geht zu seinem Taxi, als Felix mir noch etwas zuruft. „Und schreib ihm endlich. Der Arme kann sonst gar nicht schlafen. Kannst ihm ruhig sagen, dass ich immer gut auf dich aufpasse." Bevor ich reagieren kann, steigt Felix ins Taxi. Aber ganz ehrlich? keine Ahnung, was ich darauf jetzt geantwortet hätte.

Gefühle zwischen Köln und BerlinWo Geschichten leben. Entdecke jetzt