the end of the world (2)

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Songs die so bisschen zum Vibe passen:
Wait-M83
Hört der Engel helle Lieder
Nothing's New-Rio Romeo

Irgendwann, nach Ewigkeiten die verschwendete Zeit auf dem Countdown waren, den ich auf meinem Handy eingerichtet hatte, bog ich endlich in die Einfahrt eines kleinen gelben Hauses ein.

Mit einem Vorgarten in der sich Rosen um das Gartentor rankten und in den Beeten im Sommer vermutlich bunte Blumen blühten. Jetzt hatte jemand dem Zaun eine Lichterkette umgehängt und die Fenster strahlten in einem warmen Licht.

Beinahe schüchtern stieg ich aus meinem Auto aus, nahm die Tasche mit den wenigen Dingen und öffnete das Gartentor.
Immer näher kam ich an die Haustür, bis ich schließlich den Finger auf die Klingel legte.
Dann zögerte ich, verharrte in der Position, ließ wertvolle Zeit verstreichen.

Wenn es nicht der fucking letzte Tag gewesen wäre, wäre ich umgekehrt.
Wäre mit zitternden Knien und einem komischen Gefühl im Bauch weggelaufen und wann anders wiedergekommen.

Ich hatte nur keine Zeit.
Gar keine.

Deshalb drückte ich auf die Klingel.
Nur deshalb.

Mir öffnete ein älterer Mann die Tür, aus der Küche drang fern Weihnachtsmusik zu mir.
„Hallo... Ähm, ich bin ein Freund ihres Sohnes"
Wie dumm das klang.

Wie dumm es war diese perfekte Familie zu stören, würde sie doch morgen nicht mehr existieren.
Ich wünschte ich könnte alle meine Gedanken auslöschen, sie ausbrennen, übertönen mit Schreinen, Brüllen und Weinen.

Doch das konnte ich nicht.
Stark sein, obwohl sich alles überschlug in meinem Kopf.
Die Gedanken schlugen Saltos, prügelten sich miteinander und ich konnte nur stumm den Mann anschauen, unfähig mehr Worte herauszubringen.

Doch es breitete sich ein Lächeln auf dem faltigen Gesicht aus, er reichte mir die Hand.
„Martin, ich bin der Vater von Bastian. Komm ruhig rein."
Zögern betrat ich den Flur, legte meine Tasche am Boden ab. „Ich hab war bei unseren Nachbarn und"- Die mir nur allzu bekannte Stimme verstumme und unvorbereitet stand ich vor einem großen, schlanken, jungen Mann. Die dunklen Haarspitzen schauten aus seiner HSV-Mütze hervor, er hatte einen lustigen Weihnachtspulli an und schaute mich aus seinen blaugrünen Augen mit einem undefinierbaren Blick an.

Basti.
Er sah nicht schlecht aus, wirklich nicht. Insgeheim fragte ich mich ob ich diesem Gefühl mehr Raum gegeben hätte, wenn es ein Morgen geben würde.
Doch jetzt schüttelte ich es ebenso schnell ab wie es gekommen war.
Wir umarmten uns nicht, ich wusste nicht warum.
Wir gaben uns noch nicht mal die Hand, wir starrten uns einfach nur an und fingen dann an zu kichern.
Nervös um die Stille zu brechen.

Nun erschien hinter ihm im Türrahmen eine braunhaarige Frau, die ihren Kopf auf seine Schulter legte. Mit dem gleichen Weihnachtspulli.
Basti hatte eine Freundin?
War es nicht komplett falsch hier zu sein?
„Ist das Stegi?" fragte sie neugierig und als Basti nickte, löste sie sich von ihm.

„Ich bin Nele, Bastis Schwester."
Ich hätte es wissen müssen. Von der Art wie sie sich anschauten, von der Art wie sie seinen Kopf auf seine Schulter abgelegt hatte.
An manchen Tagen zerschnitt mir der Schmerz die Lungen, wenn ich sah was andere hatten.

Am liebsten hätte ich meine Kopfhörer angezogen, mich in einem Raum gesetzt und geheult, aber irgendetwas in Bastis Augen hielt mich davon. Als würden ganz tief unten in seinen Augen Schatten lauern, die kurz aufflackerten.
Aber er hielt sie auf, ließ sie nicht in diesen warmen Flur.
„Ich bin Stegi" murmelte ich, dann ließ ich mich von ihr umarmen.

Basti führte mich in die Küche und ich schaute mich neugierig um. An dem Kühlschrank klebten Bilder von Basti und Nele als Kinder.
Ich konnte kaum atmen, wenn ich auf sie schaute, diese Kinder waren zum Tode verdammt, das stolze Mädchen mit der Schultüte, der kleine Junge auf dem Sofa mit seinem Flaggenbuch, die beiden Kinder in einem Boot, beide nur in Badesachen.

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