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Mit zitternden Händen tastete er sein Gesicht ab. Seine Haut war so hellweiß, als hätte er seit Jahren kein Tageslicht mehr gesehen.
Die Übelkeit stieg wie eine Kugel in seinem Magen empor und krallte sich wie die Klaue eines Raubtiers in seinem Bauch fest. Er hätte gern gekotzt.
Vor seinen Augen verschwamm der Raum im Spiegel und das weißkalte Licht der nackten Glühbirne an der Decke zitterte unruhig. War das hier seine Wohnung?
Al starrte auf seine Hände und auf die schwarzen Haare, die im Waschbecken lagen. Wie aus dem Nichts spürte er einen warmen Luftzug seinen Nacken streifen und starr vor Angst hob er den Blick in den Spiegel, um zu sehen, wer oder was sich hinter ihm befand.
Das schwarze Schaf hob den Kopf. Doch anstatt in zwei treuliebende Schafsaugen zu blicken, verstörte ihn der Ausdruck in den kleinen, schmalen Pupillen so sehr, dass er aufschrie. In Todesangst schlug er mit den Armen um sich, riss den Blick vom Spiegel los und wirbelte herum.
Der Raum war leer.
Das Blöcken eines Schafes in Als Kopf wurde lauter und lauter. Aber es klang unendlich gequält und abstrakt und so unnatürlich, dass er sich vor Angst die Ohren zuhielt. ,, Hör auf! Hör endlich auf!" schrie er mit vor Wut verzerrter Stimme.
Eine schwere Spitze bohrte sich mit Kraft in seinen Rücken und er spürte den reißenden Schmerz, der ihm wie ein brennender Blitz durch Arme und Beine fuhr.
Ihm wurde schwindelig. Benommen versuchte er, seine Arme zu heben, aber sie bewegten sich kein Stück.
,,Al." hauchte eine leise Stimme hinter ihm und er versuchte sich umzudrehen.
Die schwere Spitze in seinem Rücken bohrte sich unbarmherzig durch seine Brust und er schnappte mühsam nach Luft.
Als der Druck endlich nach ließ und er sich umdrehen konnte, war der Raum leer.
Etwas Nasses bahnte sich aus seinen Augenwinkeln einen Weg über seine Wangen bis zu seinem Kinn. Al wischte sich kraftlos mit dem Handrücken übers Gesicht und blinzelte. Die Flüssigkeit, die er sich aus dem Gesicht gewischt hatte, glänzte tief rot auf seinen Fingerknöcheln. Erschrocken drehte er sein Gesicht zum Spiegel und ein stummer Schrei verließ seinen Mund.
Das Weiß seiner Augen leuchtete blutrot und ein Ausdruck, der ihm einen eisigen Schauer nach dem anderen über den Rücken jagte, lauerte in seinem Blick. Al klammerte sich am Waschbecken fest und versuchte verzweifelt, der Situation Herr zu werden.
Es war, als hätte etwas anderes die Macht über seinen Körper ergriffen. Und es würde sich nicht so einfach vertreiben lassen...

Mariahs LammWo Geschichten leben. Entdecke jetzt