Gewittersturm-7

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Nach Ewigkeiten und doch viel zu kurzer Zeit erhob ich mich, lief einfach mechanisch. Ohne zu denken führten meine Beine mich hinaus, ließen mich die Treppe hochkraxeln und endlich stand ich im tiefen dunklen Tannenwald. Doch egal wie sehr ich es bemühte, ich konnte nichts Anderes riechen als den Rauch und den Geruch von verbrannten Haar und von Asche jahrhundertalter Bücher. Die Karte zitterte erneut in meinen Händen, ich musste mich beherrschen sie nicht zu zerreißen. Meine Lungen füllten sich mit dieser frischen Luft, meine Schultern hoben und senkten sich, ich atmete laut und hörbar, weil es anders nicht ging.

Ich wollte aus diesem dunklen Wald verlassen, weil er mich zusammenpresste und mir die Sicht auf den blauen Himmel versperrte. Doch ich wusste ganz genau tief in mir, egal auf welchen Berg ich klettern würde oder in welchen Weg ich auch nehmen würde, es würde nicht alles gut werden.

Nein, jetzt konnte es nicht mehr alles gut werden, mein Kopf würde nicht vergessen und ich- Meine Wangen waren nass geworden, ohne dass ich es bemerkt hatte. Zitterte ich? Oder zitterte die Welt, aus Angst vor dem Kommenden?

In meinem Kopf dröhnten die Gedanken wieder, wollten heraus.
Weiterlaufen.
Weitermachen.
Das hatte mich Basti gelehrt und ich würde nicht nachgeben, würde nicht dem Drang zu schlafen nachgeben.
Ich schlief unter den dunklen Wipfeln der Bäume nach Stunden ein. In jeder Ecke vermutete ich eine Gefahr, jeder Schatten sah bedrohlich aus.

Thomas verwandelte sich vor meinen Augen zu Basti, der in die Flammen fiel.
„Du kannst nichts tun, gar nichts" flüsterte Ihma bedrohlich, ihre Stimme hallte an den Steinwänden empor und sie hatte Recht, ich konnte mich nicht bewegen.

Ich schreckte hoch, schweißgebadet. Hatte ich gebrüllt? Ich wusste es nicht, aber meine Augen tränten, mein Herz hämmerte wie verrückt in der Brust. Selbst die Sicherheit des Schlafes war mir geraubt worden.
Nach drei Tagen kam des Herumirrens, erblickte ich endlich den Sammelplatz den wir vereinbart hatten. Ein Haus am Waldrand, ich glaubte es war Vetos Haus.

Die Fenster waren warm erleuchtet, erinnerten mich an eine Zeit in der es nur Geborgenheit gegeben hatte. Als man in einem warmen Bett lag umringt von Liebe und die Tage endlos waren. Ich vermisste diese Zeit, vermisste alles daran. Denn es gab kaum etwas was diesem Gefühl nahkommen könnte. Einzig dieser dunkle Haarschopf, der gerade die Tür aufriss und mich von der Ferne anstarrte.
Ich war nur ein Schatten in den Bäumen, aber er sah mich, rannte auf mich los, warf mich auf den Boden.

„Stegi?" Er stand noch und mir wurde bewusst das nicht er mich zu Boden gerissen hatte, sondern dass meine von Blasen übersäten Füße nachgeben hatten.
Er kniete sich neben mich, zog mich in seine Arme und umfasste mich sicher. Ich konnte kein Wort über meine Lippen bringen, kein Mal ihm sagen, wie sehr ich das alles gerade brauchte. Ich zitterte nur, zitterte einfach in seinen Armen und meine Augen waren erneut übergelaufen.

Er kümmerte sich nicht um das Pergamentstück, was ich endlich fest umklammert hielt. Fragte nicht, bohrte nicht nach. Er stützte mich als wir das Haus betraten. Holte einen Stuhl und ließ mich in der warmen Stube sitzen. Doch die Flammen des Kamines schafften es nicht mein Inneres aufzutauen, sie erinnerten mich nur an andere Flammen, größere und tödlichere. Sie hatten mich in ihren Bann gezogen, ich konnte mich einfach nicht abwenden.
Um mich herum redeten die Leute, fragten mich mehrmals ob sie helfen könnten, fragten ob man mir die Karte abnehmen könne. Ich schüttelte immer den Kopf, presste die Lippen zusammen und versuchte die aufsteigende Panik vor dem Feuer zu unterdrücken. Es war nicht so, dass ich nicht reden wollte. Ich würde gerne soviel erzählen, aber es ging nicht, solange die Flammen so dicht vor mir waren.
„Sicher, dass du kein warmes Bad nehmen willst?" Bastis hilflose Stimme klang seltsam weit weg.
Ich sollte aufstehen, aber wenn ich jetzt aufstehen würde, würde ich zusammenklappen.

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