𝗠𝗘𝗡𝗦𝗖𝗛𝗘𝗡

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Als ich an diesem Morgen aufwache, ist der Himmel draußen wolkenverhangen.
Beim Frühstück und als Finnick und ich uns fürs Training fertig machen, herrscht eine seltsame Stimmung.
Nach gestern Abend weiß ich kaum, wie ich auf die anderen Tribute reagieren soll.
Sind wir jetzt so etwas wie Verbündete?
Verbündete in einem Spiel des Todes?
Ich hoffe, die folgenden zwei Tage werden mir einige Antworten geben.

Nachdem wir uns die Trainingsanzüge der Stylisten angezogen haben, merke ich, dass sie dieses Jahr besonders edel scheinen.

Der Stoff der Ganzkörperanzüge ist glatt und irgendwie wirkt er seltsam seidig.
„Schick" kichert mir Finnick zu, als wir uns auf dem Weg zum Fahrstuhl machen.
Ich muss selbst lachen. Ich kann mir nur zu gut vorstellen, dass wir alle so ziemlich seltsam in diesen Anzügen aussehen.

Bald öffnen sich die Fahrstuhltüren und wir treten in das Trainingscenter.

Während sich Finnick gleich auf den Weg inmitten der unzähligen Stationen macht, bleibe ich erst einmal stehen, um zu realisieren, dass das Kapitol keine Kosten gescheut hat.
Das neue Trainingscenter ist nicht mal mehr ansatzweise so, wie ich es von meinen Spielen in Erinnerung habe.
Alles, was ich entdecken kann, ist bis auf Hochglanz poliert.
Der riesige Raum ist mit unzähligen Stationen ausgestattet, und manche Themenbereiche sind mir komplett unbekannt.

Ich hatte mit einer Erneuerung gerechnet, doch nicht damit.

Langsam gehe ich die ersten Schritte in die große Halle, und blicke mich dabei weiterhin zu allen Seiten um.
Links von mir sehe ich ein einen abgegrenzten Bereich, an dem Enobaria aus zwei gegen mehrere „Trainer" gleichzeitig kämpft.
Nur wenige Sekunden genügen mir, um zu verstehen, dass es mit den einfachen, schwachen und hungernden Kindern, mit die in meinen Spielen dabei waren, absolut nichts mehr zutun hat. Gekonnt schafft es die Tributin, innerhalb kürzester Zeit alle drei der stämmigen Trainer zu Boden zu schlagen.
Sie scheint meinen beobachtenden Blick gespürt zu haben, denn als sie sich wieder aufrichtet, fangen ihre eiskalten Augen mich ab.

Sie lächelt mich schräg an, und dabei kommen ihre scharfen Zähne zum Vorschein. Mir läuft ein Schauer über den Rücken.
Ein freundlich gemeintes Lächeln war das definitiv nicht.

Doch auch an den nächsten Stationen, die ich mir ansehe, scheint niemand sich zu entspannen. Im Gegenteil. Vor allem die anderen Kartieretribute schließen eine Kampfstation nach der anderen mit Bravour ab und scheinen auch nach Minuten ohne Pause noch immer nicht außer Atem zu sein.

Nach kurzer Zeit jedoch habe ich mich wieder gefangen.
Indem ich mir die anderen ansehe, werde ich nicht weiterkommen.
Es geht nur um mich.
Und genau diese grässliche Denkweise ist es, die das Kapitol aus uns herauskitzeln möchte.
Denn nur so verlieren wir das Menschliche an uns.
Denn ich glaube, das, was uns alle zu Menschen macht, ist die Art, wie wir mit anderen umgehen.

Ich werde aus meinen Überlegungen gerissen, als mir jemand auf die Schulter tippt.
Ich fahre herum und entdecke meine Freundin Maisie aus Distrikt neun.

Sie grinst mich schief an.
An ihrem Gesichtsausdruck kann ich ablesen, dass sie nicht die einzige ist, die sich von dem hohen Niveau vieler Tribute hier hat einschüchtern lassen.
„Wollen wir zusammen ein paar Stationen durchgehen? Ich glaub, es kann nicht schaden, wenn wir uns gegenseitig bisschen zur Hand gehen, oder?" fragt sie mich schließlich.

Ich nicke. Da hat sie wohl recht. Und ich bin erleichtert über ihr Angebot.
Ich glaube, es hilft mir wirklich, mit anderen zusammen zu trainieren.
Denn ich denke das ist es, was den Karrieros manchmal fehlt. Obwohl sie immer in einem Bündnis unterwegs sind, kommen sie sich mit ihrem ständigen Konkurrenzkampf mehrmals in die Quere, bis es manchmal sogar dazu führt, dass sie sich zerstreiten und daraufhin töten.

Tribute von Panem | Stürmische SeeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt