Kapitel 12, Part 1

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Wir saßen alle im Wohnzimmer verteilt und warteten ungeduldig auf Tessa, die etwas zu Trinken holte. Ich versuchte den bösen Blicken von Jonas und Jerry stand zu halten und war mir ziemlich sicher, dass sie merkten, dass etwas zwischen uns los war.

Als meine Freundin dann den Raum betrat atmete ich auf, die Aufmerksamkeit war auf sie gerichtet. Ich wunderte mich nur kurz, warum sie ihre Tasche nicht im Flur gelassen hatte. Die Antwort lieferte sie schnell. Sie holte einen Ringordner hervor und legte ihn auf den Tisch, so dass er zum Zentrum unseres Blickfelds wurde. Dann setzte sie sich neben mich und öffnete ihn, sein Inhalt war in vier Register unterteilt, die sie einzeln ausheftete. „Alina, Jerry, Jonas, das sind unsere Unterlagen aus dem Heim." Sie reichte einen nach dem anderen einen Stapel Papiere. „Die Verwaltung hat sie mir Heute mitgegeben. Dort steht alles, was es über uns zu wissen gibt. Unsere echten Daten, und die unserer Familien." Jonas Zog zwei Zettel hervor und musterte sie. Seine Augen fingen an zu glänzen. „Die Sterbeurkunden meiner Eltern... Oh man, ich kann mich noch so gut an sie erinnern, obwohl ich drei war..." Alina hielt auch welche in der Hand. „Und das hier sind die von meinen. Ich hätte sie so gern kennen gelernt..." Jerry, der zwischen ihnen saß, legte jeweils einen Arm um ihre Schultern und zog sie an sich. „Ich möchte nicht in der Haut von einen von euch Dreien stecken... warum hat es nicht meine getroffen? Sie hätten es nach all dem, was sie auf dem Kerbholz haben, eher verdient!" Jana nahm Jonas Hand und küsste ihn auf die Wange. „Man wünscht weder seinem Papa, noch seiner Mama den Tod. Egal was sie getan haben. Selbst meinen Ziehvater, trauere ich manchmal. Und meine echten Eltern... komisch... irgendwo..." Tessa legte die Stirn in Falten und wühlte in den Dokumenten. „Ich kann die Sterbeurkunden nicht finden... aber hier ist die meiner Geburt! Ach, sieh an, schön, dass uns allen pauschal der Nachname ‚Kruse' aufgedrückt wurde! Hier steht der echte!" Nun schauten auch die anderen nach. „Ich heiße eigentlich Alina Tabea? Wieso wusste ich nichts davon, dürfen das überhaupt ändern?" Namen fielen... Martens, Baker, irgendwas mit Licht... ich hörte nicht hin wirklich hin sondern griff nur unauffällig nach Tessas Hand, sie umklammerte meine und wühlte aufgeregt weiter.  „Anscheinend ist dort vieles schief gelaufen. Ich finde nicht mal die Bescheinigung für den Tod meiner Eltern!" Mit einem Mal schwiegen alle beklemmt. Jana traute sich zuerst etwas zu sagen. „Vielleicht... vielleicht sind sie es ja auch gar nicht..." „Ausgeschlossen! Ich würde alles dafür geben sie kennen zu lernen, aber mir wurde immer bestätigt, dass sie nicht mehr am Leben sind!" in ihrem Gesicht zeichneten sich Trauer und Verletzung als sie aufsprang. Ich ließ noch schnell meine Finger aus ihren gleiten, merkte aber, dass alle anderen es gesehen haben. Hektisch raffte sie die Papiere zusammen und stopfte sie in ihre Tasche. „Das war's auch schon. Komm Flo." „Moment!" Warfen Jonas und Jerry synchron ein. „Wir wollen noch mit dir reden. Allein." Seufzend folgte Tessa den beiden in die Küche. Mit einem Knall schloss sich die Tür. Kurz darauf wurden Stimmen laut, was sie sagten konnte ich jedoch nicht verstehen. In unangenehmes Schweigen gehüllt saßen wir verbliebenden drei nun da. „Seid ihr jetzt eigentlich... zusammen?" fragte Jana schüchtern. Ich nickte kurz und stumm.  „Süß." Murmelte sie leise mit einem lächeln auf den Lippen. „Sie hatte seit Jahren keinen Freund mehr. Ihr fällt es schwer Leuten auf Anhieb zu vertrauen." Sie schlug sich die Hand vor den Mund, als hätte sie ein gut gehütetes Geheimnis ausgeplappert. „Das hab ich nie gesagt, ja? Ich weiß nicht ob sie das will..." wieder nickte ich kurz und stumm, wurde dann aber von einer stürmischen Umarmung umgerissen. „Alles Gute euch Beiden! Das ist gut... das ist sehr gut, dass sie nun jemanden hat!" murmelte Alina. Ich war überrumpelt, war sie doch bei unserem ersten Treffen so abweisend zu mir. Keine Sekunde zu früh ließ sie mich wieder los. „D-danke... freut mich, dass anscheinend Frieden zwischen uns herrscht." Dann stand ich auf und ging in den Flur, gerade in dem Moment flog die Tür auf. Tessa stürmte raus und funkelte ihr Freunde, die sie genauso wie ich um einen halben Kopf überregten, böse an. „Wagt es ja nicht euch auch nur noch einmal da einzumischen! Was ich ab jetzt tue ist einzig und allein meine Sache! Versteht ihr? MEINE! Egal worum es geht!" Dann stürmte sie raus. „Äh, tschüss, schönen Abend noch!" rief ich in die Runde und rannte hinterher.

Vor der Tür schaute ich mich um, Tessa war nirgends zu sehen. Ich rannte durch die Dunkelheit in die Richtung, aus der wir gekommen waren und blieb schließlich an der Gasse, in der wir uns geküsst hatten, stehen. Dort saß eine Gestalt, schwach vom entfernten Licht der Laternen beleuchtet, auf dem Boden zusammen gekauert. Ihr Schultern bebten und leises Schluchzen war zu hören. Ich ging vor ihr in die Hocke und legte meine Hand auf ihren Arm. Sie hob den Kopf, schaute mich aus verweinten Augen an, kniete sich hin, fiel mir um den Hals. Minutenlang verharrten wir so und ich wartete darauf, dass sie zur Ruhe kam, stellte keine Fragen. „Vielleicht haben sie recht. Vielleicht sollten wir kein Paar sein, was willst du mit einer grenzdebilen Freundin wie mir?" Ich strich ihr beruhigen durch die Haare. „Sag so etwas nicht. Du hast es gerade nicht so leicht, der Umzug, die Verwirrung durch die Akten... das braucht alles seine Zeit um sich einzupendeln, aber wir kriegen das hin! Ich versprech' es dir!" „Wirklich?" „Wirklich. Ich lass mir da von Niemandem reinreden! Und nun komm, ich wollte noch zu Frodo, da macht Felix dir bestimmt Buchstabensuppe. Ich ruf noch jemanden an, damit er auch kommt." Sie nickte und ich hob sie hoch. „Jetzt hab wieder gute Laune!" Und sie fing an sich lachend zu wehren.

„Was ist passiert?" Vollkommen außer Atmen stand Marti in der Tür und starrte Frodo und mich gehetzt an. „Keine Sorgen, Tessa ist grad nicht ganz so gut drauf und ich dachte, da ihr ja jetzt irgendwie so gut befreundete seid, auch wenn ich nichts davon mitbekommen habe, könntest sie dich gebrauchten." Er nickte hastig. „Wo ist sie?" Wir gingen zusammen in Felix Zimmer, durch dessen Tür Musik erklang. Ich öffnete sie, machte ein Paar Schritte rein und ging vollkommen verdattert über das Bild, welches sich mir dort bot, ein Paar Schritte zurück. Jako saß mit einer Gitarre auf dem Boden, hinter ihm Tessa, vollkommen vertieft darin ihm Zöpfe zu flechten. Er spielte „Only time", was an sich ja schon seltsam war, aber dass sie und Felix, der neben ihr saß und den Kopf im Takt wippte, dazu sangen machte es noch verstörender. Zumal sie jedes einzelne Wort des Textes durch „Bart" ersetzt hatten. Kopfschüttelnd verließ den Raum. „Ich übergebe an dich, Marti. Komm Frodo, wir haben zu tun." Er hob den Finger. „Einen Moment." Dann ging er zu Wannes Zimmer und öffnete die Tür. „Schatz, du verpasst was. Floids neue Freundin, in Felix Zimmer. Viel spaß beim kennen lernen." Dann marschierte er seelenruhig davon und ich musste mich vor einer vollkommen aufgedrehten Vanessea retten.


 „Wie viele Fakten hast du?" „Neun. Du?" „Sechs. Dann ham' wa ja alles fürs Video zusammen... Ja?" Es hatte an der Tür geklopft, die sich nun langsam aufschob. Marti kam rein, jeweils in einer Hand eine weiße Keramikschüssel. „Ich dachte ihr wollt vielleicht auch etwas Buchstabensuppe. Hab aber die Löffel vergessen." Frodo stand Kopfschüttelnd auf. „Bin gleich wieder da." Marti ergriff seine Chance uns ließ sich auf den Schreibtischstuhl fallen. Dabei schwappte etwas der Suppe über und tropfte auf sein Bein. Der Stoff seiner Hose sog sich voll und verdunkelte sich, was er getrost ignorierte. „Ich hab überlegt." Meinte er in die Stille hinein. „Tessa hat mir, als wir allein waren, erzählt was los war. Was wenn ihre Eltern wirklich noch leben? Glaubst du, es würde sich lohnen zu suchen?" Mir kam ein Gedanke. „Na ja, sie würde sie schon gerne kennen..." Wir sahen uns einen Moment lang schweigend an. Drei mal das leise Ticken der Wanduhr, dann sprang ich auf. Im gleichen Moment drehte Marti sich zu Frodos Laptop. Ich sprintete in den Flur und holte den Ordner, nur um damit zurück ins Zimmer zu rennen. Aufgeregt friemelte ich die Geburtsuhrkunde heraus. „Tessa von Lichtenwald. Oha, ich hab eine von und zu als Freundin." dann ging ich zum Schreibtisch und stützte mich auf der Platte ab. „Kein häufiger Name, damit lässt sich arbeiten. Besser als Kruse." Ich nickte und Marti fing an drauf los zu googlen.

„Von wegen Löffel vergessen! Du warst einfach zu faul sie abzuwaschen, gib es doch einfach... was wird das?" Frodo kam zu uns und musterte zuerst das Dokument, dann das Display. Ich hatte ihm von dem Vorfall erzählt, also war er durchaus in der Lage sich einen Reim daraus zu machen. „Alter... Ihr wollt nicht echt... das Schlimmste ist... ich kenn euch! Ihr lasst euch nicht davon abbringen, oder? Was wenn die Unterlagen unvollständig oder falsch sind?" wir gingen gar nicht richtig auf ihn ein, anstelle dessen guckte ich Marti aufgeregt an. „Genau! Wir müssen noch mal im Heim nachfragen! Was wenn noch was dort ist? Ich muss sowieso noch meinen Schlüssel abgeben, ich hab das Heute vollkommen vergessen!" „Na dann los!" Wir sprangen gleichzeitig auf und rannten an einem verwirrten Frodo vorbei. „Habt ich mal auf die Uhr geguckt? Bis ihr da seid, ist es schon Zehn! Und... was ist mit der Suppe?"



Ich lebe! Whoop whoop! Okay, tut mir Leid, dass ich euch hab warten lassen. Aber ich glaub ich muss euch das Ding mit "Ideen-Motivation-Zeit" nicht erklären. Irgendwas fehlt immer :D

Na ja, ich guck jetzt SternTV mit Floid an und ANANAS LU, ANANAS! SO WICHTIG!

Du bist mein SinnWo Geschichten leben. Entdecke jetzt