Geständnisse

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"Ich habe dir vertraut"

Das waren die Worte, die Keira dem Mann auf der Anhöhe entgegen geschrien hatte, bevor sie auf dem Boden zusammengebrochen war. Nun saß sie dort, das Gesicht in ihren Händen vergraben und sie weinte hemmungslos. Sie weinte einfach nur. Es war ihr egal ob man sie für schwach hielt oder sie hätte wütend sein sollen. Nein, sie weinte einfach nur. Wie lange, dass wusste sie nicht. Vielleicht nur fünf Minuten, vielleicht auch zwanzig. Nur am Rande hatte sie mitbekommen, wie Thiago das Zimmer verlassen hatte. Wozu, dass wusste sie ebenfalls nicht und es interessierte sie auch nicht. Ihr Bruder war weg, vielleicht sogar Tod und es war Thiagos schuld. Dem Mann, den sie vor wenigen Minuten noch geküsst hatte. Sie hatte ihm vertraut. Sie hatte ihm wirklich vertraut und er hatte ihr das angetan.

Wie lange sie dort noch saß, weinte und schrie, wusste sie nicht genau. Dann hörte sie jedoch schwere Schritte auf sich zukommen. Thiago. Voller Hass in ihren Augen hob sie den Kopf und sah direkt in die dunklen Augen des Engländers, welcher sich vor sie gekniet hatte. Er versuchte ganz ruhig und gelassen zu wirken, doch man konnte genau sehen, dass er innerlich total am Ende war. Kein Wunder, er hatte gerade Keira verloren.

"Du verdammter Mistkerl! Wie konntest du nur?" schluchzte sie und hob die Fäuste, um damit gegen seine Brust zu schlagen. Jeder Schlag wirkte eher verzweifelt und er spürte sie vermutlich kaum, doch sie machte weiter. Immer wieder schlug Keira auf seine Brust ein und Thiago ließ sie. Er ließ sie einfach machen, bis sie irgendwann vor Erschöpfung die Hände sinken ließ. Wie konnte er ihr das nur antun?

"Ich hab dir vertraut Thiago..." hauchte sie mit tränenerstickter Stimme, als sie ihn ansah. Was hatte er mit ihrem Bruder gemacht? Wo war Sebastian.

"Keira..." begann Thiago mit ganz sanfter Stimme, als würde das irgendwas ändern. Als würde das ihre Wut verhindern oder sie Milde stimmen. Egal wie liebevoll und süß er nun zu ihr war, sie würde ihn hassen. Hassen für immer.

"Ich habe deinem Bruder nichts angetan... du musst mir g-glauben" meinte er und auf einmal brach seine Stimme. Thiagos Stimme brach. Keira, die wieder auf den Boden gesehen hatte, riss den Kopf hoch und sah ihn verwirrt an. Warum brach seine Stimme? Und warum sagte er sowas? Er musste ihm etwas angetan haben. Es musste so sein.

"Und wer sonst? Das ist dein Versteck! Du hast gesagt niemand weiß davon, also wie verdammt soll er sonst entkommen sein! Er wäre doch längst bei der Polizei gewesen, wenn er es lebendig hier raus geschafft hätte" fauchte sie ihm entgegen. Dieser verdammte Mistkerl. "Was hast du ihm angetan? Wurde er zu laut und unkontrollierbar? War er zu anstrengend?" fragte sie mit einem solchen Hass in der Stimme, dass man meinen könnte, sie würde ihm gleich an die Gurgel springen.

Keira wollte ihm noch so viel mehr vorwerfen, doch Thiago war vollkommen blass geworden. Hatten ihre Worte ihn etwa so getroffen? Nein, unmöglich. Er spielte nur mit ihr und wollte sie zurück auf seine Seite ziehen. Dieser kranke Mistkerl.

Gerade machte sie den Mund auf, um wieder etwa zu sagen, da schnitt er ihr sofort das Wort ab. "Zu anstrengend? Denkst du wirklich ich wollte das hier? Denkst du ich wollte dich quälen und deinen Bruder hier gefangen halten? Denkst du das hat mir Spaß gemacht? Nein verdammte Scheiße! Ich habe deinem Bruder nichts angetan! Gestern war er noch hier! Lebendig!" erklärte er und wurde damit mit jedem Wort lauter. Sagte er die Wahrheit? Nein, das konnte einfach nicht wahr sein.

"Du bist ein kranker Psychopath! Garantiert turnt dich das alles hier an! Wie konnte ich nur glauben, dass du tatsächlich ein guter Mensch bist! Du hast mit mir gespielt. Die ganze verdammte Zeit hast du mit mir gespielt und es war dir scheiß egal wie es mir geht! Hauptsache ich bleibe das brave, kleine Lamm!" schrie sie unter Tränen, bevor sie ausholte und ihm eine klatschte. Es fühlte sich so verdammte gut an das endlich zu tun. Sie konnte endlich ihre Wut rauslassen.

Mit etwas zittrigen Beinen, erhob sie sich dann, als Thiago sie mit einem undefinierbaren Blick ansah. War er wütend? War sein Stolz verletzt? Oder war da tatsächlich etwas anderes? Eigentlich war es ihr auch egal, denn nun sah sie auf ihn herunter mit hasserfülltem Blick.

