Chapter 3 | Gefangen

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Das Erste, was ich sah, als ich wieder zu Bewusstsein kam, waren grelle Lichtpunkte, die wirr vor meinen halb geöffneten Augen herumtanzten. Da so etwas nicht normal war, streckte ich meine Hand aus und rieb mir über die Augen, was eindeutig ein Fehler war.

"Sie ist wach, anscheinend habt ihr sie nicht fest genug gepeitscht. Sie lebt", ich drehte mich langsam auf den Rücken und versuchte in die Richtung zu schauen, aus der die Stimme kam. Ein stechender Schmerz jagte mir durch den Rücken, sodass ich für eine Sekunde wie erstarrt liegen blieb.

Langsam erinnerte ich mich an die Männer, die vor unserem Haus gelauert haben. Wo war ich hier? Was wollten die Männer? Hatten sie Alec ebenfalls in ihrer Gewalt?

Schritte näherten sich mich und ich schloss instinktiv wieder die Augen. Ohne mich zu bewegen versuchte ich, den Schmerz zu ignorieren. Doch das war unmöglich.

"Brauchst gar nicht so zu tun, Gör! Wir wissen, dass du wach bist!", spuckte mir eine gehässige Stimme entgegen und trat gegen meinen Rücken. Ich keuchte.

"Was wollt ihr von mir?", fragte ich mit ungewöhnlich dünner Stimme und schielte nach oben, doch das Einzige, was ich in meinem beschränkten Sichtfeld wahrnehmen konnte, war der schwarze Nachthimmel über mir, auf dem nichtmal ein Stern zu sehen war.

Ich konnte nichts tun. Nichts. Nicht fliehen, nicht um Hilfe rufen. Trotzdem versuchte ich es und setzte mich langsam auf. Sofort fühlte ich wieder das ungeheure Brennen im Rücken. Innerlich schrie ich vor Schmerzen. Wie musste mein Rücken wohl aussehen? Ich wollte es gar nicht wissen.

Ungelenk stützte ich mich mit einer Hand am Boden ab. In der nächsten Sekunde wurde ich jedoch wieder zu Boden gerungen. Wie naiv von mir zu denken, ich könnte etwas an meiner Lage ändern!

"So, Hexenmädchen! Brauchst gar nicht erst zu versuchen, deine Kunst der Teufelbeschwöhrung zu demonstrieren!", rief eine andere Stimme, die wahrscheinlich von einer älteren Frau stammte. Vielleicht die Marktfrau, überlegte ich, doch die lag, als ich sie das letzte mal gesehen hatte, sterbend am Boden. Wegen mir.

Langsam beschlich mich eine Ahnung, warum die Männer da waren. Menschen mit übersinnlichen Fähigkeiten gallten als Hexen. Und Hexen als Teufelskeaturen, die beseitigt werden mussten. Alec und ich hatten übersinnliche Fähigkeiten, jedenfalls deutete alles darauf hin. Also versuchte ich es anders.

"Bitte!", flehte ich, so gut ich es eben konnte. "Verschont mich! Ich habe nichts getan! Meine Mutter ist weg und mein Bruder Alec und ich sind ganz alleine! Wir sind doch erst dreizehn! Ich"

"Schweig! Oder willst du, dass ich dich knebele?", rief der ältere Mann, anscheinend der, den die Männer Reostarus genannt hatten. Ich schüttelte den Kopf. Tränen stiegen mir in die Augen.

"Was ist mit meinem Bruder? Alec? Ich flehe euch an, bitte tut ihm nichts", flüsterte ich leise, dann schwieg ich und hoffte auf das Beste. Anstatt einer Antwort, hörte ich plötzlich ein Stöhnen neben mir.

Alec, schoss es mir durch den Kopf, als ich mich langsam zu ihm umwand. Genau wie ich lag er auf dem Boden, bewacht von mindestens drei Männern, alle mit Fackeln und Peitschen bewaffnet. Sahen sie nicht, wie schlecht es ihm ging?

Unwillkürlich musste ich an das Geld für den Heiler denken. Das Geld, welches in dem Geldbeutel unter meinem Hemd verborgen lag. Gelegen hat. Garantiert hatten sie es mir entwendet.

Mir rollte eine Träne die Wange hinunter. Wenn Alec nicht bald behandelt werden würde, dann würde er sterben. Doch wir waren gefangen und mein Geld war wahrscheinlich weg. Das Gefühl, nichts tun zu können, war furchtbar. Vielleicht war der Tod doch kein so schlechte Option.

Tage ohne Licht Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt