𝐄𝐍𝐓𝐅𝐄𝐑𝐍𝐔𝐍𝐆

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Die Landschaft, die schnell an uns vorbeizieht, ist lichtdurchflutet und hell.
Und doch ist mir kalt.
Finnick und ich haben bisher beide kein einziges Wort zu irgendjemandem gesagt.
Ich glaube, er vermisst unser Zuhause und vor allem die Menschen, von denen wir uns immer weiter entfernen, genau so sehr wie ich.

Auch Ella und Ron, die dieses Jahr Mentoren sind, haben weder Saphire noch uns angesprochen.
Ich weiß, dass ich das Richtige tue.
Und ich weiß, dass die einzige Sache, die die anderen und mich trennt, diese immer mehr zunehmende Entfernung zwischen uns ist.
Aber trotzdem fühlt sich alles so seltsam an.
Ich bin nun wieder ein Tribut.

Das laute Klack von zwei Schuhen auf dem Boden kommt uns allen vier nur zu bekannt vor.
Saphire kommt auf uns zu und will sich hinsetzen, doch es ist kein Platz mehr.
Die beiden Sofas, auf denen Ron, Ella, Finnick und ich sitzen, reichen nicht mehr für sie.
Und irgendwie scheint ihr das etwas auszumachen.
Warum?

„Nun, also, falls es euch interessiert, gleich werden die anderen Ernten ausgestrahlt. Ich...ich..." stammelt sie, doch dann bricht sie ab, richtet sich verlegen ihre Haare und stöckelt wieder davon.
Finnick schnaubt sarkastisch und steht von dem Sofa, auf dem wir beide sitzen, auf.
Ich sehe ein, dass ich ihm wohl oder übel folgen muss.
Obwohl ich dann nur sehen werde, wer unserer Freunde in diesen Spielen sterben wird.
Wer von ihnen unsere Gegner sein werden.

Bald haben wir fünf uns vor dem großen Bildschirm versammelt, der Caesar Flickerman zeigt, der vom Jubeljubiläum schwärmt.
Ich lehne mich an das Zugfenster, was ziemlich kalt ist. Doch mir ist eh schon kalt.

Bald beginnt es mit Distrikt eins.
Die beiden Geschwister Cashmere und Gloss treten an, und in zwei Brutus und Enobaria.
In drei sind es Beetee und Wiress.
Als die Ernte in vier gezeigt wird, merke ich, dass es etwas mit mir macht, als ich mich dort sehe, wie ich mich freiwillig melde.

In Distrikt sieben werden Johanna und Blight gezogen. Ich hoffe, Blight und ich können uns in der Arena irgendwie verbünden.
Ich habe Angst davor, sein Gesicht eines Nachts in der Arena am Himmel zu sehen und dann...dann ist er einfach weg.

In Distrikt neun wird meine Freundin Maisie gezogen.
Und in zwölf natürlich Katniss und Peeta, der sich für sie freiwillig meldet.

Schon jetzt graut es mir so sehr vor diesen Spielen.
Dieses Mal kenne ich jeden einzelnen Tribut. Dieses Mal ist das Überleben noch so viel unwahrscheinlicher.
Doch vor allem, und das ist vielleicht die einzige positive Sache, die anderen haben vielleicht ähnliche Absichten wie ich.
Und vielleicht, ja vielleicht schaffen wir es ja, etwas zu bewegen.

Langsam wird es Abend, und der Zug wird vom goldenen Licht des Sonnenuntergangs beleuchtet.
Es fallen wenig Worte an diesem Abend, und auch am nächsten Morgen kaum.

Als der Zug an der Skyline des Kapitols vorbeirast, frage ich mich, wie lange es noch diese glänzende, sichere Atmosphäre ausstrahlen wird. Was ist, wenn die Distrikte eines Tages wirklich rebellieren? Werden sie das Kapitol dann angreifen? Werden sie die Bewohner angreifen? Und dessen Kinder? Ja, was ist mit denen? Sind sie nicht eigentlich nur unschuldige Teile eines viel zu großen Spiels?

Saphires Stimme reißt mich aus den Gedanken.
„Wir sind in Kürze da..." piepst sie leise.
„Und ja, Lächeln und Winken, ist uns schon klar." fügt Finnick sarkastisch dazu.
Auch Ron, Ella und ich sehen sie herausfordernd an.
„Nein, es..." sie seufzt.
„Das braucht ihr nicht tun. Seid ruhig ihr selbst. Die...die Leute sollen merken, was für einen Fehler sie mit diesem Jubeljubiläum gemacht haben."
Ich bin erstaunt über ihre Worte.
Ich spüre, dass die Sympathie, die sie sonst immer für die Spiele empfunden hat, abgenommen hat.
Doch trotzdem überrascht es mich, sie so über ihre Heimat und deren Bewohner reden zu hören.

Tribute von Panem | Stürmische SeeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt