~ 8 ~

390 14 0
                                    

Markus
Immer wenn ich in der Schule zu Nena schaute, fielen ihr die Augen zu oder sie hatte Mühe die Augen offen zu halten. Mir ist bereits aufgefallen, dass ihre Augenringe seit den letzten Wochen immer tiefer wurden. Ich würde sie gerne fragen wieso, aber so lange und gut kennen wir uns jetzt auch wieder nicht und so wie ich mitbekommen habe, redet sie nicht gerne über ihre privaten Sachen. Aber genau das macht sie so interessant. Die Schule war vorbei und wir verließen gerade das Schulgelände als ich ihr noch schnell hinterher lief. ,,Hey" sagte ich als ich neben ihr zum stehen kam. ,,Hey" antwortete sie und wirkte komplett fertig, obwohl sie versuchte, es sich nicht anmerken zu lassen. ,,Alles gut bei dir? Du siehst irgendwie fertig aus" tastete ich mich vorsichtig ran. ,,Nein, alles gut. Ich hatte in letzter Zeit nur ein wenig Schlaf, das ist bei Leseratten manchmal so" lachte sie. Obwohl ich ihr das irgendwie nicht abkaufte, fragte ich nicht weiter nach. Anscheinend wollte sie nicht darüber reden oder noch nicht. ,,Wenn du willst, können wir das Treffen nachher auch absagen" bot ich ihr an. Das würde zwar meinen Plan durcheinander bringen, aber naja. ,,Nein, alles gut. Ich komme dann" sagte sie und ging damit. Und wieder einmal ließ sie mich stehen. Das wurde teilweise zur Gewohnheit, genauso wie sie immer den Augenkontakt abbrach und das gefiel mir garnicht.
Pünktlich klingelte es an der Tür. Ich ging runter, da außer unserem Butler niemand zuhause war. ,,Ich geh schon" sagte ich zu Edgar, der gerade aus der Küche kam. Er nickte mir nur zu und ging dann zurück. ,,Hey" lächelte mir Nena entgegen. ,,Hey" lächelte ich ebenfalls. ,,Komm rein" sagte ich und hielt ihr die Tür auf. ,,Danke" sagte sie, zog ihre Schuhe aus und zusammen gingen wir hoch in mein Zimmer. ,,Ich wusste garnicht, dass du in einer Villa wohnst" sagte sie anerkennend als wir den langen Flur entlang liefen. ,,Wenn man das erwähnt, wird man immer als arrogant und abgehoben gesehen, deswegen erwähne ich das eigentlich nicht" erklärte ich. ,,Verständlich" sagte sie dann. ,,Setz dich ruhig" sagte ich in meinem Zimmer angekommen und deutete auf mein Bett. Sie nickte, setzte sich und schaute sich in meinem Zimmer um. ,,Also fangen wir an?" fragte ich dann. Sie nickte, holte ihr Buch, einen Block und ihre Federmappe raus. ,,Da die Stelle, die wir umschreiben sollen ja ein Dialog zwischen Romeo und Julia ist, denke ich, dass klar ist wer welche Rolle macht" sagte sie und schlug ihr Buch auf. ,,Schade, ich wollte schon immer mal Julia spielen" sagte ich gespielt traurig. Nena lachte und sagte dann ebenso gespielt mitfühlend ,,Na wenn dir das so wichtig ist, können wir das auch gerne so machen". Wir beide lächelten uns an. Nachdem wir die Aufgabe nochmals kurz besprochen hatten, machte sich jeder an die Arbeit. Ich musst am Schreibtisch sitzen, da ich Probleme mit dem Nacken hatte. Sonst hätte ich mich gerne zu Nena gesetzt. Jeder arbeitete eine Stunde still für sich. ,,Du verstehst doch was die hier labern. Könntest du mir vielleicht sagen, was das hier ..." drehte ich mich um. Als ich mich umdrehte, sah ich Nena schlafend auf meinem Bett liegen. Sofort brach ich meinen Satz ab um sie nicht zu wecken. Leise ging ich auf sie zu, nahm ihr den Stift aus der Hand und deckte sie mit einer dünnen Decke zu. Kurz sah ich sie noch an. Ihre blonden Haare hatte sie sich mit einer Klammer zusammen gemacht. Jetzt da sie die Augen zu hatte, sah man erst ihre langen Wimpern und unter ihren Augen lagen dunkle Ringe. Ich ging vorsichtig zu meinem Schreibtisch zurück und machte die Aufgabe weiter. Nach anderthalb Stunden bewegte sie sich, was mich dazu brachte zu ihr zu schauen. ,,Na Schlafmütze" schmunzelte ich sie an. ,,Wie lange hab ich geschlafen?" fragte sie, rieb sich die Augen und sah sich verwirrt um. ,,Anderthalb Stunden" sagte ich, während ich auf die Uhr schaute. Erschrocken sah sie mich an. ,,Scheiße, tut mir leid" sagte sie und schlug sich die Hände vor das Gesicht. ,,Omg ist das peinlich" setzte sie hinterher. ,,Hey, alles gut. Ich hab mir erlaubt an deinem Text weiter zu arbeiten" sagte ich und gab ihr ihren Block. Ich setzte mich neben sie und sah sie an. Irgendwie sah sie süß aus, so ganz verschlafen. ,,Das ist echt gut, danke" sagte sie ehrlich und lächelte mich an. ,,Kein Problem" lächelte ich zurück. Sie schaute auf ihr Handy und plötzlich verschwand ihr Lächeln. ,,Meine Mutter hat mir geschrieben, ich muss los" entschuldigte sie sich. ,,Kein Problem" sagte ich. Sie packte ihr Zeug zusammen und ich begleitete sie noch runter zur Tür. ,,Danke nochmal" sagte sie. ,,Wie schon gesagt, kein Problem. Wenigstens konntest du ein bisschen Schlaf nachholen" sagte ich und lehnte mich gegen den Türrahmen. ,,Bis morgen" lächelte sie mir nochmal zu. ,,Bis morgen" lächelte ich ebenfalls. Ich schaute ihr noch kurz hinterher, bevor ich dann die Tür schloss.

Was mich brach - Und wer mich heilte Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt