Nur spielen

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Das Adrenalin pumpte durch Keira's Adern, als sie vorsichtig den Felsvorsprung hinunterkletterten. Gleich würde sie ihren Bruder wiedersehen. Wie würde er auf sie reagieren? Ihr war klar, dass er sicher mittlerweile wusste, was passiert war, doch ob er sie verstehen könnte? Ihre Gefühle zu Thiago und warum sie nicht längst geflohen war?

"Er hat sicher eine Alarmanlage" merkte Thiago leise an, als er sich der Hütte näherte. Sie hatte beobachtet, wie er die Umgebung mit Adleraugen abgesucht hatte, als sie noch versteckt waren. Vermutlich hatte er nach möglichen Fallen und Auslösern für die Alarmanlage gesucht.

Vorsichtig überquerten sie die kleine Lichtung, die sie von der Hütte trennten. Kein Alarm ging an und auch keine Kameras waren irgendwo zu entdecken. Seltsam. Auch Thiago schien das ganze komisch vorzukommen, denn er sah sich fast schon paranoid um. War hier vielleicht doch irgendwo etwas?

Gerade sah Keira sich um, da berührte der Engländer die Tür. Kein Zahlencode, kein Schloss oder sonst irgendeine Absicherung. Wieso? Genauso verwirrt, wie sie öffnete Thiago langsam die Tür. Und tatsächlich, sie ging auf. Leise knarrend gab sie die Sicht frei auf die Innenseite der kleinen Hütte. Sofort erblickte Keira wieder die ganzen Bilder von sich und Thiago, die an einer der Wände hingen. Überall waren Pläne, Zeichnungen und Notizen, die zeigten, dass Dario schon lange hinter Thiago her war. Bei dem Gedanken daran lief Keira ein kalter Schauer über den Rücken.

"Komm schon, wir haben nicht viel Zeit" ermahnte Thiago, der schon längst mitten im raum stand, sie und deutete Richtung Tür. Von außen hatte Keira geschätzt, dass die Hütte etwa 4 bis 5 Zimmer hatte. Was sie jedoch bereits beim ersten Besuch überrascht hatte, war, dass die Hütte von ihnen viel moderner aussah, als von außen. Überall waren technische Geräte zu sehen und selbst die Wände hatten nichts von einer alten Holzhütte. Wozu das wohl diente? Sollte es ihn verstecken vor der Außenwelt?

Leise folgte Keira dem Engländer durch die Tür in einen dunklen Flur. Links und rechts waren jeweils zwei Türen zu sehen, doch welche war die richtige? Hinter welcher verbarg sich ihr Bruder? Bei dem Gedanken daran begann ihr herz schneller zu schlagen.

"Ich fange links an und du rechts" flüsterte Thiago, bevor er sich zur ersten Tür auf der rechten Seite begab. Keira tat es ihm gleich und lief zur ersten Tür der linken Seite. Langsam legte sie ihre leicht zitternde Hand auf den Türknauf, bevor sie nochmal nach hinten sah. Thiago nickte ihr ermutigend zu, woraufhin sie den Türknauf drehte und die Tür öffnete. Gebannt blickte sie in den Raum und sah... nichts. Bloß eine kleine Küche, einen Esstisch und zwei Stühle. Mehr war hier nicht. Weder ihr Bruder, sonst noch jemand.

Gerade drehte sie sich um, da öffnete der Engländer bereits die nächste Tür. Knarrend brachte sie ein weiteres, ebenfalls leeres Zimmer zum Vorschein. Man sah bloß ein Bett, einen Schrank und einige persönliche Gegenstände. Kein Sebastian. Erneut stach ihr Herz etwas. Er war doch hier, richtig?

Thiago lief zur nächsten Tür und wieder... bloß ein Badezimmer. Nichts. Nichts außer einer Dusche und einer Toilette. Alles war modern eingerichtet, doch irgendwas fehlte hier... Es wirkte so leblos. Hatte ihr Bruder hier wohnen müssen? Bei dem Gedanken daran zog sich ihr Magen kurz zusammen. Gleich wäre er frei. Sie würden ihn retten. Es würde ihm wieder gut gehen und dieser Alptraum wäre vorbei.

"Öffne sie" befahl Thiago leise und nickte zur letzten, verschlossenen Tür. Hier musste er sein. Hier war Sebastian. Gleich würde sie ihn wiedersehen. Dieses mal zitterte ihre Hand noch viel mehr, als sie sie auf den Türknauf legte. Konnte sie das wirklich? Ihm in die Augen sehen, mit dem wissen, dass sie seinen Kidnapper liebte?

"Du schaffst das" flüsterte Thiago ihr plötzlich ins Ohr und seine starke hand platzierte sich auf ihrer Hüfte. "Er ist dein Bruder kleines, er kann dir nicht böse sein" redete er ihr gut zu, was das flaue Gefühl in ihrem Bauch doch tatsächlich etwas senkte. Kurz blickte sie ihn dankbar an, bevor sie entschlossen den Türknauf drehte.

You made me a killerWo Geschichten leben. Entdecke jetzt