"Ich dachte wirklich für eine kleine Sekunde, dass es vielleicht echt wäre" meinte sie mit solch einer Verachtung, dass Thiagos Gesichtszüge erneut entgleisten und man sah genau, wie schlimm ihn das traf. Es konnte ihm doch egal sein, was sie dachte.

Ob es eine Übersprungshandlung war oder ob er das geplant hatte, doch innerhalb einiger Sekunden war Thiago aufgesprungen, hatte sie gepackt und seine Lippen auf ihre gelegt. Seine weichen Lippen, die Keira diesmal so stürmisch und leidenschaftlich küssten, sorgten dafür, dass ihr Herz für einige Sekunden aussetzte. Fuck. Das war falsch. Keira durfte diesen Kuss nicht erwidern, trotzdem zog sie nicht zurück. Für einige Sekunden ließ sie sich von Thiago küssen, bevor sie es endlich schaffte sich von ihm zu lösen. Von den Tausend Schmetterlingen in ihrem Bauch konnte sie sich leider nicht lösen.

Noch bevor Keira etwas sagen oder tun konnte, lehnte er seine Stirn an ihre und Schloss die Augen. "Denkst du wirklich das hier wäre nicht echt?" hauchte Thiago gegen ihre geröteten Lippen. verdammt. Dieser Mann machte sie verrückt und sie hasste es so sehr. Sie hasste es, wie ihr Herz sich gerade fast überschlug und ihre Lippen nach seinen gierten.

"Prinzessin, du hast mir den Kopf verdreht. Ich wollte dich von dem Moment an, als du mir eine geklatscht hat. Das war niemals nur ein Spiel. Gott du machst mich völlig verrückt Keira" gestand er, ihr und brachte ihr Herz damit völlig zum aussetzten. Was? Er... Sie hatte ihm den Kopf verdreht? Der Schock stand ihr wohl ins Gesicht geschrieben, denn Thiago begann zu grinsen. Jetzt grinste er auch noch?

Plötzlich spürte sie seine Hand an ihrem Kinn und er zwang Keira, ihm direkt in die Augen zu sehen. Sein Daumen strich über ihre Unterlippe und er grinste weiterhin amüsiert. "Mach ich dich nervös kleines? Dir gefällt der Gedanke, dass ich verrückt nach dir bin hm?" hauchte er gegen ihre Lippen. "Dass ich mehr solcher Sachen mit dir anstellen will, wie in dieser einen Nacht." machte er weiter und Keira konnte förmlich spüren, wie sie rot wurde. Oh Gott. Er sollte damit aufhören. Das war nicht fair.

Dann lehnte Thiago sich hinunter zu ihrem Hals. Wie auch in dieser einen Nacht begann er ihre Haut sanft zu Liebkosen und küsse dort zu verteilen. "Die Nacht, in der du meinen Namen gestöhnt hast, während du auf meinen Finger gekommen bist..." flüsterte er ihr ins Ohr, bevor er ihr neckisch in den Hals biss. Er wusste genau, dass sie ihm nicht widerstehen konnte. Stattdessen bekam sie eine Gänsehaut am ganzen Körper und sie spürte das Verlangen in sich, doch sie durfte nicht nachgeben. Sebastian war verschwunden. Sie musste ihn finden.

"T-Thiago hör auf" keuchte Keira und konnte kaum fassen, wie schnell der Engländer sie in solch eine Hitze gebracht hatte. "W-wir müssen Sebastian finden. Bitte ich g-glaube dir ja, a-aber..." hauchte sie, als er sie plötzlich an sich drückte. Noch immer waren seine Lippen an ihrem Hals und er schien sich kaum davon lösen zu können. War er wirklich so verrückt nach ihr?

Gerade dachte sie, Thiago würde ihr hier und jetzt die Kleider vom Leib reißen, doch da löste er sich von ihrem Hals. Er ließ Keira jedoch nicht los und keuchte lusterfüllt. Er schien wirklich Schwierigkeiten zu haben sich zu kontrollieren.

"Wenn wir nach hause kommen Keira, dann wirst du die ganze Nacht für mich stöhnen" flüsterte er ihr ins Ohr, bevor er sich endlich ganz von ihr löste. Auch seine Wangen hatte einen leichten roten Schimmer und sein Atem ging schwerer. Ein Anblick, der gepaart mit seinem feurigen Blick ein Kribbeln in ihrem ganzen Körper auslöste. Ein Kribbeln, dass sie vollkommen elektrisierte. Fuck.

"Und jetzt komm, wir müssen deinen Bruder finden" meinte Thiago und als wäre nichts passiert, hielt er ihr seine Hand hin. Eine Hand, die sie ergriff. Würden sie ihn finden? Wo war er bloß? War ihm etwas zugestoßen? Und wie hatte er es geschafft zu entkommen?

Keira hätte nicht ahnen können, dass der Mann, der ihr all diese Fragen beantworten könnte, ihr Bruder, gar nicht so weit weg war wie sie vielleicht dachte und dass er alles was gerade passiert war mit angesehen hatte. Was er wohl darüber dachte? War es die Bestätigung zu dem, was er ihm über sie erzählt hatte?

You made me a killerWo Geschichten leben. Entdecke jetzt