Kapitel 16

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„Also... leg los." Sagte Tessa entschlossen, nachdem wir diese kleine, eigene Welt verlassen hatten. Wäre ich jetzt doch nur so selbstsicher wie sie.

„Bitte... lass mich bitte einfach erzählen, ja?" Sie nickte. Gott, wie fängt man so was am Besten an? „Wegen deiner Eltern..." Sie atmete scharf ein, sagte aber nichts. Ich traute mich kaum sie anzuschauen. „Mart... Ich hab recherchiert was deine Familie anbelangt. Also... ich war noch mal im Heim, wegen der Sterbeurkunden. Es hatte sich ja herausgestellt, dass sie dort keine hatten. Vermutlich wurden nie welche angefordert. Eventuell, weil es gar nicht nötig war. Und dann hab ich immer weiter geguckt bis ich eine Adresse zu einem Haus gefunden habe, welches im Besitz deiner Eltern ist... oder war. Ich weiß, es war nicht richtig das zu tun. Deshalb hab ich bisher auch nicht kontrolliert wer da wohnt. Ich lass dir die Entscheidung, ob du es versuchen oder vergessen möchtest."

Wir kamen unseren Freunden immer näher und ich wartete nervös auf eine Antwort. Oder einfach irgendetwas. Sie schwieg.

Bitte, bitte sag was. Fall mir um den Hals, danke mir, beschimpfe mich, klatsch mir eine, klau mein Auto, hau ab und komm nie wieder. Mach irgendetwas, aber... bitte. Hör auf zu schweigen. Mein schlechtes Gewissen meldete sich. Sekunde für Sekunde wurde mir immer mehr bewusst, was wir da angestellt hatten. Und wie falsch es gewesen war. Allgemein begann ich zu glauben, dass das einzig Richtige was ich die letzten Tagen getan hatte war, dass ich verheimlicht hatte, dass Marti mit geholfen hatte. Wenn sie nun jemanden zum Reden brauchte, hatte sie ihn. Ich war mir darüber im Klaren wie gut sie sich miteinander verstanden und ihre alten Freunde schienen mit ihr in einem Konflikt zu stehen.

Nun standen wir auf unserem kleinen Zeltplatz und noch immer hatte niemand etwas gesagt. Wir standen schweigend da, als auf einmal Marti und Niklas auftauchten. Gerade mit Niklas hatte ich nicht gerechnet, Tessa offensichtlich auch nicht. „Hey Leute. Nils besucht seine Eltern und weil ich keine Lust hatte allein in der WG zu sein, dachte ich, ich komme zu euch!" Dann legte er Tessa den Arm um die Schulter und fing an sie zuzutexten und zog sie zu den Zelten. „Guck mal: Da schlafen Wanne und Frodo, da Felix und Jako, das Zelt ist für dich und Flo und das teilen Marti und ich uns. Weißt du eigentlich was es gleich zu essen gibt? Komm mit!" Er zog sie weiter.

„Das da grad war geplant!" warf ich Marti vor. Er zuckte mit den Schultern. „Spontan. Aber jetzt sag, ihr wart ja ziemlich lange weg, wie hat sie reagiert?" - „Gar nicht. Also. Fast. Sie hat nur einmal tief eingeatmet. Sonst nicht viel. Ich hab nicht erzählt, dass du mitgemacht hast. Es schien ihr nicht zu gefallen, und du bist momentan ihr engster Bezug... sie wird reden wollen." Er nickte entschlossen, setzte dann ein Lächeln auf und spazierte gut gelaunt auf Tessa zu.

Ich nahm meine Cap ab, pfefferte sie auf den Boden und lies mich kurz darauf daneben sinken. Ich lehnte mich etwas zurück und stützte mich mit den Armen ab. Das Gras kitzelte an meinen Handflächen, so auch die Sonne in meinem Gesicht. Ich schloss die Augen und atmete tiefe ein. Als ich sie wenige Minuten später wieder öffnete, sah ich wie meine Freundin Marti umarmte und Frodo auf mich zu ging. Er ließ sich neben mir auf den Boden plumpsen und nahm die gleiche Haltung wie ich ein. Er schien das Ganze hier zu genießen. „Na, was treibt sie in seine Arme?" Ich seufzte und legte mich hin. Dann fasste ich zusammen was grad eben und gestern passiert war.

„Also das mit der Suchaktion hätte ich dir direkt sagen können, und was..." er verstummte. Ich wusste nicht wieso, bis ein Schatten auf mein Gesicht fiel. Ich richtete mich auf um zu sehen, wer es war. Tessa.

Sie gesellte sich zu uns ins Gras. Frodo schien gar nicht erst dran zu denken, zu verschwinden. Und außer mir schien sich auch keiner daran zu stören.

Wie lange wir schwiegen konnte ich nicht sagen. Es fühlte sich an wie Stunden, dabei dürfte es sich nicht mal um Sekunden gehandelt haben bis sie etwas sagte.

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