Kapitel 11

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Als wir bei unseren Wohnungen angelangt waren, hatte es aufgehört zu regnen. „Was hast du jetzt vor?" fragte ich Tessa. „Ich glaub ich will jetzt gerade nur in mein Bett und schlafen." Das erinnerte mich an etwas. „Also... wenn du dich Nachts allein unwohl fühlst, dann kannst du auch gerne zu mir kommen. Oder ich geh zu dir, wie es dir lieb ist." „Das wäre gut. Es ist noch ziemlich ungewohnt... allein fühl ich mich unsicher... Das war die erste Nacht die ich allein in einem Raum verbracht habe. Jedenfalls seit ich denken ka..." da unterbrach ich sie. „Falsch." Sie schaute mich verwirrt an. „Als du in meinem Zimmer geschlafen hast, warst du auch allein. Und dir ging es gut. Keine Panikattacke. Du brauchst das nicht. Du brauchst niemanden bei dir, du bist stark genug. Glaub mir." Sie griff nach meiner Hand. „Würdest du heute vielleicht trotzdem zu mir kommen?" Ich lächelte sanft. „Kein Problem." Wir gingen zusammen zum Eingang. Tessa blödelte rum und ich lachte, während ich ihr die Tür aufhielt. Unser Stimmen erfüllten das gesamte Treppenhaus, von der Ernsthaftigkeit die zwischen uns so lange angedauert hatte war nun nichts mehr zu merken. Zusammen gingen wir nach oben, sie voran.

Dann blieb sie auf der letzten Stufe, die mich von meiner Wohnung trennte, stehen. Sie senkte den Kopf und küsste mich und zerzauste mir dabei zum Abschied die Haare. Trotzdem standen wir immer noch so da, sie hatte ihre Stirn an meine gelegt. „Ruh dich etwas aus, wir sehen uns später noch mal." Wir lächelten uns an. Dann begann ich zu frösteln. So lange in nassen Klamotten rumzustehen konnte für keinen von uns beiden gesund sein, also schob ich Tessa vorsichtig von mir weg. Sie fuhr nochmals durch meine Haare und ging nach oben. Dabei gab sie mir den Blick auf Frodo frei, der vor meiner Tür stand. Er hatte die Arme vor der Brust verschränkt, wippte ungeduldig mit dem Fuß und zog die Augenbrauen skeptisch hoch. Dem anzüglichen Lächeln nach zu urteilen, welches er trotz alle dem aufgesetzt hat, hatte er gerade eben alles mitgekriegt. Wie sollte es auch anders sein? „Samma Freundschen, wir waren vor zwei Stunden nicht verabredet! Ich bin grad erst gekommen, noch ein paar Mal klingeln mehr, und ich hätte den Schlüssel den ich dir abgezogen habe ausgenutzt." Ich spürte wie ich rot anlief, dann stieg ich die letzte Stufe hoch und schloss auf.

„Alter, ich kann das erklären..." er lachte auf. „Nicht jetzt. Wer hat es gesagt, du oder sie?" ich verstand nur Bahnhof. „Na wer hat wem seine Liebe gestanden?" aus seinem Mund hörte sich das so kitschig an. „Na ja... sie... eigentlich..." Er gab ein triumphierendes Geräusch von sich. „Wusste ich es doch! Ich kenn dich halt! Moment, ich muss das den Anderen schreiben, die schulden mir jetzt drei Kisten Mate. Sie haben ernsthaft alle auf dich getippt!" Ich schüttelte den Kopf. „Ihr habt nicht ernsthaft Wetten darauf abgeschlossen? Und... und woher wusstet ihr überhaupt davon?" er zuckte mit den Schultern. „Also, bei dir ham's alle gesehen und Tessa... Sie und Marti sind anscheinend big buddies oder so." Murmelte er total fixiert auf sein Handy. „Wann ist das denn passiert?" er schaute kurz auf, zuckte mit den Schultern und widmete sich wieder dem Display. „Als du krank warst. Er hat ihr sehr viel in der Wohnung geholfen... Kannst du unseren Freunden mal bitte eine Sprachnachricht schicken, in der du es ihnen bestätigst? Sie glauben mir nicht. Du bekommst auch 'nen Kasten ab." also hat sie mit ihm darüber geredet... hm. Ich schüttelte den Kopf, tat meinem besten Freund den Gefallen und pilgerte dann in mein Zimmer, um mir was Trockenes anzuziehen.

Am Abend saßen Tessa und ich zusammen auf ihrem Bett und sie erzählte mir aus ihrer Zeit im Heim. Wie der Ablauf war, was sie so unternommen haben „Einmal im Monat sind wir zu Wochenmarkt gegangen. Ich war allerdings nur zwei Mal dort, so wie Jerry, Jonas und Alina. Nachdem wir dort eine Burg aus Apfelkisten gebaut und uns geweigert haben sie zu verlassen, durften wir nicht mehr mit. Klar, wir haben 'nen ziemlich großen Aufstand gemacht und so getan, als wäre es ein echtes Schloss und wir  Ritter und Prinzessinnen. Wir waren sowieso ziemliche Nervensägen und haben den Leuten relativ viel Stress bereitet. Alina war mal einen Tag lang verschwunden weil wir Cowboys und Indianer gespielt und sie am 'Marterpfahl' vergessen haben. Die Arme stand die ganze Nacht im strömenden Regen an einen Baum gefesselt auf dem Hinterhof. Man musste uns sowieso oft suchen. Zum Beispiel beim verstecken spielen. Wir lagen mal 6 Stunden lang zu viert unter einem Bett. Alle die in der Lage waren uns zu suchen, haben gesucht und sind auch ab und zu an uns vorbei gelaufen aber weil wir auf Teufel komm raus gewinnen wollten haben wir kein Geräusch von uns gegeben. Daran habe ich immer gedacht, wenn Nele und ich uns vor unserem Ziehpapa versteckt haben. Das hat alles viel weniger schlimm gemacht."

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